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Ursula Nonnemacher spricht zu unserem Antrag „Viertes Gesetz zur Änderung des Brandenburgischen Straßengesetzes“

- Es gilt das gesprochene Wort!

Anrede!

Meine Fraktion hat sich stets für eine Stärkung der direkten Demokratie eingesetzt. Schon 2011 haben wir einen Gesetzentwurf zur Änderung des Volksabstimmungsgesetzes eingebracht, um die Mitwirkungsrechte der Bürgerinnen und Bürger bei direktdemokratischen Verfahren zu erleichtern. Leider konnten wir nur einen kleinen Teilerfolg erzielen, indem die Möglichkeit der Briefeintragung für Volksbegehren eingeführt wurde. Auch im März dieses Jahres haben wir uns erneut für eine bessere Beteiligung stark gemacht und einen Gesetzentwurf zur Einführung der freien Unterschriftensammlung bei Volksbegehren eingebracht. Leider stieß auch dieser Vorstoß bei den Koalitionsfraktionen auf taube Ohren.

Die Amtseintragung beim Volksbegehren ist aber nicht die einzige Hürde, mit der engagierte Bürgerinnen und Bürger aktuell zu kämpfen haben. Damit ein Volksbegehren in Brandenburg zustande kommt, müssen mindestens achtzigtausend Stimmberechtigte diesem zustimmen. Von zehn Volksinitiativen, für die in Brandenburg ein Volksbegehren beantragt wurde, erreichten sieben dieses Quorum nicht. Die Initiatorinnen und Initiatoren von Volksbegehren sind daher essentiell darauf angewiesen, für ihr Anliegen in der Öffentlichkeit zu werben.

Hier hat sich – zuletzt im Zusammenhang mit dem gerade laufenden Volksbegehren gegen Massentierhaltung - gezeigt, dass die Kommunalverwaltungen teilweise sehr restriktiv mit Anträgen auf Plakatwerbung umgehen. Während Wahlwerbung von den Kommunen problemlos zwei Monate vor dem Wahltag genehmigt wird, werden an die Plakatwerbung für Volksbegehren teilweise absurd hohe Anforderungen gestellt. So teilte beispielsweise eine Brandenburger Stadtverwaltung einem Antragsteller mit, dass die Plakatierung für das Volksbegehren Massentierhaltung, das seit dem 15.Juli 2015 läuft

- erst ab dem 12.10.2015 erlaubt sei

- die Anzahl der Plakate sich auf 30 Stück beschränke,

- der Plakatierungszeitraum 111 Tage betrage und

- Kosten in Höhe von 1.665 Euro erhoben würden.

Die anschließende Frage der Stadtverwaltung, ob unter diesen Umständen noch am Antrag festgehalten werden wolle, macht deutlich, dass die derzeitige Praxis faktisch in einzelnen Kommunen einem Verbot von Plakatwerbung gleich kommt.

Diese Praxis verstößt gegen das Grundgesetz und gegen die Landesverfassung. In Artikel 20 Absatz 2 des Grundgesetzes heißt es, dass die Staatsgewalt „vom Volke in Wahlen UND Abstimmungen“ wahrgenommen wird. Dieser demokratische Grundsatz gilt gemäß dem Homogenitätsgebot in Artikel 28 Absatz 1 Grundgesetz für die Länder gleichermaßen. Plakatwerbung für Wahlen und Volksbegehren sollte daher zumindest gleich behandelt werden!

Hinzu kommt, dass Bürgerinnen und Bürger, die auf der Straße mit Plakaten für ihr Anliegen werben, von ihrem Grundrecht auf freie Meinungsäußerung Gebrauch machen. Sie haben, anders als Parteien, einen beschränkten Zugang zu Massenmedien. Auch ist die Beeinträchtigung des Straßenbildes durch Werbung für Volks- und Bürgerbegehren nicht zu vergleichen mit Plakatwerbung in Wahlkampfzeiten, wenn viele Parteien gleichzeitig werben. Unsere Forderung geht daher weiter. Wir möchten die Plakatwerbung bei Volks- und Bürgerbegehren für die gesamte Dauer der Eintragungsfrist ermöglichen. Das Land Berlin hat diese Regelung bereits in sein Straßengesetz aufgenommen. Nur eine solche, vergleichbare Regelung für Brandenburg wird der Bedeutung des Volksbegehrens und des Bürgerbegehrens, die gemäß Artikel 22 der Landesverfassung einen hohen Stellenwert in der Verfassung genießen, sowie der Meinungsfreiheit der Einzelnen gerecht.

Die gesetzliche Änderung, die wir vorschlagen, ist auch dringend nötig. Bisher ist die Plakatwerbung bloß für Wahlen, Volksentscheide und Bürgerentscheide in einer Allgemeinverfügung von 1999 geregelt, eine klare gesetzliche Vorschrift, auch für Volks- und Bürgerbegehren, fehlt.

Die Landesregierung scheint ähnlicher Auffassung zu sein und das Bedürfnis für eine Neuregelung ebenfalls erkannt zu haben. In der Antwort auf unsere Kleine Anfrage führt sie aus, dass ein restriktiver Umgang mit Anträgen auf Plakatierung im Zusammenhang mit Volksbegehren dem Instrument der direkten Demokratie zuwiderlaufe. Sie ist der Auffassung, dass die Kommunen wie bei Wahlen auch bei Volksbegehren angemessene Plakatwerbemöglichkeiten eröffnen müssen. Auch schätzt sie die Beeinträchtigung des Stadtbildes in der Regel geringer ein als bei Wahlplakatierungen. Dass Plakatwerbung aus Anlass von Volksbegehren häufiger als Wahlplakatwerbung stattfinden kann, sei im Lichte der Demokratie hinzunehmen. Ob die aktuelle Rechtslage diesen Maßstäben entspreche, müsse überprüft werden.

Dieser Ankündigung möchten wir vorgreifen und legen heute einen Gesetzentwurf vor zur Änderung des Brandenburgischen Straßengesetzes. In diesem Gesetzentwurf ist klar geregelt, was bei Werbung für Wahlen, Volks- und Bürgerbegehren sowie bei Volks- und Bürgerentscheiden gilt. Die Erteilung der Erlaubnis für Plakatwerbung soll nicht mehr im bloßen Ermessen der Behörde stehen, sondern hat für die Dauer der Eintragungsfrist, also 6 Monate bei Volksbegehren und 8 Wochen bei kassierenden Bürgerbegehren, zu erfolgen. Hiermit schließen wir eine aktuell bestehende Gesetzeslücke und sorgen für Klarheit und Rechtssicherheit in den Kommunen sowie für die engagierten Bürgerinnen und Bürger. Angesichts der klaren Ansage auch seitens der Landesregierung sehe ich keinen Grund, warum unser Gesetzentwurf nicht angenommen werden sollte und bitte daher um Zustimmung zur Überweisung in den Innenausschuss.

Zum Gesetzentwurf als PDF-Datei.