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Axel Vogel zu Gast bei Agrargenossenschaft Sonnewalde eG: "Ausverkauf ostdeutscher Agrarflächen verhindern"

Auf Einladung des Deutschen Genossenschaftsverbandes besuchte Axel Vogel am 23. September 2010 die Agrargenossenschaft Sonnewalde eG im Landkreis Elbe-Elster. Die Idee zu diesem Treffen auf einem konventionell wirtschaftenden brandenburger Genossenschaftsbetrieb entstand in Folge der im Frühjahr diesen Jahres geführten Diskussion um den 50. Jahrestag der Zwangskollektivierung, in der der bündnisgrüne Fraktionschef die Entstehung der Landwirtschaftsstruktur im Lande kritisch hinterfragt hatte. Unzählige Bauern mussten in den Anfangsjahren der DDR gegen ihren Willen den Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften beitreten, die weit entfernt vom ursprünglichen, auf Freiwilligkeit setzenden Genossenschaftsideal wirtschafteten. Ungezählte Schicksale sind mit diesen Quasi-Enteignungen verbunden, und noch heute fühlen sich viele Betroffene um ihr Eigentum oder gar um ihre Lebenschancen gebracht. Axel Vogel machte in der Debatte genau darauf aufmerksam und wies darauf hin, dass die gegenwärtige Landwirtschaftsstruktur Brandenburgs auch eine Folge dieses Unrechts ist.

Bereits im Vorfeld des Treffens war man sich darüber einig geworden, dass es zwischen Genossenschaftsverband und Bündnis 90/Die Grünen keine Differenzen in der Bewertung der Zwangskollektivierung der ostdeutschen Landwirtschaft in den Jahren 1960/61 gab. Der Geschäftsführer des Genossenschaftsverbandes Dr. Eigen hatte den Termin vorgeschlagen, um auf einem Landwirtschaftsbetrieb vor Ort aktuelle Probleme der Agrargenossenschaften in Brandenburg und Ostdeutschland zu besprechen.

Bei den Gesprächen im Rahmen der Betriebsführung durch den Vorstandsvorsitzenden der Agrargenossenschaft, Herrn Thomas Jülke und der Leiterin der Tierproduktion, Frau Gundula Frank, kam man sehr schnell zu der Übereinstimmung, dass ein Ausverkauf der ostdeutschen Landwirtschaftsflächen an ortsfremde Investmentgruppen und "Tiefladerbauern" verhindert werden müsse. Die Erhaltung lebensfähiger Dorfstrukturen im ländlichen Raum erfordere, dass die ansässigen Landwirtschaftsbetriebe auch mit Gewinn arbeiten können. Diesem Anliegen widerspricht es, wenn landwirtschaftliche Nutzflächen zu „Mondpreisen" auf den Markt geworfen und den örtlichen Landwirtschaftsbetrieben entzogen werden.

Generelle Zielsetzung sollte sein, dass die Landwirtinnen und Landwirte in naher Zukunft auch ohne Subventionen von den Betriebserträgen leben können. Vergütet werden müssten dann nur noch die gesamtgesellschaftlichen Leistungen, wie z.B. Naturschutzmaßnahmen oder zeitweilige Einkommensausfälle aufgrund der Umstellung auf Ökolandwirtschaft. Dies ist aber noch Zukunftsmusik.

Deutlich unterschiedliche Meinungen bestanden zunächst zur EU-weit geführten Diskussion um Degression und Kappungsgrenzen bei Landwirtschaftssubventionen. Zum Health Check 2007 gab es einen Vorschlag von der Europäischen Kommission, die Direktzahlungen der Betriebe in Abhängigkeit von der Höhe der Zuwendungen degressiv zu kürzen. Das eingesparte Geld sollte den Ländern für andere Förderprogramme für den ländlichen Raum und Maßnahmen der Landschaftspflege (Säule 2) zur Verfügung stehen. Während der Genossenschaftsverband einheitliche Flächenprämien fordert, treten Bündnis 90/Die Grünen dafür ein, dass Größenvorteile sich auch in verminderten Flächenprämien niederschlagen müssen. Zudem sollte mit einzelbetrieblichen Obergrenzen das Interesse von Finanzinvestoren an großflächigen Landwirtschaftsbetrieben gebremst werden. Für eine Übergangszeit wäre hier allenfalls an Regelungen zu denken, die die Subventionen an die Zahl der Arbeitsplätze und geleisteten Lohnzahlungen knüpft.

Der freiwillige Zusammenschluss von selbstständigen LandwirtInnen in genossenschaftlichen Strukturen, angefangen von Maschinenringen bis hin zu gemeinsam bewirtschafteten Betrieben oder Betriebsteilen, kann aus Sicht des Genossenschaftsverbandes zukünftig ein geeignetes Instrument zur Bewahrung bäuerlicher Strukturen auf den Dörfern sein. Übereinstimmung bestand darin, dass derartige freiwillige Zusammenschlüsse heutzutage in deutlicher Abgrenzung von der Kollektivierung in der DDR geschehen müssen.

Allerdings erfordert der vielerorts anstehende Generationenwechsel in den bestehenden Genossenschaftsbetrieben bereits heute neue Konzepte um junge Landwirtinnen und Landwirte zu gewinnen und einen Verkauf der Genossenschaftsbetriebe durch einige wenige verbliebene Altgenossinnen und Altgenossen an Meistbietende zu verhindern. Mit der Einrichtung eines Beteiligungsfonds wird in Sonnewalde hier ein interessantes Modell erprobt.

Die TeilnehmerInnen vereinbarten den bei diesem Besuch angeknüpften Gesprächsfaden nicht abreißen zu lassen.

Bild (085): Axel Vogel im Dialog mit VertreterInnen der Agrargenossenschaft Sonnewalde eG und dem Genossenschaftsverband e.V.

v.l.n.r.:
Henry Schoppe, Leiter Pflanzenproduktion Agrargenossenschaft Sonnewalde eG
Lea Unterholzner, Studentin Hochschule Eberswalde
Dr. Andreas Eisen, Geschäftsführer Genossenschaftsverband e.V.
Axel Vogel, MdL, Bündnis 90/Die Grünen
Thomas Jülke, Vorstandsvorsitzender Agrargenossenschaft Sonnewalde eG
Gundula Frank, Leiterin Tierproduktion Agrargenossenschaft Sonnewalde eG