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Michael Jungclaus spricht zum Antrag von SPD und DIE LINKE „Auftragsverwaltung für die Bundesfernstraßen erhalten“

- Es gilt das gesprochene Wort!

Anrede!

Nahezu alle Verkehrsexperten in den Bundesländern – ausgenommen natürlich die der CDU - betrachten das Vorhaben der Bundesregierung eine Bundesfernstraßengesellschaft zu gründen mit einem mehr oder weniger großen Maß an Skepsis.

Eine Bundesfernstraßengesellschaft würde ÖPP-Projekte zum Nachteil der Steuerzahler begünstigen, könnte zu ineffizienten Doppelstrukturen führen und vermutlich die Bürgerbeteiligung verschlechtern – so die nahezu einhellige Meinung.

Ein richtiger und wichtiger Schritt war daher die Schaffung der Kommission "Bau und Unterhaltung des Verkehrsnetzes" im Juli dieses Jahres.

Diese wird bis Februar 2016 verschiedene Szenarien analysieren und bewerten und das Ergebnis auf einer Verkehrsministerkonferenz Ende Februar vorstellen.

Bis dahin sollte der Bund sein Konzept für eine Bundesfernstraßengesellschaft ruhen lassen.

Grundsätzlich begrüßen wir den Ansatz des vorliegenden Antrags, sich mit dem Thema auch hier in Landtag kritisch auseinander zusetzen da er ein auch für Brandenburg wichtiges Thema auf die Tagesordnung setzt.

Nicht nachvollziehen können wir jedoch, dass der Antrag nicht in den Infrastrukturausschuss zur weiteren Beratung überwiesen werden soll. Zumal hier auch überhaupt keine Eile geboten ist.

Vor Februar 2016 wird der Endbericht der Kommission nicht vorliegen. Und klar ist auch, dass für eine Änderung der Bundesauftragsverwaltung im Fernstraßenbau im Bundesrat eine Zweidrittelmehrheit notwendig ist.

Die Länderkammer schließlich, sieht in dieser Legislaturperiode keinen Entscheidungsbedarf.

Daher hätten wir, liebe Kolleginnen und Kollegen, also ausreichend Zeit und Gelegenheit um über dieses Thema in Ruhe im Ausschuss zu sprechen und entsprechende Sachverständige anzuhören.

Das Straßennetz in Brandenburg umfasst etwa 12.200 Kilometer, davon 794 Kilometern Autobahnen und 2.767 Kilometer Bundesstraßen.

Dieses Fernstraßennetz muss ebenso wie die Landstraßen stets erhalten und Engpässe nach Bedarf beseitigt werden.

Die Straßenbaukompetenz liegt bei den Ländern. Und auch in Brandenburg kommt es dabei häufig zu erheblichen Kostenexplosionen.

In den vergangenen zehn Jahren waren allein die gebauten Bundesstraßen und Autobahnen in Brandenburg im Schnitt um 73 Prozent teurer als geplant. Dabei entstanden immerhin Mehrkosten von über 500 Millionen Euro.

Die Landesregierung hat die Kosten für den Bau von Autobahnen und Bundesstraßen entweder - bewusst oder unbewusst - viel zu niedrig angesetzt oder sie hat ihre Aufsichtspflicht bei der Kostenkontrolle vernachlässigt.

Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang auch ein Bericht des Landesrechnungshofs zum Landesbetrieb in dem er feststellt:

„Bisher stützte sich das Ministerium bei seiner mittelfristigen Planung auf ein vom Landesbetrieb Straßenwesen Brandenburg erstelltes und jährlich fortgeschriebenes Projektprogramm.Diesem fehlte es aber insbesondere an einer

Dringlichkeitsbewertung der vorgesehenen Straßenbaumaßnahmen.“ ZITATENDE

Ebenfalls problematisch bei den vielschichtigen Aufgaben (Finanzierung, Planung, Bau, Unterhaltung und Betrieb) ist die Zuständigkeitsverteilung zwischen Bund und Ländern.

Wir können also nicht so tun, also ob es keine Probleme im Straßenbau gäbe. Die Weiterentwicklung der Auftragsverwaltung oder eine Kombination aus Auftragsverwaltung mit einer zentralen Finanzierungsgesellschaft können dabei zu diskutierende Varianten sein, wie diese zu beheben sind.

Es ist niemanden geholfen, wenn von vornherein bestimmte Vorschläge ausgeschlossen werden. Eine Anhörung im zuständigen Ausschuss wäre in auch angesichts der Tatsache, dass in Brandenburg ca. 600 km Bundesstraßen einen mittel- und langfristiger Sanierungsbedarf aufweisen, mehr als hilfreich.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der Fraktionen SPD und Die Linke,

ich habe das starke Gefühl, dass sie sich bei diesem Thema ziemlich treiben lassen. Wir haben ja nun vermutlich alle in den vergangenen Wochen Dutzende von Briefen und Mails von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen des Landesbetriebs für Straßenwesen erhalten, in denen wir dazu aufgefordert wurden uns für den Erhalt der Auftragsverwaltung und gegen die Bundesfernstraßengesellschaft auszusprechen.

Ich würde mir trotzdem wünschen wenn Sie der Versuchung widerstehen mit einem Schaufensterantrag ohne fachlich Auseinandersetzung eine Position festzuzurren.

Lassen sie sich nicht treiben, sondern geben uns die Zeit um dieses Thema gemeinsam mit Experten und Expertinnen im Fachausschuss zu diskutieren.

Ich danke Ihnen!