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Ursula Nonnemacher spricht zum Antrag der FDP-Fraktion „Medizinische Versorgung von Asylbewerbern verbessern“

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- Es gilt das gesprochene Wort!

Anrede!

Um die medizinische Versorgung der Asylbewerber und -bewerberinnen macht sich die FDP-Fraktion in ihrem Antrag zu Recht Sorgen. Immer wieder beschweren sich Flüchtlinge darüber, dass alle möglichen Krankheiten lediglich mit Schmerzmitteln behandelt werden, aber keine wirkliche Diagnose gestellt oder Behandlung stattfindet.

In der Erstaufnahmeeinrichtung in Eisenhüttenstadt sind 2013 3300 bis 3400 Personen neu eingetroffen. Zuständig für die medizinische Erstuntersuchung der Flüchtlinge ist das Personal des Gesundheitsamts Oder-Spree. In der Erstaufnahmestelle in Eisenhüttenstadt praktiziert eine Honorarärztin, unterstützt durch zwei sozialmedizinischen Assistentinnen, an zwei Tagen in der Woche. Zur medizinischen Erstuntersuchung gehören Bluttests und erste Impfungen bei den Flüchtlingen. Besondere Aufmerksamkeit brauchen schwangere Frauen und alte Menschen.

Da bleibt nicht viel Zeit für die einzelne medizinische Untersuchung der Flüchtlinge, das kann sich jeder selbst ausrechnen! Das bedeutet für die Flüchtlinge Minimalstandard und medizinische Notversorgung!

Nicht viel besser sieht die medizinische Versorgung von AsylberwerberInnen aus, die während der Dauer ihres Aufenthalts in der Erstaufnahmestelle oder in der Abschiebehaft Eisenhüttenstadt erkranken. Sie können eine ärztliche Sprechstunde in Anspruch nehmen. An zwei Wochentagen bietet stundenweise ein niedergelassener Vertragsarzt in den Untersuchungsräumen der Erstaufnahmeeinrichtung eine Sprechstunde an. Wegen der aufgetretenen Tuberkulosefälle kommt noch eine wöchentliche Tuberkulosesprechstunde im Krankenhauses Eisenhüttenstadt hinzu.

Die medizinische Versorgung beschränkt sich nach Asylbewerberleistungsgesetz auf akute Erkrankungen, Schmerzen und lebensbedrohliche Gesundheitsstörungen. Bei Schwangerschaft und Geburt werden die notwendigen Leistungen erbracht. Auch die „erforderliche medizinische oder sonstige Hilfe“ für unbegleitete Minderjährige oder durch Folter, Vergewaltigungen oder sonstige schwere Formen psychischer, physischer oder sexueller Gewalt traumatisierte Flüchtlinge sind für Asylsuchende nicht sicher.

Dass bei steigenden Flüchtlingszahlen auch die Kosten für die medizinische Versorgung steigen liegt auf der Hand. Die Kostenerstattung erfolgt über die Pauschale des Landes für Unterbringung, soziale Betreuung und die Erbringung der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Die Pauschale, die das Land den Kreisen und kreisfreien Städten zahlt, wurde 2013 von 7480 Euro auf 9011 Euro erhöht. Wie üblich gehen die Meinungen, ob dies kostendeckend sei, zwischen Land und Kommunen auseinander. Ein Grundübel bleibt das Asylbewerberleistungsgesetz, das die Betroffenen vom Zugang zur medizinischen Regelversorgung ausschließt und Beantragung und Abrechnung von medizinischen Leistungen mit den Sozialämtern der Kreise sehr kompliziert macht. Das kann zu erheblichen Verzögerungen bei der ärztlichen Versorgung führen. Unterkunftsbetreiber berichten, dass der schwierige Zugang zur regelmäßigen medizinischen Versorgung auch dazu führt, daß Notarzteinsätze und Krankentransporte zur stationären Notaufnahme nötig werden.

Wir Bündnisgrüne werden uns weiterhin dafür einsetzen das Asylbewerberleistungsgesetz abzuschaffen und dem Personenkreis Zugang zu unseren regulären sozialen Sicherungssystemen zu verschaffen. Die vorgeschlagene Einführung einer Chipkarte durch die AOK Nordost analog des „Bremer Modells“ begrüßen wir als einen richtigen Schritt in Richtung Zugang zur Regelversorgung.

Bei der Bedarfsplanung wäre das neu geschaffene Landesgremium nach § 90a der richtige Ort, um über die medizinische Versorgung der Flüchtlinge zu beraten und Verbesserungen vorzuschlagen.

Auch wenn der FDP Antrag einen sehr weiten Bogen von kleinteiligen Maßnahmen wie der PC Ausstattung in den Untersuchungsräumen in Eisenhüttenstadt bis zur Änderung der Medizinerausbildung auf Bundesebene schlägt, so sind die Vorschläge dennoch richtig. Wir GRÜNE unterstützen alle Initiativen, um die medizinische Versorgung der Flüchtlinge in der Erstaufnahmeeinrichtung und in den Kommunen zu verbessern.