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Ursula Nonnemacher spricht zum Gesetzentwurf zur Stärkung der kommunalen Daseinsvorsorge

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- Es gilt das gesprochene Wort !

Anrede!

Der vorliegende Gesetzentwurf zur Stärkung der kommunalen Daseinsvorsorge folgt dem hier auch mit den Stimmen meiner Fraktion am 20.1.2010 beschlossenen Antrag „Starke und leistungsfähige Brandenburger Städte, Gemeinden und Landkreise - Kommunale Selbstverwaltung stärken!"

Kommunale Unternehmen haben eine hohe Bedeutung in Brandenburg. Sie sind ein wichtiges Rückgrat der heimischen Wirtschaft und sichern die Wertschöpfung in der Region. Untersuchungen zeigen: Kommunale Unternehmen gehören oft zu den größten Arbeitgebern vor Ort, lösen einen hohen Anteil an Investitionen aus und unterstützen als Sponsoren heimische Sportvereine, Kultureinrichtungen oder Bildungseinrichtungen.

Kommunale Unternehmen stehen genauso wie die Kommunen selbst vor erheblichen Herausforderungen. Die demografische Entwicklung und die sinkende Finanzausstattung der Kommunen sind auch für die wirtschaftliche Betätigung und die Sicherstellung der Daseinsvorsorge in den kommenden Jahren von großer Bedeutung.

Sinkende Einwohnerzahlen führen tendenziell zu sinkenden Erträgen. Durch Schrumpfungsprozesse steigen gerade bei der technischen Infrastruktur, die nicht in gleichem Umfang „mit schrumpfen" kann, die Auslastungs- und Kostenrisiken. Bei einer sich tendenziell verschlechternden Haushaltslage werden die Ausschüttungsanforderungen an die kommunalen Unternehmen steigen, während die Fähigkeit der Kommunen zur Übernahme von Verlusten sinkt.

Daher ist die Novellierung der Kommunalverfassung dringend notwendig, damit kommunales Handeln und Wirtschaften zum Nutzen der Bevölkerung auch in Zukunft erfolgreich möglich bleibt.

Im Zentrum der Aufmerksamkeit steht die sog. Subsidiaritätsklausel, also die Regelung des Verhältnisses zwischen kommunaler und privater Wirtschaft. Der Gesetzgeber spricht in der Begründung von Abschaffung des Subsidiaritätsprinzip. Viel eher muss man aber wohl davon reden, dass anstatt der derzeit strengen Subsidiaritätsklausel in diesem Gesetzesentwurf eine einfache Subsidiaritätsklausel eingeführt wird. Aber auch dies ist ein wichtiger Schritt. Es wäre bedenkenswert, die Subsidiaritätsklausel nur noch für Tätigkeiten außerhalb der definierten Daseinsvorsorge anzuwenden, so wie es jetzt schon in einigen Bundesländern geregelt ist. Studien belegen: Aufgrund der engen wettbewerbsrechtlichen Regelungen, des Vergaberechts und des Grundsatzes der wirtschaftlichen Haushaltsführung ist prinzipiell fraglich, ob das Subsidiaritätsprinzip in diesen Fällen noch erforderlich ist.

Starke und handlungsfähige kommunale Unternehmen sind auch im Interesse der örtlichen Wirtschaft: In der überwiegenden Zahl der Fälle sind die kommunalen Betriebe keine Konkurrenz, sondern ein wichtiger Auftraggeber für Handwerk, Handel und Dienstleistungen, der lokal und regional verwurzelt ist und nicht aus einer weit entfernten Konzernzentrale heraus seine Entscheidungen trifft.

Wieso sollten Stadtwerke also nicht auch ein Kino betreiben dürfen (wie es in Schwedt der Fall ist), wenn es sonst keinen privaten Betreiber mehr gibt, weil die Renditeerwartungen nicht erfüllt werden, die Kommune als Betreiber aber mindestens eine schwarze Null schreibt?

Gut aufgestellte kommunale Unternehmen sind auch eine Rückversicherung der Städte und Gemeinden gegen eine Abwärtsspirale, die ein Rückzug von privaten Unternehmen aus der Fläche bedeuten kann.

Positiv am vorliegenden Entwurf finden wir, dass die überörtliche wirtschaftliche Betätigung in den Bereichen Strom-, Gas- und Wärmeversorgung sowie im Rahmen von Konzessionen oder Vereinbarungen für zulässig erklärt wird. Dieser Punkt ist von großer Bedeutung für die Wettbewerbsfähigkeit von kommunalen Unternehmen, insb. für die Stadtwerke. Damit öffnen sich auch neue Möglichkeiten für die Durchsetzung der ja mittlerweile auch von der Bundesregierung geforderten Energiewende. Unsere grüne Position ist seit langem: Eine regionaliserte, auf Energieeffizienz und Erneuerbare Energien setzende Energiepolitik braucht vor Ort starke Stadtwerke. Mit Technologien von gestern, also mit Kohle und Atom, und mit den vier Dinosauriern der Energiewirtschaft, lässt sich der notwendige Umbau nicht umsetzen.

Leider haben nicht alle kommunalen Betriebe in letzter Zeit für positive Schlagzeilen gesorgt, Missmanagement gab es leider auch dort. Die beabsichtigte Stärkung von Transparenz und unabhängiger Kontrolle begrüßen wir daher sehr.

Wir stehen dem vorgelegten Gesetzentwurf positiv gegenüber, zu den vielen Detailregelungen werden viele Expertinnen und Experten anzuhören sein.