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Michael Jungclaus spricht zum Antrag der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und CDU „Fahrgastzahlen veröffentlichen – Transparenz im ÖPNV verbessern“

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Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Liebe Gäste! Der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg vermeldet Jahr für Jahr steigende Fahrgastzahlen. Über 1,3 Milliarden Menschen waren im vergangenen Jahr im ÖPNV unterwegs. Das ist erfreulich. Jubeln können wir dennoch nicht, denn die positive Entwicklung im berlinnahen Raum täuscht darüber hinweg, dass die Angebots- und Nachfragesituation in den ländlichen Regionen alles andere als rosig aussieht.

Die Landesregierung hat in der letzten Legislaturperiode ca. 60 Bahnstationen mit weniger als 50 Ein- und Aussteigenden pro Tag als nachfrageschwache Bahnstationen deklariert und deren Erhalt infrage gestellt. Das ist immerhin jeder fünfte Bahnhof in Brandenburg. In den betroffenen Regionen sorgt die damit einhergehende Diskussion um Bahnhofsschließungen und Streckenstilllegungen verständlicherweise für Unruhe, und ich frage mich, wie Sie die Abwanderung aus den ländlichen Regionen stoppen wollen, wenn Sie gleichzeitig ernsthaft in Erwägung ziehen, das ohnehin schon dünne Bahnangebot dort noch weiter auszudünnen.

(Beifall B90/GRÜNE)

Im Gegenteil, wir sollten uns doch darauf konzentrieren, über mögliche Potenziale zu reden, wie den Umstand, dass der BBU erst kürzlich den gegenüber Berlin vergleichsweise günstigen Wohnungsmarkt anpries oder beim Stichwort Tourismus die Tatsache, dass zwei Drittel aller Berlinerinnen und Berliner keinen eigenen Pkw besitzen. Dies sind nur zwei Beispiele dafür, dass auch in den ländlichen Regionen noch genügend ungenutzte Potenziale zur Steigerung der Fahrgastzahlen vorhanden sind. Wir sollten also endlich aufhören, immer nur über die vermeintlich geringen Zahlen von Fahrgästen zu jammern, und stattdessen von den vielen Menschen sprechen, die den ÖPNV bisher noch nicht nutzen.

Um neue Konzepte und Kooperationen auf den Weg zu bringen, bedarf es jedoch einer vernünftigen Datengrundlage, die Aufschluss über die Entwicklung der Fahrgastzahlen gibt - genau daher dieser Antrag. Die Antwort der Landesregierung auf unsere diesbezügliche Anfrage lautete bisher: „Einzeldaten zu jeder Station sind betriebsinterne Daten der Eisenbahnunternehmen, die zur allgemeinen Veröffentlichung nicht freigegeben sind.“

Da muss man sich doch fragen: Wer arbeitet hier eigentlich für wen? Das Land Brandenburg finanziert den öffentlichen Personennahverkehr mit jährlich 400 Millionen Euro über die Regionalisierungsmittel des Bundes und vergibt Leistungen an die Verkehrsunternehmen. Sie geben die Spielregeln vor, und falls nicht, sollten wir uns ernsthaft darüber Gedanken machen, wie das Selbstverständnis des Verkehrsministeriums ist.

(Zuruf B90/GRÜNE: Ja!)

Trotzdem versuchen Sie uns ernsthaft zu erklären, dass Fahrgastzahlen Betriebsgeheimnis sind. Na ja. Aber vielleicht wird die neue Ministerin hier einen anderen Weg gehen. In Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern ist man in Sachen Transparenz weiter - da lohnt ein Blick über die Landesgrenze - und sieht kein Problem darin, konkrete Zahlen zu veröffentlichen.

Bislang ist allerdings kein Kurswechsel in Sicht. In der letzten Ausschusssitzung sah sich die Ministerin beispielsweise nicht in der Lage, zu beantworten, ob es mit dem Fahrplanwechsel tatsächlich mehr Bestellungen gab, wie es diverse euphorische Pressemitteilungen suggerierten. Dabei wären genau diese Informationen schon äußerst interessant, hatte Ihr Vorgänger, Minister Vogelsänger, immer die Parole ausgegeben: „Keine Mehrbestellung ohne Kürzung an anderer Stelle“. Wenn es hier einen Kurswechsel gibt, Frau Ministerin Schneider, sollten Sie diesen in Ihrer Rede ansprechen, falls nicht, aber bitte auch.

(Beifall B90/GRÜNE und CDU - Heiterkeit B90/GRÜNE)

Wir stehen jedenfalls für ein transparentes Brandenburg, in dem sich die Menschen informieren können und vor Ort im wahrsten Sinne des Wortes mitgenommen werden. Was Sie in diesem Bereich bisher machen, ist leider Geheimniskrämerei gegenüber dem Parlament und den Bürgerinnen und Bürgern. Wir geben aber die Hoffnung nicht auf, dass sich dies ändert, und bitten daher um Zustimmung zum vorliegenden gemeinsamen Antrag.

(Beifall B90/GRÜNE und CDU)

Noch kurz zum Antrag von SPD und DIE LINKE. Natürlich haben wir nichts gegen ein Mobilitätskonzept, aber wenn, dann bitte mit Sinn und vor allem mit Inhalt. Sie haben hier aber mit schnell zusammengeschusterten Wischi-waschi-Forderungen etwas vorgelegt, nur um vom ursprünglichen Tagesordnungspunkt mit einer sehr konkreten Forderung abzulenken und sich damit genau vor dieser Entscheidung zu drücken. Da der Antrag aber auch nicht schadet, werden wir uns enthalten. - Vielen Dank.

(Beifall B90/GRÜNE und CDU)

Der Antrag wurde abgelehnt.