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Sabine Niels spricht zum bündnisgrünen Antrag "Resozialisierung von Straftätern verbessern" (mit CDU und FDP)

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>>> Antrag "Resozialisierung von Straftätern verbessern"

- Es gilt das gesprochene Wort !

Sehr geehrte Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Mit dem heute vorliegenden Antrag „Resozialisierung von Straftätern verbessern" wollen wir erreichen, dass die Resozialisierung während der Haft und nach der Haft auf festere Beine gestellt wird. Resozialisierung für Menschen in Justizvollzugsanstalten, in Gefängnissen ist ein Prozess, der am ersten Tag der Haft beginnt und dann endet, wenn die Straftäterin, der Straftäter ein selbstständiges Leben in unserer Gesellschaft führt, ohne gegen Gesetze zu verstoßen. Das Ziel ist klar: Frauen und Männer in der Haft so zu fördern, dass sie ein selbstständiges Leben in Freiheit führen können, ohne Gesetzesbrüche zu begehen, und sie auch nach der Haft intensiv fachlich zu begleiten.

Seit 2006 obliegt den Ländern die Möglichkeit, den Justizvollzug selbst zu regeln. Diese Möglichkeit sollten wir unbedingt nutzen, um qualitative Standards rechtssicher festzulegen. Nur dann lässt sich der Erfolg des Zieles Resozialisierung, wie es seit 1977 als Bestandteil des Strafvollzugsgesetzes verankert ist, messen. Eines ist klar: Die Gefangenen von heute sind unsere Nachbarn von morgen. Wenn sich also Resozialisierung nachhaltig auswirkt, in der Zukunft also keine erneuten Straftaten verübt werden, trägt das auch zur Sicherheit in der Gesellschaft bei.

Also muss während der Haft alles investiert werden, was nötig ist, um jemanden sozusagen wieder auf die gerade Bahn zu bringen.

In Unfreiheit ein selbstständiges, rechtskonformes Leben für die Freiheit einzuüben, stellt eine ganz besondere Herausforderung dar. Daher bedarf es unbedingt der Fortbildung und regelmäßigen Supervision der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im allgemeinen Vollzugsdienst. Die gute methodische Ausbildung ist eine wichtige Voraussetzung für die Arbeit in den Justizvollzugsanstalten.

Eine andere erforderliche Grundlage bilden die Therapieangebote im regulären Strafvollzug, die unbedingt erweitert werden müssen, worauf der Bund der Strafvollzugsbediensteten Deutschlands auch immer wieder hinweist. Besonders für Personen mit Suchtproblemen müssen Drogentherapien angeboten werden.

Wir hören allerdings schon heute von Einschränkungen im Freizeitbereich in Brandenburger Justizvollzugsanstalten. Angebote wie Sport können heute teilweise nicht mehr begleitet werden, weil das Personal fehlt. Das ist auch deswegen bedauerlich, weil Sport wichtig für die Gesundheit ist und zudem eine Möglichkeit bietet, aktiv Gruppenprozesse zu erleben und zu gestalten.

Warum wollen wir, dass sich die innervollzuglichen Bildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen an wissenschaftlichen Kriterien orientieren? Die Wissenschaft hat in Langzeitstudien Zusammenhänge zwischen den Maßnahmen im Vollzug und der Wahrscheinlichkeit der Verübung wiederholter Straftaten herstellen können. So ist zum Beispiel die Rückfallquote bei Personen, die in der Haftanstalt einer Arbeit nachgingen, geringer als bei denen ohne Arbeit. Die Rückfallquote war allerdings bei denjenigen, die an einer Qualifizierungsmaßnahme teilnahmen, noch einmal deutlich geringer.

Resozialisierung ist ein Prozess, der ganz besonders auch in den ersten Monaten nach der Haft, der sogenannten kritischen Übergangszeit, intensiv begleitet werden muss. In diesem Zeitraum ist das Risiko für eine erneute Straftat besonders hoch. Daher wollen wir, dass eine Abteilung im Justizministerium die fachliche Aufsicht über den Strafvollzug, die forensischen Ambulanzen und die Sozialen Dienste der Justiz bündelt.

Ich möchte mit einem Zitat von Michael Diehl schließen, der sich auf der Seite www.knast.de mit dem Thema Resozialisierung beschäftigt hat.

„Resozialisierung bedeutet in erster Linie einmal Arbeit. Die wenigsten Gefangenen sind in der Lage, sich selbst zu resozialisieren. Hierzu brauchen sie Hilfe, die nicht darin bestehen kann, dass man sie bis zu 23 Stunden täglich sich selbst überlässt."

Ich danke für die Aufmerksamkeit.

[...]

Herr Schöneburg, Sie haben sehr schön dargestellt, dass aus der Arbeitsgruppe zwei Bundesländer ausgestiegen sind. Das liegt daran, dass diese Länder bereits ein Justizvollzugsgesetz verabschiedet haben. Der lange Prozess in diesem Hohen Hause, dass wir uns in dieser Wahlperiode über verschiedene Themen - unter anderem über Resozialisierung - unterhalten, hat im Oktober 2010 begonnen. Dort fand die konstituierende Sitzung statt.

Sehr geehrter Herr Kuhnert von der SPD, sehr geehrte Frau Mächtig von der Linken, wir sind die Legislative, wir sind die gesetzgebende Gewalt. Insofern ist es doch vollkommen legitim, wenn es eine vom Minister eingerichtete Arbeitsgruppe gibt, die sich inhaltlich zum Thema Resozialisierung beschäftigt, auch mit anderen Bundesländern zusammen, und wir als Legislative, als Landtag sagen: „In diese oder jene Richtung soll es aus Brandenburger Sicht gehen." Nicht, dass wir warten müssen und nichts tun, bevor ein ministerieller Entwurf vorliegt. So verstehe ich uns nicht.

Was ist eigentlich im Oktober 2010 geschehen? Frau Mächtig und die gesamte Fraktion DIE LINKE traf auf die sehr kompetente Fraktion der SPD. Das Arbeitspapier, das Herr Kuhnert angesprochen hat, ist von 2007. Daran sehen Sie, dass Ihr Lob nicht unberechtigt war. Ich habe wirklich sehr gut recherchiert. Jedoch ist daraus kein Antrag erwachsen.

Wenn im Koalitionsvertrag 2010, sehr geehrter Herr Fraktionsvorsitzender Holzschuher, drinsteht, dass Sie überprüfen, ein Resozialisierungsgesetz auf die Beine zu stellen, dann ist es so, dass wir mit unserem Antrag zeitlich vollkommen in der richtigen Schiene liegen. Zudem haben wir überhaupt nicht die Einrichtung einer Arbeitsgruppe gefordert, Herr Kuhnert. Lesen Sie einfach nochmals Punkt 2, dann kommen Sie auch darauf: Auf einen Entwurf verständigen mögen sich mehrere Bundesländer. Dass es verschiedene Arbeitsgruppen gibt, das wissen wir ebenfalls.

Mir ist hier und heute vollkommen unklar, Herr Kuhnert, liebe SPD, warum Sie erwarten, dass wir einen Antrag mit einem Neuigkeitswert vorbringen, und warum mir vorgeworfen wird - von hinten durch die Brust -, dass ich etwas gesagt hätte, was bekannt ist. Wenn es einen solchen fachlich-inhaltlichen Konsens gibt, warum geben wir dann nicht Minister Schöneburg den Auftrag, für die restlichen Monate in der Arbeitsgruppe die Kriterien, die wir vorgeschlagen haben, einzubringen? - Danke.