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Michael Jungclaus spricht zum Antrag „Erneuerbare Energien weiter ausbauen – Klimaschutz und wirtschaftliche Entwicklung positiv miteinander verknüpfen“ der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

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- Es gilt das gesprochene Wort! -

Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste,

das Energie-autarke Dorf Feldheim bekommt eine Batterie. Die größte Batterie Deutschlands. Mit der Batterie steigt die Versorgungssicherheit Feldheims sowie die von ganz Brandenburg. Denn dieser Speicher wird am Regelenergiemarkt in Brandenburg teilnehmen. Solche Nachrichten wie auch die permanenten Rekordergebnisse bei der Erzeugung Erneuerbarer Energien zeigen es deutlich: Die Brückenfunktion der Braunkohle steuert mehr und mehr ihrem Ende entgegen. Das Argument der energiepolitische Notwendigkeit taugt nicht mehr.

Andererseits treibt uns die Endlichkeit fossiler Energieträger sowie der voranschreitende Klimawandel an, mehr für den Klimaschutz zu tun. Wegen des notwendigen, wie auch absehbaren Ende der Braunkohle, brauchen wir dringend einen verlässlichen Ausbau der Erneuerbaren Energien wie auch der Speichertechnologien.

Doch der in den Bundestag eingebrachte Gesetzentwurf für eine Reform des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes, stellt genau diese Verlässlichkeit des Ausbaus in Frage. Dabei hat gerade Brandenburg viel zu verlieren.

Unser Antrag dient also unmittelbar den Interessen Brandenburgs.

Auch wenn unser Land seine einst weltweit führende Solarindustrie bereits zum großen Teil verloren hat, gibt es noch viele Betriebe im Land, die Solaranlagen planen, verkaufen, montieren und warten. Es gibt viele Wissensträger der Branche, die Brandenburg treu geblieben sind und auf einen neuen Aufschwung in der Solarbranche setzen. Auch Brandenburgs Hochschulen bilden weiter Fachkräfte für Erneuerbare Energien aus. Sie sind ein wichtiger Teil von Brandenburgs Zukunft, den wir nicht aufs Spiel setzen sollten.

Die Arbeitsplätze in den Unternehmen der Windkraftindustrie, der Biogasbranche sowie deren Zulieferbetrieben sind im Moment noch ein verlässlicher Faktor auf dem Brandenburger Arbeitsmarkt. Auch die Bilanz der EEG-Umlage ist für Brandenburg positiv, wie jährlich die Statistik des Bundesverbands der Deutschen Elektritätswirtschaft (BDEW) feststellt. Die Energiewende bringt Einkommen und Wohlstand nach Brandenburg.

Der Entwurf der Bundesregierung sieht nun vor, die Vergütungen zu senken und die Regeln für die Einspeisung Erneuerbaren Stroms zu verschärfen. Das begrüßen auch wir Bündnisgrüne, denn Erneuerbare Energien sind leistungsfähiger und preiswerter geworden.

Doch diese Vorteile müssen auch beim Bürger ankommen. Wirtschafts- und Energieminister Gabriel ist bedauerlicherweise an dieser Aufgabe grandios gescheitert. Das belegt sein Entwurf für eine EEG-Reform. Er setzt die bisherigen Errungenschaften - Arbeitsplätze, Investitionen und Einnahmen - aufs Spiel.

Mit dieser Gesetzesreform wird nicht die EEG-Umlage sinken, sondern es werden Arbeitsplätze in Brandenburg gefährdet. Während an der Küste dank Intervention der Nordländer die Offshore-Industrie weiter gefördert wird, fallen die Brandenburger Interessen durch den Rost.

Die Landesregierung hätte gute Argumente gehabt, um darauf zu bestehen, dass Solaranlagen mehr Investitionssicherheit bekommen. Das wäre ganz einfach zu haben, indem der sinnlose Deckel für den Zubau für Solaranlagen abgeschafft wird. Leider konzentrieren sich die Interventionen der Landesregierung beim Bund bislang aber weitgehend auf die Braunkohle.

Festhalten an der überkommenen Vergangenheit, statt Sicherung nachhaltiger und zukunftsträchtiger Arbeitsplätze in Brandenburg.

Natürlich war Solarstrom in der Vergangenheit teuer und diese Kosten müssen auch heute noch abgetragen werden. Aber wir wissen auch, dass die Kosten für Solarstrom inzwischen nur noch 9-13 Cent betragen und sich damit beinahe auf Augenhöhe mit dem Windstrom bewegen.

Und sinkende Kosten für Energiespeicher, könnten der Brandenburger Wirtschaft einen Markt für die Einrichtung von Strom-Selbstversorgungsanlagen ermöglichen und den BürgerInnen neue Möglichkeiten eröffnen ihre Stromrechnung zu reduzieren.

Leider gibt es aber auch noch andere Baustellen. Horst Seehofer hat eine Änderung des Baugesetzbuches angestoßen, die noch für viel Ärger sorgen wird. Sie soll den Ländern die Möglichkeit einräumen, die Mindestabstände zwischen Windenergieanlagen und Wohnbebauung so festzulegen, dass in Zukunft nicht mehr ausreichend Flächen Ausbau der Windstromerzeugung zur Verfügung stehen würden.

Dicht besiedelten Bundesländer werden mit dieser Regelung geradezu aufgefordert die Verantwortung für die Energiewende auf dünn besiedelte oder strukurschwache Regionen abzuschieben.

Statt aber neue Hürden aufzubauen, sollten wir die Chance nutzen, mit der EEG-Reform die Energiewende und den Klimaschutz voranzutreiben. Dazu benötigen wir auch die Möglichkeit einer direkten Vermarktung von Grünstrom aus Deutschland an den Endkunden. Das bisherige Instrument - das sogenannte Grünstromprivileg - ist nicht EU-Rechtskonform und wird deshalb auslaufen. Und zertifizierter Ökostrom kann demnächst nur noch aus dem Ausland an den deutschen Endkunden geliefert werden.

Eine absurde Vorstellung.

Energiewende war bisher einfach. Sie war auch vergleichsweise preiswert, wenn man den Kosten der Erneuerbaren Energien die historischen Subventionen für Kohle und Atom gegenüberstellt. Den ökologische Gewinn noch nicht einmal mitgerechnet. Mit der geplanten EEG-Reform wird die Energiewende komplizierter und teurer.

Auch der im Gesetzentwurf verankerte Umstieg auf Ausschreibungsmodelle bis zum Jahr 2017 ist eine nicht zu unterschätzende Gefahr. Es ist genau das Modell, das in Großbritannien zu hohen Kosten und geringen Investitionen geführt hat. Aus der Strompreisbremse von Ex-Umweltminister Altmaier ist eine Investitionsbremse geworden, die für eine Verlagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland sorgen wird.

Und von der Intention der Bundesregierung, Stromkunden zu entlasten, ist rein garnichts übrig geblieben. Der Entwurf von Gabriel bringt statt dessen eine Ausweitung der Umverteilung. Sie zieht Bürgern und kleineren Unternehmen jährlich 5 Mrd. Euro aus der Tasche um es großzügig an industrielle Großverbraucher zu verteilen.

Und damit nicht genug. Eigenstrom soll zukünftig mit der Hälfte der EEG-Umlage belastet werden - ausgenommen ausgerechnet die fossilen Kraftwerke. Die Bundesregierung hat sich damit nicht nur vom Klimaschutz, sondern auch vom Recht auf eine Selbstversorgung ohne staatliche Abgaben verabschiedet. Wenn das so weiter geht, zahlen wir demnächst auch für die selbst verzehrten Erdbeeren aus unserem Garten vermutlich eine Umlage zur Entlastung von landwirtschaftlichen Großbetrieben.

Das sollen die Menschen nun verstehen. Sie zahlen in voller Höhe die Netz- und EEG-Umlage, die beinahe die Hälfte des Strompreises auf der Stromrechnung ausmachen. Die Anlagen der Vattenfall-Mining AG dagegen, die Tagebaue in der Lausitz ausbeuten, sind davon befreit. Vattenfall hat sich auf dieses Geschenk der Bundesregierung schon seit dem letzten Jahr gezielt vorbereitet und seine Konzernstruktur entsprechend umgerüstet.

So wird das aber nie etwas. Für ein Gelingen der Energiewende werden bürgernahe, lokal umsetzbare Lösungen benötigt. Wenn die Eigenstromversorgung aus der Solaranlage vom Dach zukünftig mit Abgaben belastet wird, werden Investitionen engagierter Bürgerinnen und Bürger systematisch ausgebremst.

Und dies betrifft auch Wohnungsbaugesellschaften. Ihnen droht bisher der Entzug von Steuerprivilegien, wenn sie selbst Energie erzeugen wollen, um ihre Mieter mit preiswertem Strom vom Hausdach zu versorgen.

Mit Hilfe eines Energieversorgers, ist es in Berlin-Hellersdorf dennoch gelungen, auch Mieter mit günstigem Solarstrom vom eigenen Hausdach zu versorgen. Ein ähnliches Beispiel gibt es in Heidelberg. Auch dort werden die Mieter zu Gewinnern der Energiewende. Es wäre ein gutes Signal für niedrigere Strompreise, wenn sich auch unser Ministerpräsident bei der Bundesregierung dafür einsetzen würde, Eigenstrom für Brandenburger Wohnungsbauunternehmen und deren Mieter wirtschaftlich nutzbar zu machen.

Abschließend möchte ich noch einmal zusammenfassen:

Wenn die Energiewende gelingen soll, müssen wir bei der Überarbeitung des EEG vor allem auf folgende Punkte achten:

  • Den Einspeisevorrang der Erneuerbaren Energien langfristig sichern und eine Deckelung zur Einschränkung des Ausbaus ablehnen
  • Mit der Stichtagsregelung einen fairen Übergang schaffen
  • Die Belastung von Eigenstromverbrauch von EE-Produzenten ablehnen
  • Neben der Direktvermarktung die Option einer festen Einspeisevergütung erhalten
  • Ein räumlich differenziertes Vergütungsmodell für Photovoltaikstrom entwickeln

Um dies von Brandenburg aus zu unterstützen, bitte ich Sie dem vorliegenden Antrag zuzustimmen und damit auch ein klares Signal für Arbeitsplätze und Klimaschutz zu setzen. Vielen Dank!