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Sabine Niels spricht zur Sicherungsverwahrung

Redemanuskript als PDF

- Es gilt das gesprochene Wort !

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!

Wir sprechen heute über die Sicherungsverwahrung und sind mit dem Gesetz in der 2. Lesung. Dem vorausgegangen ist eine Anhörung im Rechtsausschuss am 21. Februar. Ich werde einmal ein Angebot an Danny Eichelbaum schicken und vielleicht eine Nebentätigkeit bekommen für die entsprechende Weiterbildung, die ich ihm gewähre. An dem Tag hat kein Abgeordneter der CDU irgendeine Frage an die Anzuhörenden gehabt, es gab keinen einzigen Wortbeitrag. Absolut interessant ist, dass deswegen aus der Not heraus Herr Koldehoff, ein Ministeriumsmitarbeiter, zitiert wurde, der in Berlin sprach. Das finde ich für einen Brandenburger Landtagsabgeordneten ganz interessant, mal so aus der Not geboren. Das Zitat war sinngemäß, Herr Koldehoff hätte gesagt, selbst wenn die Gefahr eines Rückfalls bestünde, müsse man dem Prinzip der Freiheitsorientierung folgen und einen Sicherungsverwahrten auch ab und zu unter Begleitung in die Freiheit bringen.

Was ist eigentlich ein Rückfall? Auch der Diebstahl von Waren in einem Kaufhaus, die nicht Mundraub sind, ist ein Rückfall. Bei der Definition von Rückfall ist es nämlich nicht so, dass nur die schweren Straftaten gemeint sind, für die derjenige seine Strafe verbüßt hat, sondern da sind sämtliche Straftaten gemeint, also im Grunde genommen auch, wenn er - schlecht überwacht - in der Sicherungsverwahrung das Internet nutzt und einen Download vollzieht, der nicht legal ist. Das ist auch ein Rückfall.

Da bin ich beim nächsten Punkt: Herr Eichelbaum, es ist auch so, dass es sich nicht um Straftäter handelt, vor der wir die Bevölkerung schützen, sondern es handelt sich um Menschen, die ihre Strafe verbüßt haben, die ihre Haftzeit hinter sich haben und die lediglich eine Prognose zu einer besonderen Gefährlichkeit bekommen haben. Es handelt sich also um potenzielle Straftäter. Das ist das Problem in dieser Rechtskonstruktion, dass für diejenigen, die in der Sicherungsverwahrung sind, die Chance, als nicht gefährlich eingestuft zu sein, irgendwann einmal ziemlich gering ist, weswegen übrigens hier im Brandenburger Landtag am 21. Februar - Sie waren dabei - einer der Anzuhörenden darauf hingewiesen hat, dass es besser wäre, wenn unser Bundesgesetzgeber den Zeitraum der Sicherungsverwahrung vielleicht auf ein Maximum von zehn Jahren festlegt, und dass da unbedingter Handlungsbedarf besteht.

Eigentlich waren wir uns darüber einig. Insofern bin ich über Ihre Rede heute ziemlich überrascht, weil ich dachte, wir hätten den Prozess der parlamentarischen Auseinandersetzung schon geführt.

Ich muss sagen, dass ich mit dem Gesetz, das wir hier vorliegen haben, sehr zufrieden bin. Die Bedenken, die zum Thema Sicherheit vorgetragen wurden, auch vom Bund der Strafvollzugsbediensteten, dass die Begleitung der Sicherungsverwahrten in der Freiheit vielleicht so ausgehen könnte, dass man sie nicht genügend beaufsichtigt, wurden auch aufgehoben.

Wir hatten noch dazu das Problem, dass man in dem Trakt, der in Brandenburg an der Havel vorgesehen ist, einmal für acht Sicherungsverwahrte, auf der anderen Seite für zehn Sicherungsverwahrte, die Zelle zuschließen kann. Andere Länder haben es so gelöst, dass man nachts grundsätzlich schließt. Hier ist es eine Kannbestimmung.

Dann gab es eine Frage zur Sicherheit innerhalb der Sicherungsverwahrung, auch zur Sicherheit der Bediensteten. Das hat man in der Anhörung auch gelöst. Wir haben einiges zum Datenschutz geregelt, und wir haben - Linda Teuteberg sagte es, ich finde es auch sehr gut - eine Berichtspflicht eingeführt, die uns ermöglicht, das Thema regelmäßig zu debattieren und nicht nur im Rahmen einer engeren Evaluation, sondern im parlamentarischen Prozess weiter an dem Gesetz zu feilen.

Nichtsdestotrotz sehe auch ich hier eine zu geringe Ausstattung mit Personal. Ich sehe auch immer diese zwei Themen, einmal die Sicherheit nach außen und einmal die innerhalb der Anstalt an sich. Insofern muss man auch für die Sicherheit derjenigen, die im Vollzugsdienst arbeiten, genügend Personal zur Verfügung stellen und nicht nur für die Therapieangebote, die natürlich auch viel Personal brauchen.

Wir haben im Verfahren immer wieder darauf hingewiesen, dass eigentlich das Trennungsgebot besteht, also Strafgefangene müssen getrennt von Sicherungsverwahrten untergebracht werden, aber die Sicherungsverwahrten können sehr wohl an Maßnahmen zusammen mit den Strafgefangenen teilnehmen. Insofern ist es ein ganz guter Synergieeffekt, dass wir in der JVA Brandenburg an der Havel diese Einrichtung ausbauen bzw. errichten.

Ich danke den Mitgliedern aller Fraktionen für die konstruktive Zusammenarbeit. Zugleich begrüße ich es, dass auch in der heutigen Debatte auf Folgendes hingewiesen worden ist - insbesondere Linda Teuteberg hat es gesagt -: Wir müssen dafür sorgen, dass dieses Gesetz Akzeptanz findet und nicht gegen die - unbedingt auszubauenden - Hilfsangebote für Opfer ausgespielt wird. Es darf nicht sein, dass Opfer ihre Therapien selbst bezahlen müssen, während Menschen in der Sicherungsverwahrung und im Strafvollzug für die Therapien ein Entgelt bekommen. Das ist ein Problem, das deutlich sichtbar auf dem Tisch liegt. Obwohl man darüber an anderer Stelle diskutieren muss: Es ist sehr wichtig, das Problem im Auge zu behalten. - Danke.