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Ursula Nonnemacher spricht zum Gesetzentwurf der Landesregierung „Gesetz über die Aufnahme von Flüchtlingen, spätausgesiedelten und weiteren aus dem Ausland zugewanderten Personen im Land Brandenburg sowie zur Durchführung des Asylbewerberleistungsgesetze

- Es gilt das gesprochene Wort!

Anrede!

Der Entwurf zum Landesaufnahmegesetz liegt endlich vor. Seit langem wurde er immer wieder angekündigt, um dann wieder verschoben zu werden. Obwohl wirklich verspätet, kommt der Gesetzentwurf nun gerade doch zur rechten Zeit. Die letzten Monate waren geprägt vom großen Engagement der Ehrenamtlichen, der Institutionen, Verwaltung und Politik, deren gemeinsames Ziel war, die Aufnahme und Versorgung der geflüchteten Menschen erträglich zu gestalten. Für uns Bündnisgrüne ist das ein Zeichen für eine funktionierende BürgerInnengesellschaft, die auf Menschenwürde und Toleranz baut. Dafür hatten wir in dieser Zeit das Motto „Ich heiße Willkommen, wie heißt du?“. Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, an dem wir inhaltlich sagen: „vom Kommen zum Bleiben“. Jetzt wollen wir den Übergang von der Willkommenskultur hin in eine Willkommensinfrastruktur gestalten. Dafür bietet der vorliegende Gesetzentwurf eine gute Grundlage. Wir finden es richtig, dass die Landesregierung damit die Unterbringung und Versorgung der zu uns geflüchteten Menschen verbessern möchte und freuen uns darüber, dass wir viele unserer grünen Forderungen im Gesetzentwurf finden. Erstes Beispiel: Endlich will die Landesregierung damit aufhören, den Bau von Gemeinschaftsunterkünften finanziell besser zu stellen als den Bau von Wohnungen für Flüchtlinge. Ein großer Schritt in die richtige Richtung, die aber noch konsequenter eingeschlagen werden könnte. Warum nicht den Bau von Wohnungen finanziell besser stellen als den Bau von Gemeinschaftsunterkünften? Damit kann sie das Ungleichverhältnis besser auflösen, das sich aus der Förderpolitik der letzten Jahre ergeben hat. Im Moment wohnen 75% der Flüchtlinge in Gemeinschaftsunterkünften, und nur 25% in Wohnungen. Wir finden, Wohnungen sind der beste Ort, an dem die neu ankommenden Menschen sich auf die Beschulung ihrer Kinder konzentrieren können, auf das Lernen der deutschen Sprache, auf das Kennenlernen der Werte und Gebräuche im neuen Land, auf die Jobsuche. Es ist uns zudem wichtig, dass im Gesetzentwurf deutlich wird, dass die Wohnungen nur dort gebaut werden, wo es für die Flüchtlinge gute Integrationsperspektiven gibt. Ein zweites Beispiel, womit die Landesregierung einen ganz alten grünen flüchtlingspolitischen Wunsch erfüllt, ist, dass sie den Flüchtlingen in den Unterkünften viel mehr Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter an die Seite stellen möchte. Auch der geplante Ausbau der überregionalen Beratungsstellen hört sich erst einmal gut an. Eine weitere gute Nachricht für die Flüchtlinge wäre, wenn im April aufgrund der geplanten Spitzabrechnung der Gesundheitskosten tatsächlich endlich die Gesundheitskarte an sie ausgereicht wird – übrigens ebenfalls eine uralte bündnisgrüne Forderung. Es gibt aber auch weniger gute Nachrichten. Die Landesregierung möchte die Behandlungsstelle für traumatisierte Flüchtlinge abschaffen. Zur psychotherapeutischen Versorgung sieht die Landesregierung die Regelsysteme, vor allem die psychiatrischen Institutsambulanzen, in der Pflicht. Das ist gesundheitspolitisch gesehen sinnvoll. Sie muss jedoch hinschauen und sehen, dass das in der Praxis im Moment einfach nicht gut funktioniert. Sprachbarrieren erschweren die Behandlung, genau wie Unsicherheiten aufgrund fehlender Erfahrung in der Behandlung von Menschen mit verschiedenen kulturellen Zugehörigkeiten. Es passt auch nicht, dass psychiatrische Kliniken Betroffene in Krisen zwar aufnehmen können, aber die wichtige Nachsorge nicht leisten können. Deswegen dürfen zusätzliche professionelle Angebote zur Ermittlung, Beratung und Versorgung von psychisch erkrankten Flüchtlingen jetzt nicht abgeschafft werden! Wenn die Angebote eingestellt werden, gehen die Fachkenntnisse und Erfahrungen der MitarbeiterInnen und Träger verloren, die wir unbedingt benötigen. Das ist eine Katstrophe für die betroffenen Menschen. Das ist auch schlecht für das Land. Wir fordern die Landesregierung dringend auf, diese Entscheidung noch einmal zu überdenken.

Leider wird beim Thema Flüchtlinge immer noch viel zu oft auf Abschreckungsrhetorik und Abwehr gesetzt. Uns ist deshalb sehr bewusst, dass die Sozialministerin mit dem Gesetzentwurf nicht nur gesellschaftlich sondern auch politisch mitunter hohe Hürden bewältigen muss. Wir möchten im Sinne einer guten Integrationsperspektive für die geflüchteten Menschen den Gesetzentwurf mit ausgestalten und stimmen gerne der Überweisung in den Ausschuss zu.