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Ursula Nonnemacher spricht zum Gesetzentwurf der CDU-Fraktion zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes (KAG)

- Es gilt das gesprochene Wort!

Anrede!

Die CDU-Fraktion will mit ihrem Gesetzentwurf im zweiten Anlauf ein hehres Ziel erreichen: Durch Musterverfahren sollen die BürgerInnen bessere Möglichkeiten bekommen, ihre Rechte wahrzunehmen. Für alle an Verfahren Beteiligten soll die Rechtssicherheit verbessert werden. Die CDU-Fraktion nimmt damit eine Initiative zweier Interessenverbände auf. Die Zulassung von Musterklagen ist – neben der grundsätzlichen Abschaffung der Beiträge für sogenannte Altanschließer – eine der wesentlichen Forderungen des Verbandes Deutscher Grundstücksnutzer (VDGN) und des Verbandes Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) und spielt eine wichtige Rolle in deren Kampagne gegen Altanschließerbeitrage.

Es war deshalb nicht verwunderlich, dass die Vertreter dieser Verbände den Gesetzentwurf in der Anhörung am 23.5.2013 unterstützten; es wurden aber durchaus zahlreiche Argumente gebracht, warum der Gesetzentwurf nicht zustimmungsfähig ist:

Obwohl sich die Debatte zur Einführung von verpflichtenden Musterverfahren vor allem an der Beitragserhebung im Trink- und Abwasserbereich entzündete, umfasst der Gesetzentwurf alle auf satzungsrechtlicher Grundlage erhobenen Kommunalabgaben, also z.B. auch den Bereich der Abfallwirtschaft, des Straßenbaubeitragsrechtes oder des Rettungsdienstes.

Die von der CDU geplante Verpflichtung aller Verfahrensbeteiligten, ein Musterverfahren bis zum Ende durchziehen zu müssen und nicht aussteigen zu können, könnte, wenn der Landtag es so beschließen würde, zu durchaus schwierigen finanziellen Folgen bei den Kommunen und Zweckverbänden führen und ihre Gestaltungsfreiheit einschränken. Bei Klagen bis zur letzten Instanz können dann über Jahre keine Beiträge oder Gebühren erhoben werden. Leider gehen die Antragsteller auf diese Folgen für die Kommunen und Zweckverbände nicht ein. Die in der Anhörung genannten Hinweise, dass diese Situation vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlichen Schutzes der kommunalen Selbstverwaltung aus Art. 28 Abs. 2 Grundgesetz bedenklich sein könnte, sind nicht von der Hand zu weisen.

Gerade diese Möglichkeit, die Verfahrensruhe zu beenden, besteht in dem oft herangezogenen Beispiel in Mecklenburg-Vorpommern. Herr Ring, Richter am Verwaltungsgericht Schwerin sagt selbst: „Wir haben in Mecklenburg-Vorpommern eine weiche Regelung. Sowohl der Zweckverband als auch die Widersprechenden können aussteigen."

Es lässt sich feststellen, dass die mangelnde Akzeptanz kommunaler Abgabenerhebung nicht nur in der Art und Weise der handelnden Behörden begründet liegt, sondern oftmals in der Ablehnung der Abgabenansprüche an sich. Dies ist zwar menschlich verständlich, kann aber nicht zum Leitmotiv unseres Zusammenlebens werden. Das Sankt-Florians-Prinzip löst keine Probleme.

Entsprechend würde auch die Einführung von verpflichtenden Musterklagen sicherlich nicht zu weniger Klagen oder Gerichtsverhandlungen führen.

Ich fasse zusammen:

  1. Musterverfahren sind auch nach derzeitiger Rechtslage möglich, es wird auch Gebrauch davon gemacht.
  2. Im Abgabenrecht unterscheiden sich die Fälle eben doch beträchtlich hinsichtlich Grundstücksfläche, Geschossigkeit, Innen/Außenbereich, Bebauungsplangebiete, Gewerbenutzung etc. Wirklich identische Fälle werden sich kaum finden lassen.
  3. Ein befriedender Effekt ist nicht zu erwarten, da bei verlorenem Musterverfahren individuell weiter geklagt werden kann und wird.
  4. Mit erheblicher Unsicherheit bei der Beitrags- und Gebührenerhebung der Kommunen in allen Bereichen des KAG ist zu rechnen.
  5. Das taktische Kalkül vor dem Hintergrund der parallelen Befassung der Verjährungsfristen – die Flucht in die Verjährung! – ist unübersehbar und verstimmt.

Mit der Beantragung einer namentlichen Abstimmung versucht die CDU-Fraktion dem
2. Aufguss ihres Gesetzentwurfes nun noch ein wenig Glanz und Bedeutung zu verleihen. Wenn ihr das Thema wirklich wichtig gewesen wäre, hätte sie versucht, die fundierten Kritikpunkte aus der Anhörung aufzunehmen und den Gesetzentwurf nachzubessern. So bleibt ein schaler Beigeschmack: Musterklage klingt gut, KAG versteht sowieso niemand, der Wahlkampf ist eröffnet!