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Rot-Rot hat den Start verpatzt

[PM Nr.014 - 10] Die rot-rote Landesregierung hat in den ersten hundert Tagen ihrer Amtsführung nach Auffassung der Landtagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN „ein kaum zu unterbietendes schlechtes Bild“ abgegeben. „Die Debatte über den Umgang mit früheren Stasi-Zuträgern hat Rot-Rot kalt erwischt und in Schockstarre verfallen lassen“, sagte der Fraktionsvorsitzende AXEL VOGEL. „Die Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit ist zwar im Koalitionsvertrag postuliert, die Initiative hierfür wurde bisher jedoch der Opposition überlassen. Das neue Regierungsbündnis startete mit dem Bruch des Wahlversprechens, keine neuen Tagebaue zuzulassen. Nach bald 100 Tagen hat es fast keines seiner Versprechen eingelöst. Rot-Rot zeichnet sich durch handwerkliche Fehler, politische Unerfahrenheit und einen zunehmend dünnhäutigen Ministerpräsidenten aus. Die Schonfrist ist vorbei. Trotz des verpatzten Starts muss die Regierung nun endlich anfangen zu laufen.“ Nagelprobe für das rot-rote Bündnis werde neben der Bildungspolitik die mittelfristige Finanzplanung und die Ausgestaltung des geplanten Stellenabbaus im öffentlichen Dienst.

Exemplarisch für den Fehlstart der SPD-Linken-Koalition seien der versprochene öffentliche Beschäftigungssektor, das so genannte Schülerbafög und die Neueinstellung von Lehrern. „Auf die versprochenen 8000 versicherungspflichtigen geförderten Jobs 4000 Stellen aus dem ohnehin laufenden Bundesprogramm `Kommunal-Kombi´ anzurechnen, wäre ein durchsichtiger Buchungstrick“, sagte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende MARIE LUISE VON HALEM. Beim Thema Schüler-BAföG habe die SPD es im Wahlkampf nicht einmal für notwendig erachtet zu recherchieren, ob sich ihr Versprechen technisch umsetzen lässt. „Nun könnte es passieren, dass das Bildungsministerium Schülerbafög auszahlt und die Jobcenter es wieder einkassieren. Ein reines Beschäftigungs-Programm für öffentliche Verwaltungsstellen.“ Ohnehin werde das Schülerbafög die von Rot-Rot versprochene Wirkung nicht entfalten, mehr SchülerInnen aus einkommensschwachen Haushalten ein Abitur zu ermöglichen. „Dafür setzt das Schüler-BAföG viel zu spät an.“

Auch bei der Frage der Lehrerausstattung „hat sich gezeigt, dass rot-rote Versprechen unsolide vorbereitet und nicht durchgerechnet waren“, sagte Frau VON HALEM. Die versprochenen 1250 Neueinstellungen seien nicht ausreichend, um wie versprochen die Schüler-Lehrer-Relation aufrechtzuerhalten und mit dem im Koalitionsvertrag angekündigten Ziel, „höchsten Wert auf Bildung“ zu legen, nicht zu vereinbaren. „Faktisch werden weiter Stellen abgebaut.“ Dass der Finanzminister von sich aus mehr Neueinstellungen vorgeschlagen hat, um die offensichtlichen Widersprüche auszubügeln, belege die fehlende Professionalität. In das Bild passe, dass wegen der unzureichenden Lehrerausstattung nun auch noch der Ausbau der Ganztagsschulen ausgebremst wird.

Als „der wendigste linke Minister“ habe sich der Chef des Wirtschaftsressorts Ralf Christoffers entpuppt, der vollständig auf den Braunkohlekurs der schwarz-roten Vorgängerregierung eingeschwenkt sei, sagte AXEL VOGEL. „Bis über die Regierungsbildung hinaus hatte Christoffers behauptet, es werde in dieser Legislaturperiode keine neuen Tagebaue geben. Inzwischen ist klar, dass er innerhalb der nächsten vier Jahre die Entscheidung über die Abbaggerung des Lausitzer Braun-kohle-Teilfelds Welzow-Süd II fällen muss.“ Und auch beim Thema Kohlendioxidabscheidung und -lagerung (CCS) kann sich die Linke im Landtag nicht mehr an ihre Wahlkampfaussagen erinnern. Hieß es da noch, CCS „biete keinen strategischen Ausweg“, der Einsatz sei „zum jetzigen Zeitpunkt unseriös“, feiert Christoffers nun das „technologisch hochwertige Produkt“ und beklagt die Verzögerung des CCS-Bundesgesetzes. „Während viele in Frage kommende Bundesländer gegen die CO2-Versenkung mobil machen, droht Brandenburg unter Christoffers zum CO2-Klo der Republik zu werden.“

Die rot-rote Finanzpolitik laufe auf „die Fortsetzung des Marsches in den Schuldenstaat“ hinaus, sagte AXEL VOGEL. „In Zeiten der Krise können durchaus neue Kredite aufgenommen werden. Nur muss es dafür auch einen Tilgungsplan geben. Ansonsten bleibt Brandenburg zum Ende der Legislaturperiode auf einem Schuldenberg von 20 Milliarden Euro sitzen. Die Chancen, diesen noch in den Griff zu bekommen, schwinden mit dem Auslaufen der Solidarpaktmittel und dem Greifen der Schuldenbremse des Bundes.“ Es müssten neue Spielräume für mehr Einnahmen geschaffen werden, zum Beispiel durch eine Ausweitung von Betriebsprüfungen. Dennoch werde man nicht umhin kommen, strikt zu sparen und auch die Personalstärke im öffentlichen Dienst des Landes sozialverträglich zu reduzieren. „Dies darf aber nur nach einer gründlichen Aufgabenkritik geschehen und sich nicht wie bei der Forstreform im Vollzug rein politischen Zielzahlen erschöpfen.“

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN werden ihrer kritischen Oppositionsrolle weiter gerecht werden, sagte AXEL VOGEL. „Die Umsetzung sinnvoller Teilvorhaben des Koalitionsvertrages wie zum Beispiel den weitere Ausbau der Erneuerbaren Energien, die Verbesserung von Sozialstandards bei der öffentlichen Auftragsvergabe, den Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs und die von der Landesregierung neu entdeckte „ökologische Modernisierung“ des Wirtschaftssektors werden wir massiv einfordern.“