Zum Inhalt springen

Hochwasserschutz verbessern – Mehr Raum für die Flüsse

MICHAEL JUNGLCLAUS, der umweltpolitische Sprecher der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, forderte auf der Pressekonferenz am 22.06. konkrete Maßnahmen für einen verbesserten Hochwasserschutz:

"Das diesjährige Oder-Hochwasser verlief in Brandenburg ohne größere Schäden. Dennoch hat sich erneut gezeigt, dass vor allem Brandenburgs vorbeugender Hochwasserschutz in bestimmten Bereichen deutlich verbessert werden muss, um zukünftige Hochwasserspitzen mit ausreichender Sicherheit zu bewältigen.

Die Starkregenereignisse und die darauf folgenden Hochwässer in den vergangenen Jahren mit Toten, Verletzten und immensen materiellen Schäden machen deutlich, dass „Jahrhundertfluten" im Abstand weniger Jahre auf Grund des Klimawandels und einer verfehlten Siedlungs- und Wasserpolitik wahrscheinlicher werden. Jenseits des menschlichen Leids und der Tragödien für die Betroffenen übersteigen die Kosten der durch Hochwasserkatastrophen verursachten Schäden diejenigen für einen vorbeugenden Hochwasserschutz um ein Vielfaches. So haben allein die sieben extremen Hochwasserereignisse von 1995 bis 2005 in Deutschland Schäden in Höhe von 13 Milliarden Euro verursacht. Es ist deshalb dringend geboten, zügig an einer ständigen Verbesserung des vorbeugenden Hochwasserschutzes in Brandenburg, aber auch länderübergreifend zu arbeiten.

Der vorbeugende Hochwasserschutz muss eine besondere Priorität erfahren. Dazu zählt im Wesentlichen, den Flüssen mehr Raum zu geben, Niederschläge dezentral zurückzuhalten und die Siedlungsentwicklung besser zu steuern. Die Schaffung zusätzlicher Überschwemmungsgebiete entlang der Flüsse ist unabdingbar.

Die Landesregierung wird aufgefordert, die folgenden Maßnahmen zur Verbesserung des vorbeugenden Hochwasserschutzes in Brandenburg umzusetzen:

Die Schaffung zusätzlicher Überschwemmungsgebiete in ausreichendem Umfang sind entlang der gesamten Flussläufe, also auch länderübergreifend, zu planen. Entsprechend ist der Abschluss eines Vertrages mit Tschechien und Polen zur Wiederherstellung und Nutzung von Retentionsflächen und Poldern weiter zu verfolgen. Dazu ist auch auf die Ergebnisse des Interreg-Projektes „OderRegio - Transnationales Handlungsprogramm - Vorsorgender raumordnerischer Hochwasserschutz im Einzugsgebiet der Oder" zurückzugreifen. Eine Analyse für potenzielle Überschwemmungsgebiete ist umgehend vorzulegen. Weitergehende Planungs- und Verfahrensschritte sind zeitnah vorzubereiten. Die Festsetzung von entsprechenden Überschwemmungsgebieten gemäß § 76 Abs.1 und 2 WHG ist schnellstmöglich anzustreben.

Brandenburg setzt sich auf Bundes- und EU-Ebene dafür ein, dass die Förderkriterien von EU- und GAK-Mitteln so ausgestaltet werden, dass sie für die Wiederherstellung und Einrichtung von Retentionsflächen und Überflutungsräumen an Oder und Elbe verstärkt herangezogen werden können. Dies muss auch die Bereitstellung von Entschädigungszahlungen beinhalten, um Einkommensverluste für Landnutzer auf Grund von Flächenverlusten auszugleichen.

Die Landesregierung wirkt darauf hin, dass die Risikomanagementpläne gemäß § 75 WHG und den Anforderungen der EU- Hochwasserrisiko-Managementrichtlinie zügig erarbeitet werden.

Die Landesregierung erarbeitet für das Hochwasserrisikomanagement zügig Eckpunkte, die differenzierte Schutzziele für Landnutzungstypen und einzelne Schutzgüter beinhalten. Anhand dieser konkreten Schutzziele können zukünftig räumlich differenzierte Entscheidungen z.B. für Rückdeichungen und dadurch betroffenen Flächen getroffen werden.

Die Regionalen Planungsgemeinschaften werden aufgefordert, bis Ende der laufenden Legislaturperiode innerhalb der im LEP-BB dargestellten „Risikobereiche Hochwasser" entsprechende „Vorranggebiete Hochwasserschutz" und „Vorbehaltsgebiete hochwassergefährdeter Bereich" in den Regionalplänen festzusetzen. Dazu bedarf es einer Änderung der Richtlinie für die Aufstellung, Fortschreibung, Änderung und Ergänzung von Regionalplänen vom 3. Juli 2009. Demzufolge möge die Landesregierung veranlassen, dass die beiden oben genannten Gebietskategorien in der anzustrebenden Neufassung der Richtlinie in den Anwendungsvorgaben der Anlage vom Abschnitt 2 in den Abschnitt 1 verschoben werden.

Die Landesregierung möge den „Masterplan Elbe" mit der Zielsetzung aktualisieren, die Einrichtung neuer Polder voranzutreiben. Darüber hinaus sind weitergehende Rückdeichungsmöglichkeiten entlang der Elbe zu prüfen.
Des weiteren soll die Landesregierung die zügige Umsetzung von zukunftsweisenden Hochwasserschutzkonzepten, wie in etwa das „Ökologische Entwicklungskonzept Schwarze Elster", unterstützen. An der Oder soll die Landesregierung die Schaffung eines Flutpolders in der Neuzeller Niederung in der Maximalvariante vornehmen sowie den Polder 10 im Nationalpark Unteres Odertal dem natürlichen Überflutungsgeschehen anheim geben.

Die Landesregierung trägt Sorge, im Rahmen der Haushaltsaufstellung für 2011 sowie der mittelfristigen Finanzplanung im ausreichenden Maße Mittel bereit zu
stellen, um sowohl ausreichend Eigenmittel als auch genug Personalkapazitäten vorzuhalten, um anstehende Planungsaufgaben im vorbeugenden Hochwasserschutz zügig bearbeiten zu können und somit zur Verfügung stehende EU- und Bundesfördermittel vollständig abrufen zu können.

Die Siedlungsentwicklung muss sich den Hochwassergefahren anpassen. Laut § 78 Abs.1 Nr.1 WHG ist die Ausweisung von Baugebieten innerhalb von Über-schwemmungsgebieten untersagt. Die Landesregierung muss Sorge tragen, dass von diesem Grundsatz auf Grund von den in § 78 Abs.2 und 3 WHG aufgeführten Ausnahmeregelungen nur in unvermeidlichen Fällen abgewichen wird. Die Rechtfertigung der Ausnahmeregelungen durch die zuständigen Behörden sind restriktiv zu handhaben.

Aus Gründen des Erosionsschutzes und des vorbeugenden Schutzes vor Pestizid- und Düngemittelausträgen soll Ackerbau innerhalb von Überschwemmungs-gebieten ausnahmslos untersagt werden. In überschwemmungsgefährdeten Gebieten soll der Ackerbau in zu definierenden standortabhängigen Abflussbereichen untersagt werden. Dies möge die Landesregierung per Rechtsverordnung unter Berücksichtigung des §78 Abs.5 Nr.2 WHG veranlassen.

Die Landesregierung soll dem Parlament über die Ergebnisse der Überprüfung der genannten Punkte bis Juni 2011 berichten", forterte JUNGCLAUS.