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Filmabend in Eberswalde: Jesidinnen im Nordirak – verfolgte Frauen in einem verfolgten Volk

Diskussion mit Regisseurin Düzen Tekkal und unserem Fraktionsvorsitzenden Axel Vogel Foto: Grüne Fraktion Brandenburg
Diskussion mit Regisseurin Düzen Tekkal und unserem Fraktionsvorsitzenden Axel Vogel

Am Freitag den 13.04.2018 hatte die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Brandenburger Landtag den Film „HÁWAR – DER GENOZID AM 3. AUGUST 2014“ von Düzen Tekkal im gut gefüllten Saal des Paul-Wunderlich-Hauses gezeigt.

„HÁWAR“ ist kurdisch und heißt Hilferuf. Der Film dokumentiert die grausamen Verbrechen des sogenannten Islamischen Staates am Volk der Jesiden, eine der ältesten Religionsgemeinschaften der Welt. Im August 2014 ermordete der IS in der nordirakischen Region Sindschar tausende Menschen. Tausende Frauen und Mädchen wurden vergewaltigt und versklavt. Hunderttausende flüchteten. Viele leben bis heute schwer traumatisiert in Lagern, ohne Aussicht auf Hilfe und ohne Chance zur Selbsthilfe.

Vor diesem Hintergrund beschloss der Brandenburger Landtag 2016 die Aufnahme einer begrenzten Zahl von Jesidinnen außerhalb des regulären Asylverfahrens. Dieser Beschluss wurde von der Landesregierung allerdings bis heute nicht umgesetzt. Die Stadt Eberswalde hatte sich 2017 bereit erklärt, humanitäre Hilfe zu leisten und bis zu 30 besonders betroffene jesidische Frauen und Mädchen aufzunehmen.

Direkt an den Film schloss sich eine einstündige Diskussion mit dem Publikum an.

DÜZEN TEKKAL, Journalistin und Filmemacherin mit jesidischen Wurzeln ist ihre Arbeit mehrfach ausgezeichnet worden, aktuell von der Europäischen Bewegung Deutschlands als „Europas Frau des Jahres 2018“. Düzen Tekkal betonte Aufnahmekontingente wie das des Landes Brandenburg seien für viele Frauen die einzige Hoffnung auf ein besseres Leben. Jedes Leben, das gerettet wird, zählt. Sie sieht es als ihre Pflicht an zu helfen, bewundert aber auch die vielen Menschen in Deutschland die auch aktiv werden. Die jesidischen Frauen die bisher nach Deutschland geholt werden sind für sie nicht nur Opfer, sie geben einem auch sehr viel Kraft. Viele sind wie Nadja Murat, die UN Sonderbotschafterin der Vereinten Nationen bereit den Weg in die Öffentlichen zu gehen. Und, viele der Frauen wollen auch endlich aussagen damit die Täter verfolgt werden und sie Gerechtigkeit bekommen.

AXEL VOGEL, Vorsitzender der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Brandenburger Landtag, hatte selbst im April 2017 an einem Marsch für Frieden und Versöhnung in Kurdistan teilgenommen und dort auch Vertreter der Jesiden getroffen. Er lobte die parteiübergreifende Initiative im Brandenburger Landtag. Der Beschluss konnte einstimmig gefasst werden. Die Landesregierung hatte danach allerdings zu zögerlich gehandelt und der Bund zudem zusätzlich Steine in den Weg gelegt. Nun ist es überfällig zu handeln und die vielen offenen Aufgaben anzupacken. Die Initiative des Landes kann aber nur mit Leben erfüllt werden wenn sich Genügend Kommunen wie Eberswalde mit einer aufnahmebereiten Stadtgesellschaft finden um diese Menschen eine Zukunft zu geben.

FRIEDHELM BOGINSKI, Bürgermeister der Stadt Eberswalde, sieht die grundsätzliche Bereitschaft der Stadt Eberswalde durch den Film bestätigt ein Kontingent von jesidischen Frauen mit ihren Kindern aufzunehmen. Die Stadt hat einen Fonds geschaffen, um den Frauen dann sofort helfen zu können, allerdings seien vom Land einige Rahmenbedingungen mehr zu erfüllen, wenn das Vorhaben von Erfolg gekrönt sein soll. Er bedauert ebenfalls das Land und Bund anscheinend bislang nicht den nötigen Willen an den Tag gelegt hätten, um ihren Teil der Aufgabe zu erledigen.

ULRICH WENDTE als Vertreter Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie ist bei der Landesregierung für Integration zuständig. Er zeigte sich beeindruckt von dem Film und den interessierten Diskussionsteilnehmern und betonte die große Verantwortung die das Land bei der Auswahl der Flüchtlinge hat. Er nutzte seinen Besuch in Eberswalde um konkrete Absprachen mit der Stadt darüber vorzubereiten wie man vor Ort die Frauen und Kinder unterbringen und angemessen betreuen kann.

An der Diskussion beteiligen sich Vertreter von Flüchtlingsorganisationen, Vertreter des Landkreises und der Zivilgesellschaft. Frau Tekkal war dankbar für viele auch kritische Fragen und konnte viele Informationen zu der nach wie vor dramatischen Lage der Menschen in der Region geben. Der RBB war mit einem Kamerateam vor Ort und berichtete in Brandenburg aktuell breit über die Veranstaltung.

rbb-Beitrag zum Thema

Beitrag der Stadt Eberswalde zum Thema

Plakat zum Filmabend "Hawar" am 13. April 2018 Foto: Grafikerstellung Seema Mehta / Fraktion