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Michael Jungclaus spricht zum Antrag von Bündnis90/Die Grünen „Anbau von Genmais 1507 in Brandenburg, Deutschland und Europa verhindern“

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- Es gilt das gesprochene Wort! –

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, liebe Gäste!

Wir haben den vorliegenden Antrag eingebracht, weil wir möchten, dass die Landesregierung all ihre Möglichkeiten ausschöpft, um eine Zulassung des Maises 1507 auf EU-Ebene zu verhindern.

Die Versprechungen der Agrogentechnik, die Erträge zu steigern, den Pestizideinsatz zu verringern und den Hunger in der Dritten Welt zu bekämpfen, haben sich als nicht haltbar erwiesen! Sie sind nichts anderes als leere Versprechungen. Die Fakten sehen anders aus:

- Gentechnik bringt keine höheren Erträge, hier sind eher lokal angepasste Sorten gefragt.

- Gentechnik verringert auch nicht den Pestizideinsatz. Im Gegenteil: Durch Resistenzbildungen müssen immer mehr Pestizide auf die Äcker ausgebracht werden. Mit verheerende Folgen für die Umwelt. Eine Studie in England ergab beispielsweise, dass die Anzahl und Vielfalt von Wildkräutern auf und neben Ackerflächen mit Genanbau um 40 Prozent verringert sind.

- Langzeitwirkungen auf die Umwelt sind ebenso ungeklärt wie Auswirkungen von gentechnisch veränderten Lebensmitteln auf die menschliche Gesundheit.

- Und, Gentechnik führt zu erheblichen Abhängigkeiten der landwirtschaftlichen Betrieben von den Saatgut-Konzernen.

Es gibt also ausreichend Gründe, Gentechnik auf dem Acker abzulehnen, Agrogentechnik ist und bleibt ein Irrweg!

Wir sind daher froh, dass gentechnisch veränderte Pflanzen derzeit nicht in Deutschland kommerziell angebaut werden. Mit der Zulassung der Maislinie 1507 kann dies jedoch bald schon wieder Geschichte sein!

Auch wenn Brandenburg keine unmittelbare Entscheidungskompetenz hat, halten wir es für unabdingbar, dass sich Landtag und Landesregierung klar gegen eine Zulassung des Genmais 1507 positionieren und diese Position auch auf Bundes- und EU-Ebene deutlich zum Ausdruck bringen.

Wir haben hier ja mit dem Beschluss vom September 2011 zumindest schon mal das positive Zeichen gesetzt, dass es keine Gentechnik auf landeseigenen Flächen in Brandenburg geben wird und wir die gentechnikfreien Regionen in Brandenburg unterstützen. Vor dem Hintergrund des aktuellen Anlasses halten wir es aber auch für dringend geboten, hier noch einmal ein klares Zeichen in Hinblick auf den Genmais 1507 gegenüber dem Bund und der EU zu setzen.

Die Bundesregierung hat sich bisher nicht im Sinne der Verbraucherinnen und Verbraucher verhalten. Am 11. Februar hat sie mit ihrer Enthaltung im EU-Ministerrat dazu beigetragen, dass uns nun eine Zulassung für die gentechnisch veränderte Maislinie 1507 droht. Hiermit hat Frau Merkel gegen den Koalitionsvertrag verstoßen, in dem es heißt: „wir erkennen die Vorbehalte des Großteils der Bevölkerung gegenüber der grünen Gentechnik an“. Der Koalitionsvertrag ist ihr anscheinend schnuppe. Sie handelt nach eigenem Gutdünken und knickt gegenüber der Gen-Lobby ein.

Für eine Zulassung des Genmaises 1507 hat sich über eine Enthaltung im EU-Ministerrat aber nicht nur die Bundesregierung ausgesprochen, auch die Bundestagsabgeordneten von CDU und SPD unterstützen leider bislang den Anbau von Genmais in Europa.

Da hilft dann auch nicht die Forderung nach Länderverboten oder regionalen Verboten. Eine absolute Mogelpackung, denn bisher existieren EU-rechtlich noch überhaupt keine Möglichkeiten, Verbote auf Bundesländerebene oder Regionalebene zu erlassen.

Die diskutierte opt-out-Regelung, die ein Verbot durch die Mitgliedsstaaten ermöglichen soll, hat die Bundesregierung allerdings bisher nicht unterstützt.

Solch eine Politik kann man nur als verantwortungslos bezeichnen, insbesondere vor dem Hintergrund, dass 90 Prozent der Deutschen genmanipulierte Lebensmittel ablehnen. Die Bundesregierung scheut sich, hier Flagge zu zeigen und will die Probleme auf die Bundesländer abwälzen. Das lehnen wir definitiv ab!

Wir fordern, dass alle bestehenden Möglichkeiten ausgeschöpft werden, um eine Zulassung zu verhindern. Dafür muss sich die Landesregierung bei der Bundesregierung und über den Bundesrat einsetzen und gerne auch ein deutliches Schreiben in Richtung EU-Kommission senden.

Ein EU-weites Verbot ist für uns die erste Wahl. Wir wollen keinen Flickenteppich. Weder innerhalb der EU noch auf Ebene der Bundesländer.

Wir halten das derzeitige Zulassungsverfahren auf EU-Ebene für absolut unzureichend. Die Risikobewertung ist lückenhaft, neue Forschungsergebnisse werden nicht berücksichtigt, es werden keine Langzeitwirkungen auf die Umwelt untersucht, der notwendige Pestizideinsatz wird ausgeklammert und Auswirkungen auf Nichtzielorganismen nicht näher betrachtet.

Dabei müssten auch die ökonomischen Auswirkungen von Gentechnik dringend erfasst werden, denn jede neue Gen-Pflanze treibt die Kosten für gentechnikfreie Landwirtschaft und die Lebensmittelproduktion in die Höhe.

Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit - ist leider so eng mit der Gentechnik-Lobby verbandelt, dass eine objektive Betrachtung der Risiken mehr als fraglich scheint.

Wir fordern, dass das Zulassungsverfahren juristisch überprüft werden muss sowie, dass die Landesregierung die Unzulänglichkeiten des Verfahrens klar benennt und sich für eine Optimierung einsetzt.

Nationale Anbauverbote können nur das Mittel der zweiten Wahl sein. Und hier bedarf es vor allem einer rechtssicheren Möglichkeit für die Mitgliedsstaaten.

Die bisherige Möglichkeit über die Schutzklausel der EU-Freisetzungsrichtlinie halten wir für unzureichend und angreifbar. Denn sie erfordert, dass neue wissenschaftliche Erkenntnisse bezüglich der Risiken für Mensch und Umwelt vorliegen müssen, die zum Zeitpunkt der Zulassung noch nicht bekannt waren.

Trotzdem sollte auch diese bestehende Chance genutzt werden und weitergehende Untersuchungen zu den Risiken des Genmais 1507 auf den Weg gebracht werden.

Wir halten den Beschluss des Europäischen Parlaments vom Juli 2011 für eine gute Grundlage, auf der hinsichtlich nationaler Anbauverbote aufgebaut werden sollte.

Im Bundesrat haben sich schon einige Bundesländer mit eigenen Entschließungsanträgen zum Thema klar positioniert. Bayern, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg sowie Nordrhein-Westfalen.

Leider ist Brandenburg hier noch nicht initiativ geworden. Wir fordern die Landesregierung mit unserem Antrag daher auf, sich mit einem klaren Votum im Sinne unseres Antrages einzubringen und sich primär für ein EU-weites Verbot auszusprechen.

Erst in einem nächsten Schritt sollte dann eine rechtssichere Möglichkeit für Anbauverbote durch die Mitgliedsstaaten eingefordert werden. Den Vorschlag der Europäischen Kommission, dass Mitgliedsstaaten mit Saatgutkonzernen verhandeln müssen, wenn es zu nationalen Anbauverboten kommen soll, halten wir allerdings für inakzeptabel. Damit würden wir uns zum Spielball der Saatgut-Konzerne machen.

Die Entschließungsanträge der Bundesländer wurden in die Ausschüsse überwiesen, es bietet sich jetzt also eine gute Gelegenheit, dass sich auch Brandenburg mit einem klaren Votum im Sinne der Verbraucherinnen und Verbraucher einbringt.

Daher würde ich mich freuen, wenn Sie den vorliegenden Antrag ebenfalls unterstützen.

Vielen Dank.