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Michael Jungclaus spricht zur Großen Anfrage unserer Fraktion "Die 'neue' Flugroutendivergenz und der tatsächliche Fluglärm des BBI"

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>>> Die Große Anfrage und Antwort der Landesregierung

- Es gilt das gesprochene Wort ! -

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, liebe Gäste,

Der zukünftige Fluglärm des BBI ist aktuell eines der wichtigsten Themen für die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes. Dies spiegelt sich nicht zuletzt auch in den zahlreichen Bürgerinitiativen wider, die im Umkreis des Flughafens von immer mehr besorgten Menschen in den letzten Jahren und Monaten initiiert wurden.

Schlaflose Nächte, erhöhte Risiken für Herz-Kreislauferkrankungen, Lernstörungen bei Kindern oder der Wertverlust der eigenen Immobilie sind, wie wir wissen, nur einige Folgen, die den Anwohnerinnen und Anwohnern drohen.

Auch wenn die Mitglieder der Landesregierung meist nur von einem „Ausbau" des Flughafens sprechen: Dieses Projekt hat zur Folge, dass sich der Flugverkehr am Standort Schönfeld nahezu versechsfachen wird.

Wir sind der Auffassung, dass die Landesregierung bei diesem Vorhaben in der Vergangenheit, aber auch aktuell die Interessen der Bürgerinnen und Bürger nur unzureichend wahrnimmt und eine transparente Politik in höchstem Maße verfehlt.

Auch wenn inzwischen von immer mehr Seiten die Parole ausgegeben wird, dass der Schutz der Bevölkerung vor Fluglärm Vorrang vor der Wirtschaftlichkeit haben muss: Allein uns fehlt der Glaube.

Und durch die Antwort auf unsere Große Anfrage zum Thema Flugroutendivergenz und Fluglärm am BBI sehen wir uns darin bestätigt.

Die Landesregierung gibt zu, bereits 1998 von der notwendigen Divergenz der Abflugrouten von 15° bei Parallelstarts gewusst zu haben. Der unabhängige Betrieb der beiden Start- und Landebahnen wurde 2004 durch die Planfeststellungsbehörde festgestellt. Somit war bereits früh klar, dass es zu abweichenden Flugrouten kommen würde. Der Öffentlichkeit wurde diese Tatsache auch von Seiten der verantwortlichen Politiker unglaubliche zwölf Jahr lang verschwiegen. Gemeinden, die sich vor Fluglärm in Sicherheit glaubten, wurden erst letztes Jahr eines Besseren belehrt.

Weiterhin wurden das Planfeststellungsverfahren zum Flughafen und alle hiermit verbundenen Gutachten auf der Grundlage von geraden Starts und Landungen verfasst und somit auf unzutreffenden Annahmen. Hätte die Landesregierung von Anfang an die Karten offen auf den Tisch gelegt, wären die Ergebnisse der Gutachten hinsichtlich der Auswirkungen mit Sicherheit anders ausgefallen.

In vielen Ihrer Antworten auf unsere Anfrage versuchen Sie, sich aus Ihrer Verantwortlichkeit herauszuwinden. Sie verweisen nur darauf, dass die Flugrouten außerhalb der luftrechtlichen Planfeststellung kurz vor Eröffnung des Flughafens durch das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung nach Vorarbeiten der Deutschen Flugsicherung festgelegt werden. Sicher haben Sie als Landesregierung zwar keine Kompetenz, die Flugrouten selbst festzulegen. Ihre Aufgabe wäre es aber gewesen, die Menschen in Brandenburg ausreichend über den tatsächlichen Planungsstand des Flughafens zu informieren.

Was wir fordern, ist eine transparente und ehrliche Politik. Dies wird aber auch mit den aktuellen Flugroutendiskussionen nicht erreicht. In Ihrer Antwort verdeutlichen Sie selbst, dass es keine exakten Flugrouten geben wird. Statt dessen werden die Flugzeuge ab einer Höhe von 1500m in mehrere Kilometer breiten Korridoren fliegen. Den Bürgerinnen und Bürgern werden aber statt dessen weiterhin mit immer neuen Schaubilderchen Flugroutenstrecken ähnlich wie Straßen vorgegaukelt. Tatsächlich reden wir aber von einem Lärmteppich, der ganze Regionen bedecken wird.

Bei vielen unserer Fragen vermissen wir deutliche Antworten, womit wir wieder bei der mangelnden Transparenz wären. So können Sie uns beispielsweise in Frage 6 nicht beantworten, welche rechtsverbindlichen Fluglärmbelastungen für die Gemeinden innerhalb der Fluglärmregion entstehen. Belastungen durch Anflugrouten werden weiterhin vollkommen ignoriert.

Auf Frage 14 zur Erstellung der bisher fehlenden Lärmausbreitungskarten bekommen wir gar keine Antwort. Dabei ist die Landesregierung in der Pflicht, Lärmausbreitungskarten vorzulegen. Da hier nichts passiert, fangen schon erste Regionen – wie z.B. Berlin-Köpenick – an, Lärmausbreitungskarten in Auftrag zu geben.

Weiterhin können Sie uns nicht auf unsere Frage Nr. 7 antworten, wie viele Menschen durch abkurvende Flugvarianten im unabhängigen Parallelbetrieb bei 360.000 Flugbewegungen gegenüber den im Planfeststellungsbeschluss ermittelten Belastungen verlärmt werden. Die Antwort wird vertagt, da weder die zukünftigen Flugrouten, die Verteilung der Flugbewegungen noch die eingesetzten Flugzeugmuster bekannt sind.

Da fragt man sich doch, auf welcher Datengrundlage hier ein verlässlicher Lärmschutz für die Bürgerinnen und Bürger erfolgen soll, wenn die eigentlichen Entscheidungen erst kurz vor der Eröffnung getroffen werden? Von der Beantragung von passiven Lärmschutzmaßnahmen bis zur Installation benötigt die Flughafen Schönefeld GmbH nach eigenen Angaben 12 Monate. Wie sollen Anwohnerinnen und Anwohner ihren Anspruch geltend machen, wenn Sie erst vier Monate vor der Eröffnung erfahren, dass sie anspruchsberechtigt sind?

In der Antwort auf unsere Frage 18 dann gibt die Landesregierung ungeniert zu, „wie wichtig" ihr der Lärmschutz ist. So heißt es, die prognostizierten Flugbewegungen seien nur zu bewältigen, wenn ein unabhängiger Parallelbetrieb möglich wäre. Die Landesregierung wird deshalb nicht darauf drängen, dass die Flughafen GmbH auf den Parallelbetrieb verzichte. In Ihrer Antwort auf Frage 13 geben Sie dann aber merkwürdigerweise zu, dass die genehmigten 360.000 Flugbewegungen auch bei abhängigem Flugbetrieb möglich seien.

Und in ihrer Antwort auf Frage 31 bekennt sich die Landesregierung dann dazu, dass der BER, wie angekündigt, am 03. Juni 2012 in Betrieb gehen wird. Ob alle Lärmschutzmaßnahmen bis zu diesem Zeitpunkt ordnungsgemäß umgesetzt werden, bleibt offen. Und ohne diese Umsetzung ist die Eröffnung keinesfalls sicher.

Tatsache ist, dass Ihre Beantwortung in weiten Teilen nicht das Papier wert ist auf dem sie steht und Sie können davon ausgehen, dass wir Ihnen einen umfangreichen Nachfrage-Katalog übergeben werden. Und zwar so lange und so oft, bis die Fakten auf dem Tisch liegen.

Vielen Dank!