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Ein enttarnter V-Mann, der sich in einer Neonazi-Hochburg sicher fühlt?

Toni S. ist im Jahr 2002 als V-Mann der brandenburgischen Verfassungsschutzbehörde aufgeflogen. Wo er sich vor seinen verratenen Ex-Kameraden versteckte? 2003 zog er in die Neonazi-Hochburg Dortmund – und behielt seine altbekannte Handy-Nummer. Das berichtete Sven Wolf, der Vorsitzende des nordrhein-westfälischen „NSU“-Untersuchungsausschuss am 19. Dezember 2016 als Sachverständiger im brandenburgischen Untersuchungsausschuss.

Mordaufruf gegen Brandenburgs Generalstaatsanwalt Rautenberg

V-Mann S. war an der Produktion der CD „Noten des Hasses“ der rechtsextremistischen Band „White Aryan Rebels“ beteiligt. Sie enthielt unter anderem einen Mordaufruf gegen den brandenburgischen Generalstaatsanwalt Erardo Cristoforo Rautenberg, der in der November-Sitzung des NSU-Untersuchungsausschusses Brandenburg als Sachverständiger auftrat.

Das Landgericht Berlin hat S. als rechtsextremistischem Musikproduzenten und -händler anno 2002 den Prozess gemacht. Der Vorsitzende Richter habe „deutliche Worte“ für die staatlichen Auftraggeber des V-Mannes gefunden, berichtete damals die Berliner „Tageszeitung“. So habe der V-Mann-Führer versucht, S. vor Durchsuchungen zu schützen, indem er ihn mit einem „sauberen“ Computer und Handy ausgestattet habe.

Richter forderte 2002 einen Untersuchungsausschuss

Das Gericht kam ausweislich des Artikels zu dem Ergebnis, dass der Angeklagte seine Straftaten mit „Wissen und Duldung“ des Verfassungsschutzes begangen habe. Und weiter berichtete die „taz“, dass der Vorsitzende Richter einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss gefordert habe, um das Vorgehen der Brandenburger Verfassungsschützer aufzuklären.

Rund 14 Jahr später ist es so weit – der NSU-Untersuchungsausschuss befasst sich mit dem Handeln der Verfassungsschutzbehörde und mit dem V-Mann S.. Während ein anderer enttarnter V-Mann mit dem Decknamen „Piatto“ in einem Zeugenschutzprogramm und damit von der Bildfläche verschwunden ist, scheint sich S. problemlos in der Neonazi-Hochburg Dortmund bewegen zu können.

Der nordrhein-westfälische Untersuchungsausschuss hat S. als Zeuge vorführen lassen und vernommen. Dabei ging es laut des Vorsitzenden Wolf unter anderem um die Frage, warum er seine Handy-Nummer nicht gewechselt habe, die er schon zu V-Mann-Zeiten hatte.

Waffenübergabe wenige Tage vor dem Dortmunder NSU-Mord?

Im Mittelpunkt stand jedoch der Vorwurf eines Taxifahrers. Jener will sich nach dem 4. November 2011, also nach der Selbstenttarnung des „NSU“, daran erinnert haben, dass er S., einen Uwe und eine Frau im Jahr 2006 wenige Tage vor dem Dortmunder NSU-Mord transportiert habe. Und im Auto habe eine Waffenübergabe stattgefunden. S. habe das abgestritten, berichtete Wolf.