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Ursula Nonnemacher spricht zum bündnisgrünen Antrag (mit SPD und LINKE) "EU-Richtlinie 'Konzessionsvergabe' nicht auf die Wasserversorgung anwenden"

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- Es gilt das gesprochene Wort !

Anrede!

Die Gewährleistung einer sicheren und hochwertigen Versorgung mit dem Lebensmittel Nr. 1, dem Wasser und die Bewahrung der Handlungsfähigkeit unserer Gemeinden durch gut aufgestellte kommunale Unternehmen – für diese Ziele steht meine Fraktion.

Auch wir begleiten deshalb zusammen mit den bündnisgrünen Fraktionen in den anderen Bundesländern, im Bundestag und im Europäischen Parlament die Diskussion über die Schaffung einer EU-Richtlinie zur Vergabe von Konzessionen sehr aufmerksam. Diese Debatte zeigt uns eindringlich, dass Europäische Politik große Auswirkungen bis auf die kommunale Ebene hat.

Man mag der EU-Kommission zugute halten, dass sie etwas Sinnvolles gewollt hat. Mehr Transparenz im Vergaberecht bei den Dienstleistungskonzessionen herzustellen und Korruption zu verhindern, sind sicherlich ehrenwerte Anliegen. Mit den bisher vorgelegten Richtlinienentwürfen schießt die Kommission aber weit über das Ziel hinaus und verkennt die Struktur der Daseinsvorsorge, insb. der Wasserversorgung, in Deutschland und Brandenburg. Die Richtlinie würde weit in die grundgesetzlich garantierte kommunale Selbstverwaltung eingreifen. Die Kommunen haben das Recht, selbst zu entscheiden, wie sie ihren Auftrag zur Daseinsvorsorge wahrnehmen. Die Richtlinie aber sieht bisher noch vor, dass die Ausschreibungspflicht von Dienstleistungen an strikte Kriterien für die Organisationsform der kommunalen Unternehmen gebunden wird.

Die im wesentlichen von den Kommunen verantwortete Trinkwasserversorgung sorgt durch ihre auf Nachhaltigkeit angelegte Struktur für hohe Qualitätsstandards des Trinkwassers. Eine Privatisierung der Trinkwasserversorgung hat in Deutschland bisher nur selten stattgefunden. Das Ergebnis waren Verteuerungen für Verbraucher und Verbraucherinnen – wie z.B. hier in Potsdam oder auch in Berlin – und der dringenden Wunsch nach schneller Rekommunalisierung der Wasserversorgung.

Deshalb sind die Vorschläge, die sogenannte „Inhouse-Vergabe" an kommunale Unternehmen als Alternative zur Ausschreibung nur unter sehr restriktiven Bedingungen zu erlauben, nicht akzeptabel, da sie an der Realität unserer Wasserversorgung vorbei gehen. Die geforderte europaweite Ausschreibung und der Wettbewerb mit großen multinationalen Konzernen würden damit einer Privatisierung durch die Hintertür Vorschub leisten.

An dieser Stelle scheint sich der zuständige Kommissar Barnier unter dem Druck zunehmender öffentlicher Proteste inhaltlich zu bewegen, wie Äußerungen von letzter Woche belegen.

Dies ist ein erster wichtiger Erfolg insbesondere der europäischen Volksinitiative „Wasser ist ein Menschenrecht". - der ersten Europäischen Bürgerinitiative nach den Regeln des Lissaboner Vertrages, die über 1 Million Unterzeichner gefunden hat.

Eine offene Baustelle ist im Richtlinienentwurf auch nach dem Einlenken von Kommissar Barnier bei der Frage der Stadtwerke weiterhin der Bereich der interkommunalen Zusammenarbeit. Wir fordern, dass klar gestellt wird, dass die horizontale Kooperation öffentlicher Stellen über Gemeinde- und Ländergrenzen hinweg nicht durch die Richtlinie beschnitten wird. Wenn eine größere Kommune eine öffentliche Aufgabe für eine kleinere Kommune übernimmt und dafür finanziell entschädigt wird, darf dies nicht automatisch zu einer Ausschreibungspflicht führen.

Meine Damen und Herren, meine Fraktion hat den vorliegenden Antrag mit eingebracht, weil wir wollen, dass aus Brüssel für unsere Kommunen sinnvolle und das Gemeinwohl fördernde Vorschläge kommen. Dazu brauchen wir in Deutschland einen breiten politischen Konsens. Diesen gibt es parteiübergreifend auf kommunaler Ebene. Dieser Konsens muss aber auch in der Bundesregierung ankommen. Es kann nicht sein, dass der Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler alle Entscheidungen des Bundestages und des Bundesrates missachtet und auch den Koalitionspartner ausbremst, um bei den Verhandlungen in Brüssel seine Agenda von Deregulierung und Privatisierung zum Schaden unserer Kommunen umzusetzen.

Ich erhoffe mir eine breite Mehrheit für diesen gemeinsamen Antrag als Signal für die neuerliche Befassung des Themas im Bundesrat am 1.3.. Es besteht die Möglichkeit, diese Richtlinie im weiteren Verfahren noch deutlich zu verändern. Daran sollten wir heute mitwirken, im Interesse von Umwelt, Bürgerinnen und Bürgern und der kommunalen Selbstverwaltung.