Zum Inhalt springen

Fachgespräch „Grünes Licht fürs Polizeigesetz?“

Die Novelle des Polizeigesetzes diskutierten Foto: Alexandra Straka / Fraktion
Die Novelle des Polizeigesetzes diskutierten (v.l.n.r): Eric Töpfer, Ursula Nonnemacher, Dr. Irene Mihalic, Prof. Dr. Jan Dirk Roggenkamp. Foto: A. Straka/Fraktion

Brauchen wir die geplante Novellierung des Brandenburgischen Polizeigesetzes überhaupt? Diese Frage stand im Fokus eines zweistündigen Fachgesprächs am 19. Februar 2019 im Brandenburger Landtag. Die Fraktionsvorsitzende und innenpolitische Sprecherin der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Ursula Nonnemacher, war Gastgeberin des Abends und begrüßte die ca. 45 anwesenden Gäste sowie drei hochkarätige RednerInnen zur Podiumsdiskussion.

Neben Irene Mihalic, der innenpolitischen Sprecherin der Bundestagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Polizeibeamtin waren Prof. Dr. Jan Dirk Roggenkamp, Professor mit den Schwerpunkten Polizei- und Ordnungsrecht an der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin sowie Eric Töpfer, wissenschaftlicher Mitarbeiter mit dem Schwerpunkt „Innere Sicherheit“ am Deutschen Institut für Menschenrechte als ExpertInnen geladen.

Bereits in den Eingangsstatements wurde deutlich, dass die vorgesehen Änderungen des Polizeigesetzes entweder gar nicht notwendig oder deutlich überzogen seien. Harsche Kritik wurde insbesondere an der Quellen-Telekommunikationsüberwachung geäußert, deren Einführung der Gesetzentwurf der Landesregierung vorsieht. Prof. Roggenkamp verwies darauf, dass es technisch derzeit nicht möglich sei, nur die laufende Kommunikation von Messengerdiensten wie WhatsApp zu überwachen, so wie eigentlich in der Novelle vorgesehen. Irene Mihalic betonte, dass die technischen Lücken, derer sich die Polizeibehörden zum Aufspielen des „Staatstrojaners“ bedienen, auch Einfallstor für kriminelle Aktivitäten sein könnten.

Eric Töpfer führte an, dass mehrere Instrumente des Gesetzentwurfs aufgrund ihres präventiven Einsatzes menschenrechtlich äußerst problematisch seien. Hierzu zähle die „Identitätsfeststellung“ und „Inaugenscheinnahme“ bei Personen zur „Abwehr von Gefahren des Terrorismus“. Es bleibe unklar, auf Grundlage welcher Anhaltspunkte eine „Identitätsfeststellung“ erfolge; zudem verstießen die Maßnahmen gegen Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention.

Generell seien, so die ExpertInnen, neue Instrumente zur „Terrorabwehr“ für die Landespolizei nicht notwendig. Mit dem Bundeskriminalamt, den Nachrichtendiensten sowie dem Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum existierten bereits hochspezialisierte Behörden mit Fachpersonal, welche bundesweit zuständig sind. Eine Schaffung von Doppelstrukturen sei deshalb unnötig.

Die abschließende Frage von Ursula Nonnemacher, mit welchen Änderungen der Gesetzentwurf der Landesregierung noch zu „retten“ wäre, sorgte für Erheiterung im Publikum. Während Eric Töpfer die Einrichtung einer unabhängigen Polizeibeschwerdestelle befürwortete, welche die Arbeit der Polizei kontrolliert, sprach sich Irene Mihalic für eine deutlichere Trennung der Zuständigkeiten von Polizei und Verfassungsschutz aus. Der vorliegende Gesetzentwurf vermische die Aufgaben beider Behörden zu stark.

In der anschließenden Diskussionsrunde wurden ebenfalls starke Zweifel an der Notwendigkeit und Umsetzbarkeit der geplanten Änderungen deutlich. So äußerten aktive Polizisten ihr Bedenken, dass der Personalkörper der Polizei eine Anwendung der teils sehr personalintensiven Instrumente überhaupt zulasse. Der Innenausschuss des Landtags befasst sich voraussichtlich am 7. März erneut mit dem Gesetzentwurf. Ursula Nonnemacher resümierte abschließend: „Nach dem heutigen Fachgespräch verfestigt sich meine Erkenntnis, dass wir dem Gesetzentwurf nicht zustimmen können“.