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Marie Luise von Halem spricht zum Gesetzentwurf der Fraktionen SPD-Fraktion, CDU, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN „Gesetz zur Änderung des Ersten Gesetzes zur Ausführung des Achten Buches Sozialgesetzbuch – Kinder- und Jugendhilfe“

>> Zum Gesetzentwurf „Gesetz zur Änderung des Ersten Gesetzes zur Ausführung des Achten Buches Sozialgesetzbuch – Kinder- und Jugendhilfe“ (pdf-Datei)

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Gäste! Herr Königer, wir wollen Ihnen das Grundrecht abweichender Meinung überhaupt nicht absprechen – weder Ihnen noch Ihrer ganzen Fraktion.

(Zuruf von derAfD: Doch!)

Ich kann Ihnen aber schon deutlich sagen, dass der Auftrag, den mir meine Wählerinnen und Wähler mitgegeben haben, nicht bedeutet, bei einem so heiklen Thema wie den unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen darüber zu diskutieren, wer als erstes abgeschoben werden soll und was das Süppchen dieser oder jener Person mit dieser oder jener Religionszugehörigkeit den brandenburgischen Staat eigentlich kostet.

(Beifall B90/GRÜNE und DIE LINKE - Königer [AfD]: Sie haben doch nur halb so viele Wähler wie wir!)

– Entschuldigen Sie einmal: Ja, das mag schon sein. Das heißt aber nicht, dass mir nicht deren Auftrag auch wichtig ist und vielleicht doppelt so wichtig ist.

(Königer [AfD]: In vier Jahren werden Sie noch weniger sein!)

Die gute Nachricht zu dem, was wir hier heute machen, ist: Wir setzen dieses Bundesgesetz, das im Oktober beschlossen worden ist, schnell um. Wir setzen es gemeinsam mit vier Fraktionen – immerhin vier Fraktionen! – in diesem Landtag um. Die schlechte Nachricht ist, dass wir zu diesem Thema im April schon einmal einen Beschluss hier in diesem Landtag gefasst haben, und zwar einen Beschluss mit SPD, Linken und uns Bündnisgrünen gemeinsam.

Wir haben damals damit gerechnet, dass ausgehend von den 80 unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen, die wir in der Zeit davor hatten, ein Zuwachs auf ungefähr 400 zu erwarten sei. Aus diesen damals erwarteten 400 unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen sind mittlerweile 1.500 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge geworden.

Die Vorbereitung der Jugendämter – das ist völlig deutlich – ist unzureichend, wenn auch deutlich geworden ist, dass diese Jugendämter mehrheitlich – so ist zumindest mein Eindruck – wirklich guten Willens sind. Seit April aber, seit der Verabschiedung dieses Antrages, der ziemlich genaue Rahmenbedingungen darüber festgelegt hat, welche Schritte die Landesregierung gehen soll, bis jetzt ist wirklich so gut wie nichts geschehen.

Wir brauchen dringend eine gute medizinische, soziale Betreuung und therapeutische Möglichkeiten für diese Jugendlichen. Wir brauchen eine Anbindung an einen adäquaten Sozialraum und Bildungszugänge sowie Ausbildungsperspektiven. Wir brauchen einheitliche Clearingverfahren. Herr Baaske hat immer wieder gesagt, das sei nicht möglich, denn wir hätten noch keine Erfahrung. Das ist so nicht ganz richtig, denn wir haben ALREJU und wir haben das Jugendamt in Oder-Spree, die sehr gute Erfahrungen gemacht haben. Wir tun sehr gut daran, gemeinsam mit denen und dem Bundesverband unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge zügig Standards zu entwickeln.

Darüber hinaus brauchen wir qualifiziertes Personal, Personal für die Jugendämter. Auch das wissen wir. Vor dieser Aufgabe stehen wir. Das haben wir noch nicht gelöst. Wir wissen auch, dass das, was wir hier heute machen, nur eine erste Grundsteinlegung sein kann. Wir brauchen ein flexibles Verständnis von Gesetzesnormierung und Verwaltungshandeln, Fehlerfreundlichkeit. Wir brauchen eine positive Feedback-Kultur in diesem Bereich und eine niedrige Hemmschwelle, Gesetze, auch wenn sie neu sind, schnell wieder zu ändern, wenn es nötig ist. Drittens brauchen wir noch etwas mehr Tempo, als es die Landesregierung bis jetzt an den Tag gelegt hat.

(Beifall B90/GRÜNE sowie vereinzelt DIE LINKE)

>> Zum Gesetzentwurf „Gesetz zur Änderung des Ersten Gesetzes zur Ausführung des Achten Buches Sozialgesetzbuch – Kinder- und Jugendhilfe“ (pdf-Datei)

Der Gesetzentwurf wurde in den Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport überwiesen.