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Wisent-Richtlinien des Umweltministeriums unbrauchbar

(Nr. 179) „Nach über einem Jahr gibt es noch immer keine praktikablen Lösungen, wie mit dem nächsten Wisent umgegangen werden soll, das über die Oder nach Brandenburg gelangt. Experten sehen die jetzigen Regelungen weder im Einklang mit dem Artenschutzrecht noch als umsetzbar an“, kommentiert Axel Vogel, Vorsitzender der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Landtag Brandenburg, seine Erkenntnisse aus der Wisent-Tagung der Brandenburgischen Akademie „Schloss Criewen“.

Das Ministerium für ländlichen Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft (MLUL) hatte aus Anlass der Tötung des Wisents am 13.09.2017 bei Lebus ein Merkblatt mit Handlungsanweisungen und Adressen verfasst und an alle Landkreise verschickt, die eine Grenze zu Polen haben. Axel Vogel dazu: „In dem Papier geht es im Wesentlichen darum, wie man ein Wisent am besten wieder los wird. Die Option, das Tier könne friedlich nach Brandenburg einwandern und sich hier frei bewegen, wird nicht wirklich betrachtet.“ ExpertInnen auf der Tagung, wie Luisa Zielke vom Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW), kritisierten das Papier als unbrauchbar, unlogisch und als Aufforderung zum Rechtsbruch.

Axel Vogel dazu weiter: „Zwar verurteilt das Ministerium den damaligen Abschuss, hat aber bis heute wenig getan, um einen Wiederholungsfall zu verhindern. Absurd ist die Aufforderung des MLUL, in Brandenburg angetroffene Wisente in jedem Fall abzudrängen oder zu fangen, um erst danach eine Entscheidung über den weiteren Umgang mit den Tieren zu treffen. Bereits heute müsste eine klare Ansage getroffen werden, dass Wisente als Wildtiere in Deutschland zu akzeptieren sind und im Regelfall keine Notwendigkeit zum Fangen der Tiere besteht. Auch das MLUL müsste zur Kenntnis nehmen, dass in Polen zahlreich wilde Wisente friedlich und ohne Zwischenfälle auch im Umfeld von Dörfern und Städten leben. Es müsste sich auch damit auseinandersetzen, dass es in Deutschland bislang keinen vergleichbaren Umgang mit Wisenten gegeben hat, die andernorts aus Gehegen ausgebrochen sind oder halbwild gehalten werden.

Dass ausgerechnet das erste nach Brandenburg eingewanderte Wisent nach zwei Stunden aus der abstrakten Gefahr heraus erschossen wurde, dass es auf einer Weide die Kühe bedrängen könne, die in einer möglichen Panik die Koppel durchbrechen und auf einer nahegelegenen Bundesstraße Verkehrsunfälle verursachen hätten können, ist unverändert ein Skandal. Klar wurde auf der Tagung, dass Rinder und Wisente einander nicht beachten und eine derartige Situation auch noch nicht beobachtet werden konnte. In Polen kann man den Abschuss genauso wenig verstehen wie die Panikmache vor dem nächsten Tier. Dort werden im Siedlungsgebiet auftauchende Wisente den Naturschutzbehörden gemeldet, fotografiert und ansonsten in Ruhe gelassen. Die juristische Aufarbeitung des illegalen Abschusses 2017 werde ich weiterhin verfolgen, insbesondere um einen Wiederholungsfall zu vermeiden. Prioritär ist jetzt aber die Aufklärung der Amtsträger und Bevölkerung in Grenznähe und offenkundig auch der Mitarbeiter im Umweltministerium.“

>> MLUL: "Auftreten von Wisenten im deutsch-polnischen Grenzraum: Hinweise zum künftigen Umgang mit der streng geschützten Tierart" (PDF-Datei)