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Michael Jungclaus spricht zum Antrag der SPD-Fraktion und der Fraktion DIE LINKE „Zukunft des Schienenpersonenfernverkehrs sicherstellen“

- Es gilt das gesprochene Wort!

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Gäste,

um es gleich vorwegzunehmen: Wir begrüßen den vorliegenden Antrag und werden ihm daher natürlich auch zustimmen. Sicherlich haben wir hier in Brandenburg diverse eigene Baustellen wenn es um Attraktivitätssteigerung beim Schienenverkehr geht. Kritik und Änderungsvorschläge aus unseren Reihen sind daher auch zukünftig sowohl berechtigt wie auch notwendig. Aber es gehört eben auch zur Wahrheit, dass die ganz großen und entscheidenden Weichen im Bund gestellt werden.

Und das beginnt schon bei der Frage: Wo fängt eigentlich der Schienenpersonenfernverkehr an und wo hört der Nahverkehr auf?

Die bestehenden Regelungen sind mehr als dürftig und entsprechen schon lange nicht mehr den tatsächlichen Begebenheiten. Im Personenbeförderungs- wie auch im Regionalisierungsgesetz steht, dass es sich um Nahverkehr handelt, wenn in der Mehrzahl der Beförderungsfälle die gesamte Reiseweite 50 Kilometer oder die gesamte Reisezeit eine Stunde nicht übersteigt. Im Umkehrschluss ist also alles, was diese Kennzahlen überschreitet, Fernverkehr und somit Zuständigkeit des Bundes. Jetzt kommt das große ABER: der Schienenpersonenfernverkehr ist eigenwirtschaftlich zu betreiben und die Deutsche Bahn als Wirtschaftsunternehmen in privat-rechtlicher Form zu führen.

Was dann mit Verkehrsangeboten passiert, die unter die Kategorie Schienenfernverkehr fallen müssten, aber nicht eigenwirtschaftlich zu betreiben sind, mussten wir in den vergangenen Jahren leidvoll miterleben. Das Angebot wurde radikal zusammengestrichen. Ehemalige Interregio-Züge, die noch ein großes Netz an Brandenburger Städten angefahren haben, sind von der Bildfläche verschwunden. Stattdessen konzentriert sich die Deutsche Bahn auf den lukrativeren Fernverkehr, von dem aber leider Brandenburgs Städte weitgehend abgekoppelt sind. Selbst in der Landeshauptstadt Potsdam gibt es keinen ICE-Halt mehr - die Deutsche Bahn hat gestern eine weitere Gelegenheit dazu verstreichen lassen.

Es ist schon paradox, dass man derzeit selbst für die meisten Verbindungen Richtung Süden von der Landeshauptstadt Potsdam erst einmal in die entgegengesetzte Richtung zum Knotenpunkt Berlin fahren muss.

Das Nachsehen dieser ganzen Entwicklung haben ganz klar die Bundesländer.

Ehemalige Fernverkehrsleistungen müssen vom Land bestellt werden, ohne dass der Bund hierfür auskömmliche Mittel zur Verfügung stellt. Und dadurch gerät auch die Bestellung eines guten Nahverkehrsangebotes im ganzen Land mehr und mehr unter die Räder. Hinzu kommt, dass die Deutsche Bahn AG den Großteil der Gelder sowieso gleich wieder über Trassen- und Stationsentgelte abschöpft, hier gilt das Prinzip linke Tasche - rechte Tasche und von Jahr zu Jahr bleiben immer weniger Mittel für die tatsächlichen Verkehrsleistungen übrig. Man kann zusammenfassend nur feststellen: die Bundesregierung hat kein sonderlich großes Interesse am Schienenpersonenverkehr. Das zeigen nicht zuletzt ja auch die aktuellen Verhandlungen um die Regionalisierungsmittel. Und die Bundesländer dürfen das ausbaden.

Auch mit Blick auf die Klimaschutzziele müssen wir endlich die Wettbewerbsverzerrungen im Fernverkehr zu Ungunsten der Bahn beseitigen

Es darf doch beispielsweise nicht sein, dass die Bahn auf ihren Energieverbrauch Steuern und EEG-Umlage zahlt, während Flugbenzin nach wie vor steuerbefreit ist. Oder Fernbusse mautfrei unsere vollen Autobahnen noch mehr verstopfen, die umweltfreundliche Bahn dahingegen ständig steigende Trassenpreise zahlt.

Da ist es dann auch kein Wunder, dass wir bei den Klimaschutzzielen im Bereich Verkehr bisher so gut wie gar nichts erreicht haben – im Gegenteil.

Wir brauchen daher den Schulterschluss der Bundesländer gegenüber dem Bund.

Wir brauchen eine klare Abgrenzung zwischen Nahverkehr und Fernverkehr und erwarten, dass der Bund endlich wieder stärker seine Verantwortung für den Fernverkehr wahrnimmt. Wir unterstützen daher besonders die Forderung, dass alle Oberzentren und Städte mit besonderer Verknüpfungsfunktion im Regionalverkehr an den Schienenfernverkehr angeschlossen werden. Die Regeln des Marktes alleine werden jedenfalls mit Sicherheit nicht zu einer Verbesserung des Bahnangebots in der Fläche führen.

Wir stimmen dem Antrag also zu und wünschen der Verkehrsministerin bei den weiteren Gesprächen auf Länder- und Bundesebene viel Durchsetzungskraft und Erfolg!

Vielen Dank