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Integration: Vom Geflüchteten zum Nachbarn

Illustration: Handwerker mit und ohne Migrationshintergrund geben sich High Five © Kristina Heldmann/Zitrusblau Foto: Kristina Heldmann/Zitrusblau

Weltweit sind über 68 Millionen Kinder, Frauen und Männer auf der Flucht. Sie werden durch Kriege und bewaffnete Konflikte aus ihrer Heimat vertrieben oder müssen sie wegen Verfolgung und Ausgrenzung verlassen. Bei uns kommt nur ein winziger Teil von ihnen an: Im Jahr 2017 wurden in Brandenburg 4.340 Geflüchtete aufgenommen, 2018 3.269 auf die Kommunen verteilt. Gleichzeitig ist die politisch motivierte Gewaltkriminalität von rechts – trotz Rückgangs – weiterhin auf sehr hohem Niveau. Das belegen zahlreiche Brandanschläge auf Flüchtlingsunterkünfte und Angriffe auf Geflüchtete.

Besonderer Schutzbedarf

„Um Menschen, die vor Verfolgung und vor Gefahr für Freiheit, Leib und Leben zu uns fliehen, besser vor Anfeindungen und Gewalt zu schützen, haben wir mit einem Antrag erfolgreich gefordert, besonders gefährdete Flüchtlinge in der Erstaufnahme und in Gemeinschaftsunterkünften stärker zu schützen“, sagt unsere Fraktionsvorsitzende Ursula Nonnemacher. Als besonders schutzbedürftig gelten zum Beispiel Frauen und Kinder, Menschen mit schweren Gewalterfahrungen, Lesben und Schwule sowie Menschen mit Behinderungen.

Brandenburg hat als erstes Bundesland – auf unseren Antrag hin – ein Bleiberecht für Flüchtlinge eingeführt, die Opfer rechter Gewaltstraftaten geworden sind. Bei ausreisepflichtigen Opfern rechter Gewaltstraftaten soll nun von der Möglichkeit der Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen und Duldungen konsequent Gebrauch gemacht werden.

Wir haben uns konsequent gegen Abschiebungen in das Bürgerkriegsland Afghanistan eingesetzt und erreicht, dass das Landesaufnahmeprogramm für Angehörige von Geflüchteten aus Syrien um ein Jahr verlängert wird.

Fair untergebracht, gut integriert

Geflüchtete, die dauerhaft in Gemeinschaftsunterkünften wohnen bleiben, müssen dafür bis zu 600 Euro pro Monat und Person für die Unterbringung in einem Mehrbettzimmer berappen. Summen, die uns weder an - gemes sen noch dauerhaft leistbar schienen und die deshalb bestimmt nicht integrationsförderlich sind! Wir wollten mit einem Antrag herausfinden, worin die Gründe dafür liegen, und eine Anhörung zeigte: Das Thema ist hochkomplex. Sie hat aber immerhin bereits zu einem Umdenken und zu einzelnen Korrekturen in den Kreisen geführt.

Wie sieht die Landesregierung LehrerInnen auf die kulturelle Vielfalt im Klassenzimmer vorbereitet? Wie beurteilt sie die medizinische Versorgung Geflüchteter? Was sind die Aufgaben der Landesintegrationsbeauftragten? Diese und über 180 weitere Fragen stellten wir 2016 der Landesregierung mit einer Großen Anfrage. Ziel war es, das veraltete Landesintegrationskonzept auf den neuesten Stand zu bringen. Die Antworten führten zur Weiterentwicklung des Konzepts. Das finden wir gut, denn unsere migrationspolitische Arbeit leitet stets die Frage: Was brauchen wir, damit aus Geflüchteten NachbarInnen, ArbeitskollegInnen und KitafreundInnen werden? Ein Teil unserer Antwort ist: Dialog, Begegnung und im Alltag gelebte Wertevermittlung.

Aufnahmeprogramm für Jesidinnen

Die Jesiden, eine religiöse Minderheit in Syrien und im Nordirak, wurden vom sogenannten Islamischen Staat (IS) terrorisiert, versklavt, vergewaltigt, gequält und ermordet. Auf unsere Anregung hin hatte sich der Landtag 2016 überfraktionell für die Aufnahme einer begrenzten Zahl von Jesidinnen außerhalb des regulären Asylverfahrens ausgesprochen. Trotz zögerlichen Handelns der Landesregierung und viel Abstimmungsbedarf mit dem Bund: Im April 2019 werden endlich die ersten Frauen und Kinder in Brandenburg eintreffen.