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Michael Jungclaus spricht zum Haushaltsplan des Ministeriums für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz für 2013/2014

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- Es gilt das gesprochene Wort! -

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste!

Zunächst einmal möchte ich mich als Ausschussvorsitzender für die konstruktive und kollegiale Zusammenarbeit bei allen Mitgliedern des Ausschusses, der Ministerin, ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie dem Ausschussreferenten bedanken.

Theodor Heuss sagte einmal, „Das menschliche Talent, sich seinen Lebensraum zu schaffen, wird nur durch jenes übertroffen, ihn zu zerstören.“

Und wenn man sich die Ergebnisse des Weltklimagipfels in Doha so anschaut ist man geneigt ihm vorbehaltslos zuzustimmen. Schaut man auf die Prioritätenliste von Regierungen ist das Thema Umwelt oft ein lästiges Pflichtprogramm – eher angesiedelt in der unteren Hälfte. Und dies nicht nur in der großen Weltpolitik sondern genauso auf Bundes- oder Länderebene. Dabei treten die umweltpolitischen Defizite gerade in Haushaltsverhandlungen immer besonders deutlich zu Tage.

Umweltschutz hat es meist schwer sich gegen Infrastruktur, Bildung und anderen Ressorts durchzusetzen in denen Ergebnisse sich leichter messen lassen. Denn wie teuer ist eine ausgestorbene Art? Welchen Wert hat ein Hektar Totalreservat?

Das Ziel der Europäischen Union, bis 2010 den Verlust an biologischer Vielfalt zu stoppen, ist gescheitert, auch in Brandenburg. Zwar hat es in den letzten Jahren ein Umdenken gegeben und inzwischen ist auch in Gesellschaft, Politik und Wirtschaft die Erkenntnis durchgedrungen, dass Umwelt- und Naturschutz keine Entwicklungsbremse ist, sondern auch Wachstum und Arbeitsplätze schafft!

Dennoch hat sich nichts an der Tatsache geändert, dass für Groß- und Prestigeprojekte, die mitunter erheblichen Schaden an Umwelt und Natur anrichten, immer irgendwo Geld zu finden ist, aber beim Umwelt- und Naturschutz wird um jeden Cent gerungen.

Es ist doch beispielsweise geradezu lachhaft, dass wir im Umweltausschuss über 2.500,-- Euro Erhöhung für einen Titel feilschen während ohne mit der Wimper zu zucken dem Chaos-Flughafen die hundertachtzigtausendfache Summe (444 Mio) hinterhergeworfen wird!

Eine vorausschauende Politik sollte erkennen, das die Zerstörung der Natur uns teuer zu stehen kommen wird!
Bereits vor einigen Jahren hat eine internationale Studie berechnet, dass uns der Raubbau an der Natur bis zum Jahr 2050 weltweit bis zu zwei Billionen Euro kosten könnte. Der Erhalt von Ökosystem ist also deutlich preiswerter, als zerstörte Ökosystem wiederherzustellen.

Ob nun Braune Spree, Sandstürme in der Prignitz, Binnenhochwasser im Oderbruch – alles versteckte aber kostenträchtige Folgen einer falschen Klimapolitik.

Nur selten werden die Kosten dieser falschen Klimapolitik einmal konkret benannt – wie beispielsweise bei den Ausgaben für die Bergbaufolgelandschaften in unserem Einzelplan.

Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass die Rot-Rote Koalition in einem Antrag zur Bekämpfung des Eichenprozessionsspinners selbst in der Begründung als Ursache für dessen explosionsartiges Auftreten und damit auch für die damit verbunden Kosten den Klimawandel benennt.
Ich würde mir wünschen liebe Kolleginnen und Kollegen, dass sich diese Einsicht auch dann zeigt wenn es um mehr als diese widerborstige Plagegeister geht.

Aber zurück zum Einzelplan:
Selbstverständlich bleibt in Zeiten knapper Kassen auch das Ministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz nicht von Kürzungen verschont.
Seit dem Haushaltsjahr 2011 erbringt das Ministerium den auferlegten Konsolidierungsbeitrag durch eine Globale Minderausgabe. Bei einem überschaubaren Volumen mag das ja sinnvoll sein. Allerdings trägt es nicht gerade zur Transparenz bei, Einsparungen in solcher Höhe wie hier geplant hinter der Globalen Minderausgabe zu verstecken! Schon gar nicht, wenn das Ministerium ein so breites Portfolio umfasst, wie das MUGV. Haushaltsklarheit, liebe Kolleginnen und Kollegen von SPD und LINKE sieht anders aus.

Die Globale Minderausgabe für die Haushaltsjahre 2013/2014 in Höhe von jeweils 15 Millionen Euro entspricht etwa vier Prozent des Haushaltsvolumens des gesamten Einzelplanes. Nähere Erläuterungen zur den Einsparbereichen liegen aber bislang nicht vor. Das übersteigt unserer Meinung nach deutlich das Maß des noch Überschaubaren.
Deshalb fordern wir in unserem Änderungsantrag die Globalen Minderausgabe auf 5 Millionen zu senken.

Liebe Kolleginen und Kollegen, Brandenburg ist reich an Natur und schönen Landschaften – da werden mir sicherlich alle Anwesenden hier zustimmen. Aus dieser Reichhaltigkeit leitet sich aber auch eine besondere Verantwortung für die Politik in diesem Lande ab. Nämlich, Natur und Umwelt zu schützen und für zukünftige Generationen zu bewahren. Diese Verantwortung muss sich im Haushalt widerspiegeln - auch bei der Unterstützung des Ehrenamtes.

Denn der Naturschutz, nicht nur in Brandenburg, lebt in einem erheblichen Maße vom ehrenamtlichem Engagement. Deshalb möchte ich an dieser Stelle auch all den aktiven Naturschützerinnen und Naturschützern ein herzliches Dankeschön aussprechen!
Ohne ihre vielfältigen Aktivitäten der Bürgerinnen und Bürger wäre Natur- und Artenschutz nicht denkbar.

Vergangene Woche hat auch Ministerin Tack den großen Verdienst der ehrenamtlichen NaturschützerInnen in Brandenburg gelobt. Das bürgerschaftliche Engagement ist unverzichtbar, es braucht aber Anerkennung und Förderung. Worte allein nützen nichts.

Das Engagement vor Ort braucht eine verlässliche finanzielle Unterstützung. Diese gewährt der Haushaltsentwurf aber nicht ausreichend. Die für den Titel „Ausgaben für Maßnahmen des Landschafts- und Naturschutzes“ vorgesehenen Mittel liegen deutlich unter den tatsächlich anfallenden Kosten des Jahres 2011.

Deshalb bringen wir unseren Änderungsantrag für diesen Titel, obwohl er im Ausschuss abgelehnt wurde, heute erneut ins Plenum ein. Wir fordern, den Ansatz an den tatsächlichen Bedarf anzupassen und einen Puffer für zusätzliche Maßnahmen bereit zu stellen. Die hiermit durchgeführten Maßnahmen der Landschaftspflege und des Habitatmanagements sowie von Artenschutz- und Artenaushilfsprogrammen stellen einen wichtigen Beitrag zur Erhaltung der Biodiversität dar!


Und auch der Vertragsnaturschutz außerhalb von Großschutzgebieten ist eine wichtige Maßnahme zur Sicherung der Biologischen Vielfalt! Doch auch hierfür lagen in den Jahren 2009 und 2010 die im Haushalt veranschlagten Mittel deutlich unter den tatsächlichen Kosten, 2011 wurde der Kostenrahmen nahezu vollständig ausgeschöpft. Dennoch wurde der Änderungsantrag, die Mittel für den Vertragsnaturschutz um 200.000 Euro pro Jahr aufzustocken im Ausschuss abgelehnt.

Wenn man nun angesichts dieser Zahlen meint, mehr kann man im Bereich Umwelt nicht kürzen hat man die Rechnung ohne die FDP gemacht. Sie bringen es doch tatsächlich fertig den äußerst knappen Rahmen im Umweltbereich ein noch engeres Korsett anlegen zu wollen. Angesichts der Unmengen von Schlaglöcher auf Brandenburgs Straßen erliegen Sie der Versuchung populistisch die beiden wichtigen Bereiche Umwelt und Infrastruktur gegeneinander auszuspielen. Sie wollen mal eben 9 Millionen Euro vom Naturschutz in den Straßenbau stecken und bedienen damit auf eine völlig unverantwortliche Art und Weise ein Klischee von vorgestern, das Naturschutz als Verhinderung von Wachstum und Wohlstand definiert hat. Glücklicherweise stehen Sie mit diesem überholten Bild inzwischen allein auf weiter Flur.

Ich komme zum Bereich Gesundheit. Zentral für die gesundheitliche Versorgung in Brandenburg sind wie anderorts auch die Krankenhäuser. Sie sind Kristallisationspunkte der gesundheitlichen Versorgung. Und wir haben eine gesetzliche Verpflichtung zur wirtschaftlichen Sicherung unserer Krankenhäuser. Dieser Zuständigkeit muss durch Planung der Krankenhauskapazitäten sowie der Finanzierung bedarfsnotwendiger Investitionen entsprochen werden.
Nun wird durch das Krankenhausentwicklungsgesetz (das wir ja später noch ausgiebig diskutieren und verabschieden werden) festgelegt, dass die Krankenhäuser den Investitionsbedarf durch eine Investitionspauschale zugestellt bekommen. 80 % nach Leistungskriterien, 20 % nach förderhistorischen Gesichtspunkten, sowie durch eine Vorabinvestitionspauschale von jeweils 250.000 € für Krankenhäuser der Grundversorgung.
Ohne entsprechende Verpflichtungsermächtigungen können aber den Krankenhäusern lediglich die im Haushalt zugesagten Investitionspauschalen ausgereicht werden! Für 2013 sind 63 Mio. sowie für 2014 53 Mio. eingestellt! Und dann - gähnende Leere! - bis zum Beschluss des Haushalts 2015!

Liebe Frau Tack, so werden Sie der gesetzlichen Verpflichtung zur Sicherstellung der Krankenhäuser nicht gerecht! Dies ist keine verlässliche Krankenhausentwicklungspolitik! Sie können, selbst wenn sie wollten, 2015 keine Investitionspauschalen für die Krankenhäuser ausgeben, da haushaltsrechtlich die Voraussetzungen fehlen!

Zum Abschluss noch einige Worte zum Verbraucherschutz der unserer Auffassung nach am stiefmütterlichsten behandelte Bereich des Ministeriums.

Denn die „Verbraucherpolitische Strategie“, die die Ministerin vorgelegt hat, hat ihren Namen im Grunde nicht verdient. In diesem Papier werden weder konkrete Maßnahmen benannt, noch werden Kosten aufgelistet, geschweige denn Finanzierungsquellen angegeben. Von Strategie kann also keine Rede sein!

Aber immerhin benennt die Ministerin das Ziel ihrer Politik: „Mündige Verbraucher“. Verbraucherinnen und Verbraucher können aber nur dann mündig sein und verantwortungsbewusste Konsumentscheidungen treffen, wenn sie über ausreichend Informationen verfügen. Und genau an diesen mangelt es bislang.

Ein erster Schritt für mehr Transparenz im Verbraucherschutz wäre die Veröffentlichung der Ergebnisse der Lebensmittelkontrollen.
Anfang November legte das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) seinen Jahresbericht 2011 vor. Darin rügt es rund jeden vierten Betrieb. Seit Jahren liegt die Beanstandungsquote in diesem hohen Bereich. Und das ist auch nicht weiter verwunderlich, denn bislang fehlt es an Anreizen für die Betriebe ihre Hygienestandards zu verbessern.


Das Beispiel Dänemark zeigt, dass die Veröffentlichung der Kontrollergebnisse zur Lösung dieses Problems beitragen kann: Seit der Einführung des Smiley-Systems im Jahr 2001 hat sich die Zahl der beanstandeten Fälle halbiert.

Da die Einführung solch einer Hygieneampel auf Bundesebene ja nun gescheitert ist, ist die Landesregierung nun wieder da, wo sie vor zwei Jahren schon einmal war: Wir fordern daher die Ministerin auf, endlich auf Landesebene aktiv zu werden und für mehr Transparenz in der Lebensmittelkontrolle zu sorgen! Beispielsweise durch die Einführung einer Negativliste, die auf der Seite des Ministeriums veröffentlicht wird. Diese sollte durch das System der Smileys, ergänzt werden die ebenfalls auf der Internetseite des Ministeriums veröffentlicht und darüber hinaus, für jeden sichtbar, in den Betrieben ausgehängt werden.

Bisher hat sich Ministerin Tack ja immer mit Verweis auf eine bundeseinheitliche Regelung herausgeredet und damit viel Zeit verloren. Nun gibt es keine Ausreden mehr! Werden Sie hier also endlich auf Landesebene aktiv, Frau Ministerin!

Ob nun Umwelt, Gesundheit oder Verbraucherschutz: Zusammenfassend kann man sagen, dass diese für das Wohl der Brandenburgerinnen und Brandenburger so elementar wichtigen Aufgabenbereiche eigentlich eine herausragende Stellung in der Landespolitik einnehmen müssten. Denn hier geht es um nichts weniger als den Erhalt unserer Lebensgrundlage.

Bei allem Verständnis für die Einsparbemühungen der Koalitionsfraktionen:
Vom vorliegenden Haushaltsentwurf kann man ablesen, dass dieser Bedeutung in den nächsten zwei Jahre nicht nachgekommen werden kann.

Unsere Fraktion wird ihm daher nicht zustimmen. Vielen Dank!