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Landesgutachten Braunkohle-Rückstellungen: „Persilschein ohne Substanz“– Gutachter warnen: Renaturierungsgelder nicht sicher

(Nr. 208) Heute hat das Brandenburger Landesbergamt eine Studie zur „Vorsorge für die Wiedernutzbarmachung der Oberfläche im Lausitzer Braunkohlebergbau“ veröffentlicht. Die Gutachter der TU Clausthal und der Ruhr-Universität Bochum kommen darin zwar zu dem Schluss, dass die vom tschechischen Bergbauunternehmen LEAG bislang in der Bilanz abgebildeten Rückstellungen von 1,38 Mrd. € den rechtlichen Vorgaben entsprechen. Weitaus kritischer sehen die Gutachter jedoch die Sicherheit der Rückstellungen: „Die Sicherung der monetären Fähigkeit eines Unternehmens zur Umsetzung von Maßnahmen zur Gestaltung der durch den Bergbau in Anspruch genommenen Fläche wird hierdurch nicht gewährleistet“, wird in dem Gutachten gewarnt, denn, „die Regelungen zur Bildung von Rückstellungen für Braunkohlentagebaue gem. HGB bilden lediglich eine steuerrechtliche Vorgabe ab“.

„Die Ergebnisse des Gutachtens sind enttäuschend und geben keinen Anlass zur Entwarnung, ganz im Gegenteil“, sagte Heide Schinowsky, wirtschaftspolitische Sprecherin der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Landtag Brandenburg. „Dass die derzeitigen Rückstellungen bilanzrechtlich ordnungsgemäß abgebildet werden, hatte niemand bezweifelt. Völlig ungeklärt bleibt jedoch die Frage, ob diese tatsächlich ausreichen werden.“ Die hierfür notwendige Betrachtung der tatsächlich erforderlichen Renaturierungs-Kosten wurde von der Landesregierung offenbar nicht beauftragt – es gibt jedenfalls keine konkreten Zahlen hierzu im Gutachten.

„Dass die Landesregierung auf dieser Grundlage Entwarnung gibt, ist ein Persilschein ohne Substanz. Ohne Zahlen ist eine Überprüfung unmöglich“, kritisierte Schinowsky: „Es ist mehr als enttäuschend, dass zwei Jahre nach Ankündigung des Gutachtens und der immer wieder hinausgezögerten Veröffentlichung auch heute noch keine konkreten Daten zur Renaturierung vorliegen. Sie wären die Voraussetzung dafür, realistisch einschätzen zu können, ob das Geld ausreicht bzw. in welcher Höhe die Kosten am Steuerzahler hängenbleiben werden. Fraglich ist außerdem, ob die in der Bilanz stehenden Werte im Bedarfsfall auch tatsächlich zur Verfügung stehen“.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Brandenburger Landtag fordert nun, die Kalkulation zur Höhe der Rücklagen offen zu legen und die entsprechenden Gelder schnellstmöglich zu sichern. „Ob das durch die Einrichtung einer Zweckgesellschaft gewährleistet werden kann, ist noch unklar; die Landesregierung hat bisher keine Angaben zu deren Ausgestaltung gemacht“, sagte Schinowsky.

In der Novembersitzung des Wirtschaftsausschusses hatte Staatssekretär Hendrik Fischer die Gründung einer Gesellschaft angekündigt, allerdings nur für den Tagebau Welzow. Der ehemalige Wirtschaftsminister Albrecht Gerber bezifferte noch im Sommer 2018 die Gesamtkosten für die Renaturierung der Tagebaue auf etwa 3 Milliarden Euro; dem Gutachten zufolge betragen die aktuellen Rückstellungen jedoch lediglich 1,38 Mrd. Euro.

Beim Übergang der Braunkohlesparte von Vattenfall an die LEAG Mutterholding EPH wurde im Jahr 2016 Folgendes zugesichert: Während der ersten drei Jahre nach dem Verkauf dürfen keine Dividenden an den neuen Eigentümer gezahlt, Rückstellungen aufgelöst oder ähnliche vergleichbare Maßnahmen ergriffen werden. In den folgenden zwei Jahren ist die Gewinnabschöpfung vertraglich auf eine betriebsübliche Rendite begrenzt. „Diese Zeit läuft langsam ab und keiner weiß, wie die umstrittene Prager Finanzholding EPH angesicht abnehmender Gewinne im Braunkohlegeschäft reagieren wird“, sagte Schinowsky.