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Michael Jungclaus spricht zum Haushaltsplan des Ministeriums für Infrastruktur und Landwirtschaft für 2013/2014

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- Es gilt das gesprochene Wort! -

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste!

Die Infrastrukturpolitik der rot-roten Landesregierung machte bislang vor allem mit Fehlplanungen, Kostenexplosionen und Geldverschwendung auf sich aufmerksam. Zu Lande, zu Wasser und in der Luft sind Beispiel hierfür zu finden:

Der Wertverlust im Landesstraßennetz weil noch immer auf Neubau gesetzt wird, wo doch die Gelder eigentlich komplett in den Erhalt des Bestands fließen müssten oder die S-Bahn, deren schlampige und zu späte Ausschreibung Millionen kostet, weil jetzt Übergangslösungen finanziert werden müssen. In der Lausitzer Seenlandschaft ein Überleiter der statt 6,5 Millionen inzwischen bei 51 Millionen angelangt ist,
Und natürlich der Flughafen, bei dem jetzt bereits über 1,2 Mrd. Mehrkosten genannt werden. Diese Geldverschwendung muss ein Ende haben! Denn während durch Fehlplanungen und fragwürdige Prestigeprojekte massig viel Geld verschwendet wurde, fehlt es an anderer Stelle dringend. Auch in der Infrastruktur, die Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge ist. Doch leider beweist der vorgelegte Entwurf für den Doppelhaushalt erneut, dass es Rot-Rot an vorausschauender Politik mangelt.

Wir alle wissen, das Land muss sparen. Dennoch ist die Koalition offensichtlich nicht wirklich bereit dazu. Denn der vorgelegte Haushaltsentwurf der Regierung sieht vor, dass die strukturellen Einsparungen im Haushaltsjahr 2014 scheinbar ausschließlich im Einzelplan 11 geleistet werden. Aber auf Ausgaben für Infrastruktur kann auf Dauer nicht verzichtet werden. Folglich werden sie nur aufgeschoben. Und in der Regel werden sie dann, wenn sie sich absolut nicht mehr vermeiden lassen, deutlich teurer, als wenn man zu einem früheren Zeitpunkt eingegriffen hätte. Das betrifft sowohl den ÖPNV als auch die Straßeninfrastruktur.

Von den vermeintlichen Einsparungen sind innerhalb des Infrastrukturhaushaltes im wesentlichen nur der ÖPNV sowie die Strukturförderung in der Landwirtschaft betroffen. Aber da es sich bei der Strukturförderung lediglich um noch nicht benannte Kofinanzierungsmittel für EU-Gelder handelt, trifft es faktisch einzig und allein den ÖPNV. Hier sollen 15 Millionen Euro eingespart werden! Und zwar im Titel „Betriebskostenausgleich an öffentliche Leistungsersteller im Schienenpersonennahverkehr.

Diese Politik, führt im Bereich ÖPNV zu einer kontinuierlichen Verschlechterung, die dem Land und damit den Steuerzahlern in ein paar Jahren teuer zu stehen kommen wird! Dazu gibt es zahlreiche Expertenaussagen, aber auch mit dem normalen Menschenverstand lässt sich das schnell begreifen:

Im ÖPNV setzen Sie eine Abwärtsspirale in Gang: Zuerst wird die Taktzahl verringert. Dadurch sinkt das Fahrgastaufkommen, weil immer mehr Menschen gezwungen werden, aufs Auto umzusteigen. Und mit dem geringen Fahrgastaufkommen werden dann weitere Bahnhofsschließung oder die Abbestellung einer weiteren Strecke begründet.

Hier mangelt es sowohl an Ideen als auch an klaren Konzepten. Bestes Beispiel für die Ideenlosigkeit ist der Landesnahverkehrsplan. Es wurde nun von verschiedenen Seiten deutlich und häufig genug gesagt: Der ländliche Raum braucht neue, innovative Verkehrskonzepte! Hier besteht die Möglichkeit, Brandenburgs Zukunft zu gestalten! Und wenn schon keine eigenen Impulse kommen, dann sorgen Sie doch bitte wenigstens dafür, dass die Landkreise und kreisfreien Städte den nötigen finanziellen Spielraum bekommen, um hier aktiv werden zu können! Zum Beispiel durch eine Weitergabe der Zuwächse bei den Bundeszuschüssen für den Regionalverkehr! Die Chance ist da: Der entsprechende Änderungsantrag steht ja heute erneut zur Abstimmung.

Doch fehlen Ihrer Verkehrspolitik nicht nur die Visionen, es mangelt ihr auch an klaren Konzepten. Bürgerinnen und Bürger, die von Bahnhofsschließungen betroffen sind, fühlen sich weder ernst genommen noch ausreichend informiert. Das ist auch der Tatsache geschuldet, dass es keine transparenten Kriterien gibt, anhand derer Entscheidungen über Bahnhofschließungen, Taktausdünnungen oder Streckenabbestellungen getroffen werden. Welche Rolle genau spielt das Fahrgastaufkommen? Inwiefern wird beispielsweise die touristische Bedeutung der Haltepunkte berücksichtigt? Gerade weil die Bestellung der Verkehrsinfrastruktur schnell zu einem Wunschkonzert ausartet und die Menschen den Eindruck gewinnen können, wer am lautesten schreit, bekommt am meisten, sind in diesem Politikbereich klare Konzepte besonders notwendig.

Die Landesregierung hatte zu Beginn dieser Legislaturperiode „die Gewährleistung einer nachhaltigen Mobilität der Bevölkerung“ als Ziel formuliert. Davon ist sie leider immer noch sehr weit entfernt. Das Rückrad einer nachhaltigen Verkehrspolitik ist der Schienenverkehr. Deshalb ist eine stärkere Umverteilung von der Straße auf die Schiene notwendig! Der ÖPNV gehört genauso wie ein funktionierendes Straßennetz zur öffentlichen Daseinsvorsorge! Es kann nicht sein, dass sich die Landesregierung beim ÖPNV gänzlich auf Bundeszuweisungen verlässt.

Zu einer nachhaltigen Verkehrspolitik gehört neben dem ÖPNV aber auch das Fahrrad als zentrales Element. Es gibt keine kostengünstigere Maßnahme zur CO2- Einsparung im Bereich Verkehr, als den Ausbau des Radverkehrs. Doch um den Anteil des Radverkehrs zu erhöhen, sind zwei Aspekte unabdingbar: 1. Bestehende Radwege müssen Instand gehalten werden und 2. Es müssen neue Radwege gebaut werden. Bisher sind die Mittel für Radwege Titel „Straßenplanung und Straßenbau“ enthalten. Im Sinne einer höheren Transparenz fordern wir hierfür einen eigenständigen Titel.

Es ist zugegebener Maßen nicht das erste Mal, dass wir einen eigenen Titel für Radwege fordern. Doch Haushaltswahrheit und -klarheit liegt uns eben sehr am Herzen und deswegen werden wir das auch weiterhin fordern. Politik lebt ja bekanntlich von Wieserholungen. Und warum sollte nicht auch beim Radverkehr das gelingen, was beim Mobilitätsticket gelungen ist? Zwar ist der Titel immer noch im falschen Haushalt, aber immerhin ist mit einem eigenen Titel für Haushaltswahrheit schon mal gesorgt. Das begrüßen wir außerordentlich und da muss man ja dann auch mal loben können. Dies, liebe Abgeordnete der Koalition war eine gute Entscheidung.

Kommen wir zur Straßeninfrastruktur. Instandhaltung bedeutet hier momentan größtenteils Schlaglöcher stopfen. Werden aber aufgrund knapper Mittel immer und immer wieder nur Schlaglöcher gestopft, verschlechtert sich der Zustand sanierungsbedürftiger Straßen immer mehr. Bis es schließlich nicht mehr geht und die Straße aus Sicherheitsgründen gesperrt werden muss.

Um die Kosten langfristig doch etwas zu drücken versucht der Minister nun einzelne Landesstraßen auf Kreisstraßen herab zu stufen und sie in die Verantwortung der Kreise zu übergeben. Auch das ist keine Lösung des Problems, denn auch die Kreise leiden ja bekanntermaßen ebenfalls nicht an zu prall gefüllten Kassen. Doch die Landräte sind ja glücklicherweise schlau genug, sich keinen Bären aufbinden zu lassen. Dieser Versuch der Landesregierung wird also weitgehend erfolglos bleiben.

Abhilfe würde hier eine bilanzielle Erfassung der Straßeninfrastruktur des Landes schaffen. Auf einer solchen Grundlage könnten Sie, Herr Minister, das Heft wieder in die Hand nehmen und handeln. Doch stattdessen wird der Kopf in den Sand gesteckt und gehofft, dass alles nicht so schlimm kommen wird wie befürchtet. Und obwohl für Instandhaltung das Geld fehlt, planen Sie weitere Straßenneubauprojekte, die dann wieder immense Instandhaltungskosten nach sich ziehen. Das entbehrt jeder Logik. Für uns heißt es ganz klar: Kein weiterer Neubau von Straßen, der Bedarf an Landesstraßen in Brandenburg ist gedeckt! Die verfügbaren Mittel müssen in Instandhaltung fließen!

Angesichts der Haushaltslage muss sich das Land auf seine Pflichtaufgaben konzentrieren. Dazu gehört auch die Sicherstellung einer funktionierenden Verkehrsinfrastruktur. Diese fällt aber nun einer Einsparpolitik mit falscher Prioritätensetzung einerseits sowie dem BER als größtes Pleiten- und Pannen-Projekt Brandenburgs andererseits zum Opfer. Die hierfür benötigten Mehrausgaben haben allein für Brandenburg inzwischen eine Höhe erreicht, die den gesamten Haushaltes für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz übertrifft. Nur damit man mal so eine Vorstellung hat von was wir hier reden. Umschichtung heißt das dann verharmlosend. Ich bin gespannt wie sie den Menschen in Brandenburg zukünftig die BER-Umschichtungs-Schlaglöcher und BER-Umschichtungs-Geisterbahnhöfe erklären.

Zusammenfassend lässt sich sagen, die Landesregierung verwaltet zum Großteil zukünftig nur noch den Verfall der Verkehrsinfrastruktur. Gestalten, nicht verwalten! Das haben wir an der gleichen Stelle vergangenes Jahr schon gefordert. Wir fordern die Landesregierung nun erneut auf, endlich für eine vorausschauende, nachhaltige Infrastrukturpolitik zu sorgen. Zu Lande, zu Wasser und in der Luft. Vielen Dank!