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Ursula Nonnemacher spricht zum Gesetzentwurf der AfD-Fraktion „Gesetz für mehr Demokratie bei Bürgerentscheiden“

Es gilt das gesprochene Wort!

Anrede

Nachdem im letzten Plenum Kollege Vida einen Gesetzentwurf mit dem Titel „Gesetz für mehr direkte Demokratie bei Bürgerentscheiden“ vorgelegt hat, kleckert nun die AfD-Fraktion mit einem Gesetzentwurf gleichen Titels nach. Wollte der Kollege Vida in seinem Vorschlag das Zustimmungsquorum bei Bürgerentscheiden auf kommunaler Ebene von 25 auf 15 Prozent absenken, so strebt die AfD-Fraktion die sofortige Abschaffung des Zustimmungsquorums an.

Ich begrüße es, wenn in diesem Hause die aus der Sicht meiner Fraktion völlig unzureichenden Rahmenbedingungen für die Beteiligungs- und Mitwirkungsrechte auf kommunaler Ebene diskutiert werden. Ob die inflationäre Beschäftigung mit nur einem Aspekt der Stärkung der direkten Demokratie dazu beitragen kann, ist aber zu bezweifeln. So ist es auch bei diesem Antrag fraglich, ob der Gesetzentwurf mit der alleinigen Forderung nach Abschaffung des Quorums tatsächlich seinem Namen „Gesetz für mehr direkte Demokratie bei Bürgerentscheiden“ gerecht wird.

Für Bündnis 90/Die Grünen gehören dazu noch weitere Aspekte zur Stärkung der direkten Demokratie auf lokaler Ebene, die ich bei dieser Gelegenheit gerne wiederhole:

· Eine Verkleinerung des Ausschlusskataloges bei Bürgerbegehren, um den Bürgerinnen und Bürgern zu ermöglichen über Teile des Haushaltes und der Bauleitplanung mitzubestimmen.

· Die hohe Hürde eines Kostendeckungsvorschlages sollte auf eine amtliche Kostenschätzung der Verwaltung reduziert werden.

· Einen Bürgerentscheid auch für Ortsteile einer Gemeinde in Angelegenheiten, die allein den Ortsteil betreffen.

· Eine Senkung der EinwohnerInnengrenze für die Bestellung einer hauptamtlichen Gleichstellungsbeauftragten,

· eine Stärkung der Beauftragten für die Rechte von Menschen mit Behinderungen,

· eine Verbesserung der Akteneinsichts- und Auskunftsmöglichkeiten für gewählte GemeindevertreterInnnen und

· eine Verankerung der Kinder- und Jugendbeteiligung in der Kommunalverfassung.

Die Frage des Zustimmungsquorum ist also für uns nur ein Aspekt unter vielen, wenn wir die Bedingungen für direkte Demokratie auf kommunaler Ebene verbessern wollen, aber es ist eine Hürde, die deutlich zu hoch ist. Gerade wenn man die Beteiligung an Kommunalwahlen und BürgermeisterInnen- oder LändrätInnenwahlen ansieht, wird dies augenfällig. Wenn eine Abstimmungsbeteiligung von bis zu 50% für einen erfolgreichen Bürgerentscheid erforderlich ist, wird deutlich, wie abschreckend dieses hohe Quorum ist und so eine demokratisch ermittelte Mehrheit in eine Minderheit umdefiniert werden kann.

Deshalb setzen auch wir perspektivisch auf einfache Mehrheitsentscheidungen. Der Antrag der AfD wäre aber wohl kein Antrag dieser Fraktion, wenn er nicht noch einen etwas exotischen Vorschlag enthalten würde. Zwar ist es selten und unwahrscheinlich, dass es bei einem Bürgerentscheid zu einer Stimmengleichheit kommt, aber deshalb die vorhandene Vorschrift zu ändern, dass bei Stimmengleichheit der Vorschlag abgelehnt ist, halte ich nicht für nachvollziehbar. Der Vorschlag, bei Stimmengleichheit die Abstimmung zu einem späteren Zeitpunkt zu wiederholen und noch nicht mal zu sagen, in welchem Zeitraum dies stattfinden soll, ist abenteuerlich. Zur Demokratie gehört, dass eine Abstimmung verloren wurde, wenn keine Mehrheit erreicht wird.

Insgesamt bin ich zwar der Meinung, dass richtige Dinge ruhig öfter mal gesagt werden können – aber nicht unbedingt im 3-Wochen -Takt. Grund für diesen hingeschusterten Gesetzentwurf scheint mir vorwiegend zu sein, dass für den Kongress der AfD zur direkten Demokratie im Mai in Dresden noch Aktivitäten in diese Richtung nachgewiesen werden müssen.