Zum Inhalt springen

Absage der Kreisgebietsreform für Neustart nutzen

(Nr. 168) Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hat heute die umstrittene Kommunalreform gestoppt. Dazu nimmt der Vorsitzende der Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN AXEL VOGEL wie folgt Stellung:

„Dem Ministerpräsidenten blieb gar nichts anderes übrig, als bei dem ins Trudeln geratenen Reformprojekt die Reißleine zu ziehen. Den letzten Ausschlag dafür hat die vor zwei Wochen völlig aus dem Ruder gelaufene nächtliche Anhörung zur Kreisgebietsreform im Innenausschuss gegeben, die einer Anfechtungsklage vor dem Landesverfassungsgericht Tür und Tor öffnete.

Das Scheitern des rot-roten Schlüsselprojektes war aber bereits in seiner Anfangsphase angelegt. Das begann damit, dass die SPD im Landtagswahlkampf 2014 versuchte, das sich abzeichnende Großvorhaben auszublenden, um es danach zum zentralen Element der Koalitionsverhandlungen zu machen. Rot-Rot hat es in der Folge nie geschafft, eine positive Vision von dieser Reform zu entwerfen. Verantwortlich für Woidkes Hissen der weißen Flagge sind massive handwerkliche Fehler in Kommunikation und Umsetzung des Vorhabens und ist schlussendlich die verloren gegangene Unterstützung im eigenen Lager. Zuletzt ging es nicht nur um einen Konflikt zwischen Innenminister Karl-Heinz Schröter auf der einen und Landräten und Oberbürgermeistern auf der anderen Seite: Zum Schluss entzog die komplette kommunalpolitische Basis von SPD und Linker der Führungsebene die Gefolgschaft.

Mit einem völlig Abblasen der Verwaltungsstrukturreform wäre aber niemandem geholfen. Wesentliche Ziele müssen auf der Tagesordnung bleiben. In der Auseinandersetzung der vergangenen Monate gerieten die ursprünglichen Gründe für die Reform in Vergessenheit: Ziel war, eine verbesserte Aufgabenerledigung in den Kommunalverwaltungen mit der Dezentralisierung von Verantwortung und einer Stärkung der demokratischen Mitbestimmung auf kommunaler Ebene zu verknüpfen. An Zielen wie der Übertragung von Aufgaben von der Landesebene auf die Kreise und von dort auf die Kommunen (Funktionalreform I & II), der Einführung des Amtsgemeindemodells mit der Direktwahl der Amtsdirektoren, der Ausweitung von kommunalen Bürgerentscheiden und -begehren und auch der Teilentschuldung der stark verschuldeten Städte muss nun festgehalten werden. Jetzt geht es darum, einen Neustart hinzulegen und gemeinsam mit den kommunalen Vertretern andere Wege für eine effektive Aufgabenerledigung zu finden.

Ein solcher Neustart muss für die Neuausrichtung der Politik der Landesregierung genutzt werden. Deren Politik muss sich zukünftig weniger an Institutionen und mehr an den Menschen orientieren. Neuwahlen, ein Rücktritt des Ministerpräsidenten oder ein Bauernopfer in Person des Innenministers Karl-Heinz Schröter würde das Land dagegen in der Sache nicht weiterbringen.“