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Nachhaltig kann nur sein, was auch gerecht ist

(Nr. 157) „Soziale Gerechtigkeit ist nicht ein Wert unter vielen, sondern Grundlage jeglicher grüner Politik“, sagte AXEL VOGEL, Vorsitzender der Landtagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zum Auftakt der Konferenz „Soziale Dimensionen grüner Politik“an diesem Samstag (20.10.) in Brandenburg (Havel). „Nachhaltigkeit kann ohne soziale Gerechtigkeit nicht funktionieren“.

Die bündnisgrüne Fraktion diskutierte auf ihrem Sozialkongress mit Expertinnen und Experten zu den Lebensbereichen Arbeiten, Lernen, Wohnen und Essen, wie der ökologische Umbau in Brandenburg sozial gerecht gelingen kann. Die Grundsatzrede hielt PROF. DR. MICHAEL OPIELKA, der neue Leiter des Instituts für Zukunftsstudien und Technologiebewertung in Berlin. Unter den Referentinnen und Referenten waren auch DORO ZINKE, Vorsitzende des DGB Berlin-Brandenburg, und TORSTEN STEHR von der IHK Potsdam.

„Mehr soziale Gleichheit in einer Gesellschaft trägt zur Nachhaltigkeit bei“, ist PROF. MICHEAL OPIELKA überzeugt. Sie schaffe mehr Zufriedenheit und Zukunftssicherheit gerade auch bei den Menschen, denen am ehesten droht, ausgeschlossen oder zurückgelassen zu werden. Transferleistungen, die in Deutschland 40 Prozent der Haushaltseinkommen ausmachten, hält OPIELKA für ein Zeichen von Reife einer zur Solidarität bereiten Gesellschaft. Neben Erwerbsarbeit müsse es auch andere Quellen von Wohlstand geben, führte der Wissenschaftler aus und zielte damit auf die Diskussion um ein Grundeinkommen und die Grundrente.

Der bündnisgrünen Fraktion in Brandenburg geht es nicht allein um die materielle Umverteilung zwischen arm und reich, auch wenn dieses Thema zumeist die sozialpolitische Diskussion dominiert. „Es geht um eine Gesellschaft, die keinen ausschließt oder zurücklässt, die allen ein würdevolles Leben, Emanzipation und Selbstbestimmung ermöglicht“, so AXEL VOGEL. „Chancen und Anerkennung, Geld und Macht müssen gerecht verteilt werden.“

Welchen Stellenwert soziale Ausgewogenheit bei der ökologischen Modernisierung einnimmt, verdeutliche die aktuelle Diskussion über die Energiepreise, sagte AXEL VOGEL. „In der Energiepreisdebatte versucht die alte Industrielobby ökologischen Umbau und soziale Gerechtigkeit gegeneinander auszuspielen. Sie verschweigt, dass neben vielen handwerklichen Fehlern insbesondere die von der schwarz-gelben Bundesregierung veranlasste ausufernde Befreiung der Industrieunternehmen von der EEG-Umlage wie von den Netzkosten dazu führt, dass Verbraucherinnen und Verbraucher gemeinsam mit kleinen und mittleren Unternehmen die Energiewende alleine finanzieren sollen. Das kann nicht sein.“ Mehrkosten für einkommensschwache Familien müssten ausgeglichen werden. Das sei unstrittig, so VOGEL. „Genauso unbestritten ist für uns auch, dass wir uns von den zunehmend knappen fossilen Energieträgern verabschieden müssen, damit sich die Energiepreise langfristig stabilisieren.“

Wie die energetische Sanierung von Wohngebäuden zeige, besteht hier ein unverändert enormer Handlungsbedarf. Eine in dieser Woche von den Fraktionen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Berliner Abgeordnetenhausfraktion und im Brandenburger Landtag veröffentlichte Studie habe gezeigt, dass nur 0,7 Prozent der Wohnungen in Berlin und Brandenburg pro Jahr energetisch saniert werden. AXEL VOGEL sprach sich dafür aus, diese Quote auf 3 Prozent zu erhöhen. Die energetische Sanierung müsse durch verstärkte Anstrengungen auf Bundes- und Landesebene forciert, die Kosten dafür über das Mietrecht aber auch sozial gerecht verteilt werden.

Über die Vielzahl an Möglichkeiten, für private Haushalte, Wohnungsgesellschaften und Gewerbe, Energiekosten zu vermeiden, müsse zudem besser informiert werden. AXEL VOGEL forderte die Landesregierung in diesem Zusammenhang auf, die Kürzungen bei den Zuweisungen an die Kommunen für Energiekonzepte und Energieberatung im kommenden Haushalt um 500.000 Euro zurückzunehmen.

Auf der Konferenz wurde in Arbeitsgruppen auch über sozial gerechte Arbeitsbedingungen in neu gegründeten Unternehmen der „grünen Wirtschaft“, diskutiert. Wie man mit regionalen Bildungslandschaften eine bessere Bildung im dünn besiedelten Flächenland Brandenburg erreicht, war unter anderem Thema im „Panel Lernen“. Bei der Debatte um Angebot und Nachfrage von Bio-Lebensmitteln ging es auch um die Qualität von Schulkantinen-Essen. „Wir begrüßen Schulprojekte, in denen die Schulküche integriert ist und Kinder nicht nur frisch zubereitete Mahlzeiten essen, sondern selbst kochen lernen“, so SABINE NIELS, landwirtschaftspolitische Sprecherin der Fraktion.

Die Konferenz dauert bis ca. 16.30 Uhr.