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Sabine Niels spricht zum Antrag "Einrichtung einer Schlichtungsstelle Bergschaden Braunkohle in Brandenburg"

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- Es gilt das gesprochene Wort!

Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste,

bei diesem Tagesordnungspunkt geht es um die Einrichtung einer Schlichtungsstelle für Bergschäden.

Es ist vollkommen richtig, dass wir diese Tagesordnungspunkte - die Beweislastumkehr und die Schlichtungsstelle - getrennt haben, vor allem, da ich jetzt die Gelegenheit habe, Frau Hackenschmidt oder vielleicht sogar der gesamten SPD-Fraktion noch einmal etwas zu ihrem eigenen Entschließungsantrag zu sagen sowie auch der FDP-Fraktion und Herrn Tomczak, warum die Beweislastumkehr die Notwendigkeit einer Schlichtungsstelle keineswegs erübrigt.

Es ist nämlich so, dass es in Nordrhein-Westfalen seit 2009 eine Schlichtungsstelle für diejenigen gibt, die vom Steinkohlebergbau betroffen sind, und es ist übrigens auch so, dass dem nicht alle Bergbaubetreiber beigesprungen sind, aber doch der große Teil, und man festgestellt hat, dies führt zu einer erhöhten Akzeptanz der Unternehmen. Bei der Steinkohle ist es nämlich bisher so, dass man für eine bestimmte Art von Schäden an Haus und Hof, wenn man in der Nähe des Steinkohlebergbaues lebt, im Schadensfall sagen kann: Ich bekomme eine Entschädigung.

Aber es ist doch wohl so, dass auch dort ein Ungleichgewicht besteht, dass nämlich die Bergbaubetreiber finanziell viel eher in der Lage sind, nachzuweisen, dass der Schaden keineswegs mit ihrem Steinkohlebergbau zu tun hat, sondern mit ganz anderen Ursachen. Insofern ist es auch dort für die Bevölkerung notwendig, dass man eine Schlichtungsstelle einrichtet, damit keine langen, teuren und nervenaufreibenden Gerichtsverfahren stattfinden, sondern ein Rechtsfrieden hergestellt wird.

Ich habe dazu Zahlen mitgebracht. Im Jahr 2011 wurden zum Beispiel 93 Fälle behandelt. 180 Fälle wurden beantragt, für 93 hat man die Zuständigkeit in der Schlichtungsstelle erklärt, und im Wert von 730 000 Euro wurden 2011 alle diese Streitfälle beigelegt - übrigens zum großen Teil im Sinne der Geschädigten. 2012 waren das für die Steinkohle 90 von 99 Fällen mit einem Gesamtwert von 740 000 Euro bei einer Bearbeitungszeit von ungefähr vier Monaten. Wir werden also auch, wenn wir im nächsten Tagesordnungspunkt und dann später im Bundestag und im Bundesrat die Beweislastumkehr erreicht haben, nicht umhinkommen, uns über Schlichtungsverfahren zu unterhalten.

Noch etwas: Dass ich zum Beispiel als Sprecherin für Bergrecht in der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN heute erst zu diesem und dem nächsten Tagesordnungspunkt spreche, hat auch einen Grund darin, dass sich die Betroffenen nicht getraut haben zu sagen: Hier ist meine Datenlage, so sieht es aus. Vattenfall hat mir über Jahre meinen Bergschaden nicht anerkannt. Ich brauche Hilfe vonseiten der Politik.

Wir haben aus Nordrhein-Westfalen von Herrn Jochen von der Heyde (?) gehört, dass diese Problematik auch in NRW besteht. Es ist so, dass Bürgerinnen und Bürger Angst haben, ihre Verhandlungsposition gegenüber dem Bergbaubetreibenden zu verschlechtern, wenn sie auf die Straße gehen, und sie haben es sich erst jetzt getraut. Ich bin sehr froh und stolz, dass es jetzt wirklich klappt und wir hier nicht für irgendeine Lobby sprechen. Wir haben in unseren Räumen auch eine Ausstellung dazu und das Ganze fotografisch dokumentiert.

Es ist leider so, dass das Landesbergamt zum Beispiel auch Daten hat, so wie Vattenfall Daten zu den geologischen Bedingungen hat. Frau Schulz-Höpfner hat das erklärt. Es geht bei den Bergschäden vor allem um die Ursachen durch die gesamte Grundwasserabsenkung durch die Sümpfungen. Es ist so, dass das Landesbergamt bisher noch nicht einmal einbezogen wurde, Vattenfall also wirklich ganz allein mit den Geschädigten verhandelt. Dabei kann natürlich eine Schlichtungsstelle wirklich helfen, obwohl die Verfahren nicht transparent sein werden. In Nordrhein-Westfalen ist es auch keineswegs so. Es sind natürlich - ähnlich wie in einem Gericht - Verfahren, die in geschlossenen Räumen stattfinden.

Bei dieser Schlichtungsstelle für die Braunkohle, die es in Nordrhein-Westfalen gibt und die seit 2010 arbeitet, hat man für ungefähr 600 000 Euro bisher 87 Fälle - das sind weit weniger - in den letzten Jahren mit einer durchschnittlichen Bearbeitungsdauer von drei Monaten behandelt. Es sind insgesamt weniger Fälle, da der Braunkohletagebau weniger Menschen betrifft, als es bei der Steinkohle der Fall ist, deshalb muss ich sagen: auch deswegen zwei Tagesordnungspunkte. Wir können hier überlegen, ob wir in Brandenburg diese Schlichtungsstelle einrichten, obwohl wir die Beweislastumkehr nicht haben - analog zu Nordrhein-Westfalen mit den dortigen sehr guten Erfahrungen; dort ist es übrigens das Unternehmen RWE Power, welches sich beteiligt -, und wir können uns in dem anderen Tagesordnungspunkt über die Beweislastumkehr unterhalten.

Ich muss allerdings noch einen Jubel an die SPD und DIE LINKE loswerden. Ich finde es ganz toll, dass Sie so einen guten Entschließungsantrag geschrieben haben. Ich sehe das als einen riesen Fortschritt und freue mich auch schon auf den Bericht der Landesregierung im III. Quartal dieses Jahres. Vielen herzlichen Dank! Ich sehe, es ist ein Lämpchen aufgegangen und es hat ein Umdenken stattgefunden.

Zwischenfrage von Sabine Niels zur Rede von Minister Christoffers:

Ist Ihnen bekannt, dass in der Schlichtungsstelle Nordrhein-Westfalen neben dem Vorsitzenden Richter die beiden ehrenamtlichen Richter von denjenigen ausgewählt werden, die dem Netzwerk für Bergbaugeschädigte angehören bzw. von diesen ernannt wurden? Ist Ihnen auch bekannt, dass es bei der Wahl der Sachverständigen genau die von Ihnen geschilderte Problematik gibt, aber man dort auf einen Pool zurückgreift, der von beiden Seiten anerkannt ist?

Minister Christoffers:

Frau Kollegin, ich habe die gesamte Struktur und die Einschätzung der Tätigkeit der Schlichtungsstelle 2010 vorliegen ‑ selbstverständlich ist mir das bekannt. Ist Ihnen bekannt, dass es in Brandenburg, anders als in Nordrhein-Westfalen, beispielsweise noch keinen Verein oder eine andere Institution von Betroffenen gibt, die genau diese Forderung dann auch umsetzen kann?

Ich habe davon gesprochen, dass das Bergrecht in Brandenburg zwei Seiten hat ‑ das unterscheidet es von Nordrhein-Westfalen. Für den Altbergbau vor der deutschen Einigung muss das DDR-Bergrecht in Ansatz gebracht werden; das geht aus dem Einigungsvertrag hervor. Ich weiß, dass das einige immer wieder infrage stellen, aber es ist schlicht und ergreifend eine Tatsache. Für den Teil des aktiven Bergbaus danach gilt das Bundesberggesetz.

Wenn man also eine solche Schlichtungsstelle oder eine adäquate Institution einrichtet, Frau Niels, dann muss man natürlich dafür sorgen, dass es auch eine allgemein akzeptierte Stelle ist. Das ist doch völlig klar. Deswegen ist der Weg, den Nordrhein-Westfalen mit der Schlichtungsstelle gegangen ist, ein Weg, der für Nordrhein-Westfalen auch gangbar gewesen ist. Ob dies auch bei uns der richtige Weg wäre, werden wir prüfen; das sieht der Antrag der Koalitionsfraktionen vor. Lassen Sie uns das prüfen, und dann werden wir sicherlich auch dem Landtag den geforderten Bericht im dritten Quartal vorlegen. ‑ Vielen Dank.