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Das große Schweigen im Justizministerium

Hat die Brandenburger Justiz ein Stasi-Problem? Immer neue Fälle von angeblich oder tatsächlich belasteten Richtern und Richterinnen werden bekannt. Doch ausgerechnet Justizminister Volkmar Schöneburg will die Debatte aussitzen. Das große Schweigen im Justizministerium nährt die These, dass Aufarbeitung politisch wenig gewünscht ist. Im April hieß es aus dem Justizministerium, es gebe in Brandenburg 82 stasibelastete Justizangestellte, drei davon würden als Richter arbeiten. Wenig später war schon von 152 Justiz-Beschäftigten mit MfS-Vita die Rede, davon ein Staatsanwalt, 13 Richterinnen und Richter.

Eine Regierung, zwei Meinungen

Tatsache ist, dass in unserem Land viele DDR-Richterinnen und -Richter übernommen wurden. Die Regierungsfraktionen behaupten zwar, alle Fälle seien „sorgfältig“ überprüft worden, Zweifel an der Eignung der Personen sei daher unangebracht. Eine Einschätzung, die aber selbst von damals Beteiligten nicht vorbehaltlos geteilt wird. Denn natürlich ging es hektisch zu in den demokratischen Anfangsjahren Brandenburgs: Es sollten schnell funktionsfähige Strukturen geschaffen werden; kaum jemand war in der Lage, die Akten akribisch zu studieren – ganz abgesehen davon, dass Stasiakten damals nur sehr begrenzt öffentlich zugänglich und erschlossen waren. Vor diesem Hintergrund ist es kaum verwunderlich, dass später Fälle bekannt wurden, die viele Menschen als Schlag ins Gesicht empfanden. So wie der des hochrangigen Richters am Potsdamer Arbeitsgericht, der früher Unrechtsurteile fällte. Oder der des Leiters der Cottbusser Polizeiwache (Chef von immerhin 160 Beamten), der in der DDR als Stasi-Untersuchungsführer im Gefängnis Geständnisse erpresste.

Doch während der für die Polizei zuständige Innenminister Dietmar Woidke daraus die Konsequenz zog, Führungskräfte neu überprüfen zu lassen, legt der Justizminister die Hände in den Schoß. Woidke sagt, er wolle pauschale Vorverurteilungen der Polizei vermeiden. Sein Justizkollege Schöneburg behauptet, das gleiche Ziel für die Richterschaft zu haben. Kurioserweise folgert er daraus, es dürfe keine Überprüfung geben.

Besondere Ämter mit besonderer Verantwortung

Der Bund hat aus gutem Grund entschieden, dass besonders verantwortungsvolle Ämter überprüft werden können. Die Menschen in unserem Land erwarten von Richterinnen und Richtern moralische Integrität. In den letzten Jahren ist eine Vielzahl von Stasi-Akten neu erschlossen worden, in anderen Bundesländern folgte eine entsprechende Überprüfung von Personen in exponierter Stellung. Wir als Bündnisgrüne fordern dies auch in Brandenburg. Denn Probleme lassen sich nicht aussitzen.