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Kostendeckende Start- und Landeentgelte am Flughafen BER und Lärm- und Abgasrente für die AnwohnerInnen

Flughafenbesuch BER: Leere Abfertigungshalle © T.v. Gizycki / Fraktion Foto: T.v. Gizycki / Fraktion
Foto: T.v. Gizycki / Fraktion

Nach einer Studie der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (pdf-Datei) im Brandenburger Landtag subventioniert die Öffentliche Hand durch zu niedrig angesetzte Start- und Landeentgelte für die Airlines den Flugverkehr an den Flughäfen Tegel und Schönefeld und verzichtet trotz hoher Verluste der Flughafengesellschaft Berlin Brandenburg GmbH (FBB) auf Einnahmen. Zudem führt die Kostenstruktur an beiden Flughäfen zu einer Ausweitung des umweltschädlichen innerdeutschen Billigflugverkehrs. Die Studie hat die Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beim Arbeitskreis Luftverkehr der TU Chemnitz in Auftrag gegeben. Die Fraktion fordert kostendeckende und damit die Steuerzahler entlastende Start- und Landeentgelte an den beiden Flughäfen und am künftigen Flughafen BER. Zudem setzt sie sich für eine über Flughafenentgelte zu finanzierende Abgabe zum Ausgleich der Lärm- und Abgasbelastung für die Flughafenanrainer ein.

Der Vorsitzende der Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN AXEL VOGEL verwies bei der Vorstellung der Studie(pdf-Datei) darauf, dass die FBB ihren Eigentümern, den Ländern Berlin und Brandenburg sowie dem Bund, hohe Verluste beschert. Die letzten Geschäftsjahre hat sie regelmäßig mit dreistelligen Millionenverlusten abgeschlossen. Um den Bau des BER zu ermöglichen, habe die öffentliche Hand zudem bereits Mittel in Milliardenhöhe aufgewendet bzw. für sie gebürgt. „Auch wenn zu bezweifeln ist, dass dieses Geld je vollständig an die öffentliche Hand zurückgezahlt werden kann, können wir einer weiter wachsenden finanziellen Schieflage der Flughafengesellschaft nicht ungerührt zusehen. Denn am Ende sind es immer die Steuerzahler, die für den Ausgleich der unzureichenden Einnahmen herhalten müssen“, sagte er. „Die mit unzureichenden Flughafenentgelten verbundene Subventionierung des Flugverkehrs ist zudem ein umweltpolitischer Frevel, der schnellstmöglich abgestellt werden muss. Unsere Studie soll zeigen, wie man die Einnahmen des Flugbetriebs so optimieren kann, dass beide Ziele erreicht werden.“

Die von Prof. Dr. Friedrich Thießen und Prof. Dr. Ludwig Gramlich von der TU Chemnitz erarbeitete Studie „Flughafenentgelte – Situation, Problematik, Änderungsvorschläge“ (pdf-Datei) kommt unter anderem zu folgenden Ergebnissen:

  • Die meisten Flughäfen in Deutschland arbeiten mit Verlust. Nur 8 der 22 internationalen deutschen Flughäfen erwirtschaften einen Gewinn nach Steuern. Erstaunlich allerdings: Die Einnahmen aus dem reinen Flugbetrieb decken in keinem Fall die Kosten. Gewinne stammen ausschließlich aus anderen kommerziellen Geschäftsfeldern, dem sogenannten Non-Aviation-Bereich.
  • Im Wettbewerb um die großen Fluggesellschaften werden von den Flughäfen massive Rabatte gegeben. Die einseitige Marktmacht der Fluggesellschaften führt zu einem ruinösen Preiswettlauf.
  • Die Höhe der Flughafenentgelte ist in Deutschland zwar staatlich reguliert, d.h. die Entgeltordnungen werden zwischen den Fluggesellschaften und dem Flughafenbetreiber ausgehandelt und von der zuständigen Luftfahrtbehörde genehmigt. Die Regulierungsbehörden sehen sich jedoch eher als Mediatoren denn als strenge Kontrolleure und legen hohes Augenmerk auf die Interessen in der Landespolitik.
  • Die große Streuung der Einnahmen an verschiedenen Flughäfen weist darauf hin, dass es trotz der Regulierung einen hohen Gestaltungsspielraum der Flughafenbetreiber, Gesellschafter und Genehmigungsbehörden gibt. Er wird allerdings eher genutzt, um das Wachstum des Flugverkehrs am jeweiligen Standort zu fördern. Ein wirtschaftlicher Betrieb der Flughäfen spielt dagegen oft eine untergeordnete Rolle.
  • Das zentrale Problem der sehr kapitalintensiven Flughäfen sind deren Fixkosten. Flughäfen bestehen zu einem erheblichen Teil aus fixen Anlagen, die im Zeitablauf nur sehr schwer an schwankende Auslastungen angepasst werden können. Dies findet in der Preispolitik der Flughäfen jedoch meistens kaum Berücksichtigung.
  • Nach dem Konzept der „effizienten Leistungserstellung“ dürfen nur die „notwendigen“ Kosten bei der Entgeltkalkulation berücksichtigt werden. Die Menge an Baufehlern beim BER übersteigt das „übliche“ Maß, das bei jedem Bau passiert.
  • Die Quersubventionierung der Aviation-Bereiche der Flughäfen durch die Non-Aviation-Bereiche (Geschäfte, Gastronomie etc.) begünstigt den Billig-Flugverkehr.
  • Nach der derzeitigen Entgeltpraxis bestehen zwar Möglichkeiten für eine Lärmabgabe (Internalisierung sog. externer Effekte) in Höhe von 0 bis 40 Prozent der Landeentgelte. Diese sind aber zu niedrig, um einen wirklichen Anreiz für den Einsatz von lärmreduzierten Flugzeugen zu bilden.

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ergeben sich aus dem Gutachten folgende Forderungen (pdf-Datei) im Hinblick auf die Entgeltpolitik der FBB:

  • Der Flugbetrieb am zukünftigen Hauptstadtflughafen BER muss weitgehend kostendeckend gestaltet werden. Die Flughafenentgelte müssen dafür der hohen Nachfrage am Standort BER entsprechend erhöht werden. Das Wachstum der Nachfrage würde so gebremst.
  • Eine Quersubventionierung des Billigflugverkehrs durch höherpreisige Marktsegmente oder durch den Non-Aviation-Bereich muss unterbleiben.
  • Das System der Internalisierung externer Effekte (bislang nur von Lärm) muss generell verändert werden. Hierzu ist ggf. Bundesrecht zu ändern. Auch die Belastung durch Kerosin und Feinstaub muss eingerechnet werden. Die Zusatzabgaben der Airlines für zu laute Flüge müssen zudem tatsächlich bei den Betroffenen ankommen.

Zum Herunterladen:

>> Studie „Flughafenentgelte – Situation, Problematik, Änderungsvorschläge“ (pdf-Datei)

>> Entgeltpolitik von Flughäfen – Präsentation von Prof. Dr. Friedrich Thießen (pdf-Datei)