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Antibiotika in der Tierhaltung – Gefahr für unsere Gesundheit. Sind wir noch zu retten?

Massentierhaltungsanlage Kleindemsin © animal rights watch Foto: animal rights watch
Massentierhaltungsanlage Kleindemsin

Es sind 1.600 Tonnen im Jahr – kein anderes europäisches Land setzt so viele Antibiotika in der Tiermast ein wie Deutschland. Pro erzeugter Tonne Fleisch werden bei uns doppelt so viele Antibiotika verabreicht wie in den Niederlanden und fünf Mal so viel wie in Dänemark. Die Wissenschaft ist sich sicher, dass der massive Antibiotikaeinsatz in der Tierhaltung mitverursachend für die Entstehung und Verbreitung resistenter Haut- und Darmkeime bei Menschen und bei Tieren ist.

In Krankenhäusern sind multiresistente Keime bereits ein großes Problem und lebensbedrohlich besonders für Immungeschwächte wie KrebspatientInnen, Zuckerkranke, Frühchen oder Transplantierte. Bis zu 30.000 Menschen sterben jedes Jahr daran. Die Weltgesundheitsorganisation warnt eindringlich, dass es bei bedrohlichen Infektionen bald keine Behandlungsoptionen mehr geben könnte.

Resistente Bakterienstämme entstehen besonders dort, wo viele Antibiotika verabreicht werden – in Hospitälern und der Intensivtierhaltung. Je größer beispielsweise der Bestand an Schweinen, desto häufiger treten Problemkeime auf – bei den Tieren, aber ebenso beim Großteil der dort Beschäftigten. Inzwischen lassen sich diese „Viehstall assoziierten“ multiresistenten Keime zunehmend bei Menschen nachweisen, die zwar nie Kontakt zu Tieren hatten, aber in Regionen mit be­sonders vielen Viehmastanlagen wohnen.

92 bis 96 Prozent der Masthähnchen erhalten in ihrem extrem kurzen Leben von nur gut einem Monat mehrmals Antibiotika. Bei der Größe der Bestände und der qualvollen Enge ist eine Einzelbehandlung kranker Tiere überhaupt nicht mehr möglich. Obwohl seit 2006 die prophylaktische Verfütterung von Antibiotika in Deutschland verboten ist, ging der Verbrauch in der Tiermast nicht zurück, sondern stieg weiter.

Das System ist krank, nicht das Tier

Das seit April 2014 geltende neue Arzneimittelgesetz des Bundes soll den Antibiotikaeinsatz in der Nutztierhaltung mindern helfen. Unsere Kleine Anfrage ergab, dass in Brandenburg Antibiotikagaben in der Tiermast nie systematisch erfasst und ausgewertet wurden. 80 bis 90 Prozent der Risikobetriebe mit vielen Tieren werden von den Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsämtern gar nicht kontrolliert.

Unsere Fraktion hat die rot-rote Landesregierung aufgefordert, eine staatliche Datenbank zur Erfassung der Antibiotikavergaben für Tierhalter­Innen und -ärztInnen bereitzustellen und die Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsämter mehr zu unterstützen.