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Ursula Nonnemacher spricht zum Antrag der CDU Fraktion “Seniorinnen und Senioren im Land Brandenburg”

- Es gilt das gesprochene Wort !

Vor Ihnen steht eine Seniorin von 53 Jahren, deren jüngste Tochter 13 Jahre alt ist und die vermutlich mit 66 Jahren und 4 Monaten in Rente gehen wird, sofern sie ihr früheres Beschäftigungsverhältnis wieder aufnimmt. Vor Ihnen steht ein Mitglied der Generation 50 plus, eine ältere Erwerbsfähige in ihrem verzweifelten Versuch mit ihrer Stellungnahme zur Großen Anfrage „Seniorinnen und Senioren in Brandenburg" den Pudding an die Wand zu nageln.

Wovon reden wir überhaupt? Das Fehlen einer verbindlichen Definition, ab wann jemand als „Senior" zu bezeichnen ist, führt schon in dieser Anfrage zu ständig wechselnden statistischen Bezügen. Die Gesamtzahl der Senioren wird mal auf die Bevölkerung ab 50 bezogen, dann werden schon die über 45- jährigen mit erfasst. Wir rechnen uns alt! Die Erwerbstätigenquote bezieht sich auf die über 55-jährigen, bei Mitgliedern in Sportvereinen, Ehrenamtlern, bei Pflegebedürftigen und in der polizeilichen Kriminalitätsstatistik rechnen wir Mensch ab 60 zu den Senioren, bei chronisch Kranken ab 65 Jahren. Ein 55- jähriger Facharbeiter in Beschäftigung hat mit einem 87-jährigen Demenzkranken im Pflegeheim wenig Berührungspunkte. So heterogen wie die betrachteten Bevölkerungsgruppen sind auch die Auskünfte, die wir durch diese Anfrage erhalten. Ich meine dies gar nicht negativ. Die CDU Fraktion hat nach sinnvollen Themenfeldern gruppiert viele wichtige Dinge erfragt, die Landesregierung hat ressortübergreifend viel neues statistisches Material und sachdienliche Informationen geliefert. Die Fachpolitiker aller Fraktionen, viele Verbände, kommunale Mitarbeiter und Selbsthilfegruppen werden dieses Material mit Freude aufgreifen und dafür gebührt beiden Akteuren Dank.

Doch was wollen wir mit den vielen Daten? Nehmen wir uns ein Thema heraus: den Arbeitsmarkt für Ältere. Für uns Grüne ist ein vordringliches Zukunftsthema die Umgestaltung der Arbeitswelt hin zu mehr „Alterstauglichkeit" Es reicht nicht aus, gegen die Rente mit 67 zu polemisieren oder sie auf den St. Nimmerleinstag zu verschieben, sondern wir müssen die Arbeitsbedingungen so ändern, das die Menschen das unvermeidlich steigende Renteneintrittsalter auch gesund und nicht ausgebrannt erreichen können!

Schaut man in die Zahlen zur Erwerbsbeteiligung der über 55-jährigen erwerbsfähigen Personen im Zeitraum vom 2005 – 2008 an, so stieg die Erwerbstätigenquote (ETW-Quote) von 38,7 % auf 52,1 % an. Für den Zeitraum von 2005 bis 2008 ist das ein Erfolg! Aber meines Erachtens wird die Anzahl der Beschäftigten noch viel deutlicher steigen müssen!

Denn die Erhöhung der Erwerbsquote der Älteren ist ein notwendiger Schritt zur Bewältigung des demographischen Wandels und zur Sicherung unserer wirtschaftlichen Entwicklung. Schon jetzt haben wir einen gravierenden Fachkräftemangel. Die Unternehmen müssen eine vorausschauende Personal- und Organisationsentwicklung für ausgewogenen Altersstrukturen betreiben. Altersgemischte Teams sichern innerbetriebliches Know-how und helfen die Stärken der jüngeren wie auch der älteren Beschäftigten zu nutzen. Dazu brauchen wir betriebliche Gesundheitsförderung und altersangepasste Arbeitsplatzgestaltung. Im Miteinander der Generationen müssen sich neue altersgerechte Organisationsformen in der Arbeitswelt entwickeln, damit die Erwerbstätigen die Anforderungen auch psychisch und physisch verkraften können. Der Arbeitsmarkt braucht die Erfahrungen und Qualifikationen der älteren Menschen. Und der Erfolg Brandenburger Unternehmen wird auch davon abhängen, ob es gelingt, mit einer älteren Belegschaft innovative Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln und zu vermarkten.

Die Lebenserwartung ist in den letzten 100 Jahren in Deutschland um mehr als 30 Jahre gestiegen und sie steigt weiter. Wir werden immer älter und bleiben immer länger mobil und auch gesund. Wenn wir es uns abgewöhnen könnten, Menschen über 50 als Senioren zu bezeichnen, würde vielleicht auch die Einsicht an Akzeptanz gewinnen, dass wir für die vielen zusätzlichen Jahre auch ein wenig länger arbeiten müssen.

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