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Ursula Nonnemacher spricht zum Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und Linke „Rechtsextremismus konsequent bekämpfen“

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Drucksache 5/632

- Es gilt das gesprochene Wort ! -

Sehr verehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren!

Auch wenn die DVU nach ihrem Wahldebakel bei der Landtagswahl 2009 in Brandenburg dahinschmilzt „wie Schnee in der Frühlingssonne“ – um die Worte von Frau Schreiber bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichtes zu gebrauchen – so ist doch weiterhin hohe Wachsamkeit angesagt. Die rechtsextremistische Szene ist mit 1230 Mitgliedern weitgehend stabil, einem leichten Rückgang der Gesamtzahl steht ein deutlicher Anstieg an ideologisch gefestigten Neonazis entgegen. Mit 1422 rechts motivierten Straftaten nimmt Brandenburg leider immer noch einwohnerbezogen einen Spitzenplatz bei der rechtsextremen Kriminalität ein. Das Resüme des Innenministers, wonach der Rechtsextremismus anhaltend die größte Gefahr für die freiheitlichdemokratische Grundordnung in Brandenburg darstelle, gilt es ernstzunehmen.

Auch wenn sich die DVU wirklich im Prozess der Auflösung befinden sollte, so muss der NPD weiterhin größte Aufmerksamkeit entgegengebracht werden. Aus dem Stand hat sie bei den Landtagswahlen 2,5% Wählerstimmen erreicht, sie ist in den Nachbarländern – besonders Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern gut organisiert und konnte auch ihre Mitgliederbasis leicht vergrößern. Wahlkampfkostenerstattungen aus Bundestags- und Landtagswahl von über einer Million Euro jährlich verschaffen ihr in Brandenburg eine finanzielle Basis.

Dass die Anstrengungen im Kampf gegen den Rechtsextremismus weiterhin nötig sind, daran erinnern uns auch die Vorfälle in Zossen und Umgebung, wo es seit Sommer 2009 zu ständigen Übergriffen kommt: Drohungen gegen die Bürgerinitiative „Zossen zeigt Gesicht“, Hakenkreuzschmierereien, wiederkehrende Anschläge gegen das „Haus der Demokratie“, welches Ende Januar einem Brandanschlag zum Opfer fiel und provokante Neonaziauftritte am Holocaust Gedenktag. Für den 27. März haben die neonazistischen „Freien Kräfte Neuruppin“ zu einer Demonstration aufgerufen. Ermutigend ist, dass an beiden Orten sich erheblicher Widerstand der Zivilgesellschaft formiert und es anders als noch vor einigen Jahren sofort Proteste gibt, sobald die Rechtsextremen aufmarschieren. So möchte ich denn auch von dieser Stelle dem Aktionsbündnis „Neuruppin bleibt bunt“ die besten Wünsche für das Straßenfest „Demokratie im Quadrat – Schöner leben ohne Nazis“ am Samstag übermitteln und zur Teilnahme am friedlichen Protest aufrufen.

Bürgerschaftliches Engagement wie in Neuruppin oder die Initiative „Zossen zeigt Gesicht“ geben uns die Gewissheit, dass das Handlungskonzept „Tolerantes Brandenburg“ richtig und wichtig ist und weiterhin konsequent verfolgt werden muss. Denn abgesehen von aktiven Neonazis und rechtsextremen Kräften sind in unserer Gesellschaft rechtsextreme Einstellungen immer noch weit verbreitet und nicht nur in gesellschaftlichen Randgruppen, sondern auch in der vielbeschworenen Mitte. Die Extremismusforscher Prof. Niedermayer und Prof.
Stöss haben 2005 anhand von Dimensionen wie Befürwortung einer rechtsautoritären Diktatur, Ausländerfeindlichkeit, Chauvinismus, Antisemitismus, Sozialdarwinismus und Verharmlosung des Nationalsozialismus ein rechtsextremes Potential von 12% in Brandenburg festgestellt. Die Studie der Soziologen Decker und Brähler über „Rechtsextreme Einstellungen in Deutschland 2008“ zeichnet ein sehr differenziertes Bild von allen Bundesländern und stellt fest, dass Rechtsextremismus keinesfalls ein vorwiegendes Problem der östlichen Bundesländer ist. Erschreckend hoch ist in Brandenburg die Ausländerfeindlichkeit bei über einem Drittel der befragten, erfreulich niedrig die Rate an Antisemitismus. Insgesamt gehen die rechtsextremen Einstellungen in der Bevölkerung zurück. Der Nährboden schrumpft, er ist aber weiterhin reichlich vorhanden.

Da der in Brandenburg eingeschlagene Weg erfolgreich und richtig ist und die Anstrengungen gegen Rechtsextremismus nicht nachlassen dürfen, fordern wir Grüne alle Fraktionen im Brandenburger Landtag auf, den vorliegenden Antrag zu unterstützen.