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Michael Jungclaus spricht zum Gesetzentwurf der Landesregierung „Brandenburgisches Ingenieurgesetz“

- Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste,

ich habe in den letzten Jahren ja schon einige Anhörungen in Ausschüssen miterlebt; die Anhörung zum Ingenieurgesetz nimmt gemessen an der vorgebrachten Kritik jedoch einen der vorderen Spitzenplätze ein.

Dass die Landesregierung hier totalen Murks vorgelegt hat, wurde sowohl vom Umfang als auch vom Inhalt der Stellungnahmen mehr als deutlich.

Dass Betroffene wie Hochschulen vom Infrastrukturministerium nicht ausreichend mit einbezogen wurden und auch das Wissenschaftsministerium den vorgesehenen Eingriff in die Hochschulautonomie nicht verhindert hat, stellt beiden Häusern ein zusätzliches Armutszeugnis aus.

Der Kollege Genilke hat ja die wichtigsten Punkte bereits genannt, ich würde daher gerne auch noch einmal die Aussagen der Betroffenen thematisieren und denen von Ihnen, die bei der Anhörung nicht sein konnten, hier ein kurzes „Best off“ nennen:

Prof. Steinbach (Präsident der BTU Cottbus-Senftenberg):

„Ich will nicht verhehlen, dass auf unserer Seite große Enttäuschung darüber herrscht, dass unser eigenes Ministerium im Rahmen der Ressortabstimmung den Entwurf mitgezeichnet hat …., ohne dass vonseiten der Kammer eine Kommunikation mit der BLRK stattgefunden oder unser Ministerium uns zum Thema angehört hätte.“

„Diese Anhörung ist eine Minute nach zwölf“

„Föderalismus ist etwas wunderbares, schützenswertes – Förderalismus, in einer übertriebenen Form ausgeführt, kann man aber auch als Profilneurose bezeichnen.“

„Wir würden uns als Land Brandenburg in der Community komplett lächerlich machen.“

„Der Entwicklung, die man über 15 Jahre über Bologna aktiv betrieben hat, setzen wir jetzt etwas mit anderer Fahrtrichtung entgegen. Das kann und darf nicht wahr sein!“

„Wir sehen von Seiten der Ingenieurstudiengänge (den Gesetzesentwurf)… als juristisch angreifbar.“

„Wir sind dabei, in Brandenburg einen katastrophalen Fehler zu begehen.“

Frau Prof. Dr. –Ing. Wieneke-Toutaoui (Präsidentin der Fachhochschule Brandenburg):

„Ich halte es für schwierig, auf Basis dieses Textes in relativ kurzer Zeit Umarbeitungen zu machen…“

„Ich denke, wir müssen mehr Expertise hineinfließen lassen, damit etwas Rundes herauskommt.“

Werte Kolleginnen und Kollegen von SPD und Linke: Sie haben zwar mit Ihrem Änderungsantrag einige Kritikpunkte der Anzuhörenden aufgenommen und die Leitlinien zu Ausbildungsinhalten zum Führen der Berufsbezeichnung Ingenieur im Anhang gestrichen.

Das große Aber hierbei: durch die Hintertür lassen Sie sich weiterhin die Möglichkeit offen, per Rechtsverordnung im Benehmen mit dem Wissenschaftsministerium doch wieder Ausbildungsinhalte für Ingenieure zu definieren.

Und was passiert, wenn Sie zusammen mit dem Wissenschaftsministerium Ausbildungsinhalte festlegen haben wir bei dem Gesetzesentwurf gesehen, das ging total an der Realität vorbei, ich nenne nur das Stichwort Wirtschaftsingenieur. Aus meiner Sicht wird es jetzt noch schlimmer, da Sie das Ganze nun ohne wirkliche Einbeziehung des Parlaments zeitnah nachholen könnten.

Der Vorschlag der CDU-Fraktion, das bewährte System der EUR-ACE Akkreditierung zum Maßstab zu nehmen, halten wir für einen besseren Weg. Letztendlich wollen wir aber, dass die Hochschulen mit dem Gesetz gut leben können und da Sie uns dies im Ausschuss nicht hinreichend darlegen konnten, ist eine weitere Anhörung zur jetzt vorliegenden Beschlussempfehlung die notwendige Konsequenz. Vor dem Hintergrund, dass der bisherige Gesetzesentwurf als Katastrophe bezeichnet wurde, halten wir dies für absolut gerechtfertigt. Deshalb freue ich mich auf eine weitere Beratung insbesondere auch mit den Expertinnen und Experten aus der Wissenschaft.

Nur mal zur Erinnerung: Der Gesetzentwurf hat 55 Seiten und 37 Paragraphen, ihr Änderungsantrag hat 15 Seiten und es sind 15 Paragraphen betroffen.

Und noch ein paar Worte zum Verfahren. Das ganze kommt doch nun wahrlich nicht aus heiterem Himmel. Und liebe Jutta Lieske, es kann doch nicht sein, dass die Landesregierung verschläft, die Koalition dann vertrödelt und am Ende die Opposition Schuld ist wenn die Frist der EU nicht eingehalten wird.

Wir hatten bereits in der Ausschussberatung darauf hingewiesen, dass sowohl der Umfang der Änderungen einerseits wie auch die mangelnde Berücksichtigung der Vorschläge aus der Expertenanhörung eine weitere Befassung nötig machen. Sie wollten dieser Auffassung nicht folgen und haben somit auch die Konsequenzen zu tragen die sich hieraus ergeben.

Vielen Dank!

Und da wir gerade beim Thema Bau sind, erlauben Sie mir zum Schluss noch ein paar Worte zur Novelle der Bauordnung. Wir hatten ja ursprünglich gedacht, dass wir hierzu im diesem Plenum die erste Lesung auf der Tagesordnung haben.

Leider fährt die Landesregierung aber auch hier eine „Just-in-Time“-Linie. Ich kann nur davor warnen sonst heißt es am Ende erneut: Landesregierung verschläft, Koalition vertrödelt und Opposition ist dann Schuld wenn im August die Baugenehmigung für den BER ausläuft.