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Novellierung des Sorben/Wenden-Gesetzes muss europäischen Normen entsprechen

Der fraktionslose Abgeordnete Gerd-Rüdiger Hoffmann und die Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wollen mit Änderungsanträgen zu dem in der parlamentarischen Befassung befindlichen Sorben-/Wenden-Gesetz dafür Sorge tragen, dass das-Gesetz europäischen Standards entspricht. So soll die Anerkennung der historischen und kulturellen Zugehörigkeit zum sorbischen/wendischen Siedlungsgebiet wiederhergestellt werden. Die Gemeinden, in denen der Gebrauch der niedersorbischen Sprache mündlich oder schriftlich nachweisbar ist oder die kulturelle Tradition bzw. Bräuche sorbischer/wendischer Kultur gepflegt werden, sollen dem sächsischen Beispiel folgend durch einen Gesetzesakt festgelegt werden.

Mit dem Änderungsantrag soll zudem der Revitalisierung des Sorbischen/Wendischen größere Beachtung geschenkt werden, was die Einreicher auch als Akt ausgleichender Gerechtigkeit sehen.

Außerdem setzen sich der fraktionslose Abgeordnete Hoffmann und die bündnisgrüne Fraktion für die Einsetzung eines bei der Staatskanzlei angesiedelten Landesbeauftragten für sorbisch/wendische Angelegenheiten ein. Dieser soll unter anderem eine ressortübergreifende Abstimmungs- und Beratungsfunktion übernehmen und die Kontakte zwischen Landesregierung und sorbisch/wendischen Einrichtungen pflegen.

Hintergrund:

Bei der Ausgestaltung der brandenburgischen Verfassung hat die Förderung sorbischer/wendischer Kultur eine große Rolle gespielt – und sich schließlich im § 25 der Landesverfassung niedergeschlagen. Für die Ausgestaltung wurde schließlich im Juni 1994 vom Landtag ein Gesetz über die Rechtsvorschriften der Sorben/Wenden verabschiedet, das zum damaligen Zeitpunkt das erste Minderheitengesetz dieser Art war und als besonders fortschrittlich galt. Aufgrund der Erfahrungen in der Praxis, der Etablierung eines bilingualen Schulwesens und vor allem auch der geänderten Rahmenbedingungen auf europäischer Ebene hat sich in der Zwischenzeit ein erheblicher Änderungsbedarf ergeben, so dass sich die Sorben/Wenden seit vielen Jahren für eine Novellierung aussprechen.

Der Rat für sorbische/wendische Angelegenheiten hat sich für die aktuelle Legislaturperiode vor allem vorgenommen, eine Novellierung des Sorben/Wenden-Gesetzes auf den Weg zu bringen. Da der Rat im Landtag selbst keinen Gesetzentwurf einbringen kann, ist er dazu auf die Unterstützung der Abgeordneten angewiesen. Zu Beginn des Jahres 2011 legte der Rat einen bereits mit den Sorben/Wenden-Beauftragten der Kommunen abgestimmten Entwurf einer Neufassung des Gesetzes vor, die im breiten Rahmen öffentlich diskutiert wurde. Im Dezember 2011 wurde eine neue Fassung des Gesetzentwurfs vom Rat veröffentlicht. Ein Jahr später, im Mai 2012, brachten neun Lausitzer Abgeordnete schließlich einen Gesetzentwurf ein und begannen so das parlamentarische Beratungsverfahren. Die erste Lesung fand im Juni 2012 statt, in der der Entwurf federführend in den Hauptausschuss verwiesen wurde.

Im Hauptausschuss fand im November 2012 eine Expertenanhörung statt, aus der sich erneut an manchen Stellen Änderungsbedarf ergab. Der Rat für Sorbische/Wendische Angelegenheiten hat daraufhin im Januar 2013 Änderungsanträge vorgeschlagen, die die Anregungen aus der Anhörung aufnehmen und ist auch der Aufforderung nachgekommen, eine Liste zum sorbischen/wendischen Siedlungsgebiet vorzulegen.

Der Abgeordnete Gerd-Rüdiger Hoffmann brachte auf der Grundlage der Empfehlungen des Sorben/Wenden-Rates Änderungsanträge in den Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kultur ein, die allerdings keine Mehrheit fanden. Jetzt sind diese Anträge gemeinsam mit der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN überarbeitet worden und als Änderungsantrag der Abgeordneten Marie Luise von Halem (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und Dr. Gerd-Rüdiger Hoffmann (fraktionslos) in den Hauptausschuss eingebracht worden.

Die von Gerd-Rüdiger Hoffmann und der Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN übernommenen Vorschläge zur abschließenden gesetzlichen Festlegung des sorbisch/wendischen Siedlungsgebietes sehen eine Festlegung des angestammten Siedlungsgebietes auf 43 Gemeinden vor. Im Rahmen einer zweiten Anhörung am 21.08.2013 wurden die im Vergleich zum gegenwärtigen Stand neu hinzugenommenen Gemeinden angehört. Die Mehrheit dieser Gemeinden hatte sich jedoch gegen die Aufnahme in das angestammte Siedlungsgebiet ausgesprochen und unter anderem auf die finanziellen Lasten verwiesen. Noch vor der Anhörung erfolgten teilweise entsprechende Beschlüsse in den Kommunalparlamenten.

Aus Sicht der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und von Herrn Hoffmann sind die von den Kommunen vorgetragenen Einwände jedoch nicht stichhaltig. Es darf nicht der Eindruck erweckt werden, dass im Land Brandenburg der Minderheitenschutz wegen der zu befürchtenden finanziellen Lasten zur Disposition steht.

Der fraktionslose Abgeordnete Gerd-Rüdiger Hoffmann sagte dazu:

„Unser Änderungsantrag zielt darauf ab, zuerst klarzustellen, dass ein neues Sorben/Wenden-Gesetz europäischen Standards angepasst werden muss. Hier geht es nicht um guten Willen, sondern um die Aufgabe, geltendes Recht durchzusetzen.“

Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN MARIE LUISE VON HALEM ergänzte:

„Die Minderheitenrechte von Sorben und Wenden auf Schutz, Erhaltung und Pflege ihrer Identität und ihres Siedlungsgebietes nehmen Verfassungsrang ein. Die Landesregierung und die Gemeinden sind durch die Verfassung verpflichtet, die Verwirklichung dieser Rechte zu fördern. Es fällt nicht unter die kommunale Selbstverwaltung der Gemeinden, über die Frage der Zugehörigkeit zum angestammten Siedlungsgebietes zu entscheiden.“