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Michael Jungclaus spricht zum ersten Gesetz zur Änderung des Landesstraßenbedarfsplangesetzes

- Es gilt das gesprochene Wort ! -

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste!

man kann es eigentlich nicht oft genug betonen, Brandenburg braucht dringend eine nachhaltige Verkehrspolitik. Die Stärkung einer umweltschonenden und klimaschonenden Mobilität muss hierbei im Mittelpunkt stehen.

Leider hat die Politik unserer Landesregierung zur Zeit damit nicht viel zu tun. Und mit dem vorliegenden Entwurf zur Änderung des Landesstraßenbedarfsplangesetzes verstößt der Minister unser Ansicht nach - wie beim Beispiel Falkensee - auch noch gegen geltendes Gesetz. Denn das Landesstraßenbedarfsplangesetz schreibt eine aktuelle verkehrliche und umweltfachliche Analyse für alle Maßnahmen vor, die bei der periodischen Prüfung und Überarbeitung des Bedarfsplans durchgeführt werden muss.

Die Landesregierung aber übernimmt alte Vorhaben als indisponible Maßnahmen und umgeht dadurch eine aktuelle Überprüfung. Die als indisponibel eingestuften Maßnahmen im Landesstraßenbedarfsplan beruhen auf Bedarfsprüfungen der frühen 1990er Jahre, deren Verkehrsprognosen zum Teil völlig falsch waren. So wurde Berlin beispielsweise mittelfristig als fünf Millionen Einwohner Stadt miteinbezogen, die Dynamik der demografischen Entwicklung Brandenburgs unterschätzt und von einer deutlich stärker prosperierenden Wirtschaft ausgegangen.

Allein sechs Maßnahmen liegen in einem Gebiet für das ein aktueller Bundesbericht einen Verkehrsrückgang von 10% prognostiziert.

Dennoch will die Landesregierung diese Maßnahmen ungeprüft übernehmen Und der verkehrliche Bedarf kann, wenn er im Landesstraßenbedarfsplan einmal festgestellt wurde, nicht mehr gerichtlich angezweifelt werden. Mit Aufnahme in den Landesstraßenbedarfsplan ist eine Planrechtfertigung aus Gründen von Bedarfsgesichtspunkten gegeben. Auch aus diesem Grund ist eine sorgfältige, auf aktuellen Bedarfszahlen basierende Überprüfung unbedingt erforderlich! Ganz besonders vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung in unserem Land.

Insbesondere in Zeiten knapper Kassen sollten wir sehr sorgfältig mit Steuergeldern umgehen und sie nicht mit unnötigen Straßenbauprojekten verschwenden!

Und sie hatten uns ja gestern bei unserm Antrag Städtebauförderung vorgeworfen die Antwort zur Finanzierung schuldig zu sein. Jetzt haben Sie die Antwort.

Überflüssige Straßenbauprojekte belasten den Landeshaushalt nicht nur kurzfristig durch hohe Baukosten. Auch langfristig sorgen notwendige Instandhaltungsarbeiten für hohe Folgekosten. Insbesondere angesichts sinkender Bevölkerungszahlen und Haushaltsengpässen müssen Neubauvorhaben im Straßenverkehrsnetz Brandenburgs kritisch und umfassend geprüft werden.

Paradebeispiel für ein überflüssiges Straßenbauprojekt, das als indisponible Maßnahme eingestuft wurde, ist die Ortsumgehung Falkensee, die 1995 in den damaligen Bedarfsplan aufgenommen wurde. Der seinerzeit geschätzte verkehrliche Bedarf ist niemals eingetreten und die geschätzten Kosten von über 17 Millionen Euro wurden deutlich zu niedrig angesetzt. Insbesondere die Ausgleichsmaßnahmen für die geplanten Eingriffe in die Natur wurden viel zu gering berechnet, da ein europäisch geschütztes FFH-Gebiet durchschnitten wird, das erst 1999 – also nach der Aufnahme der Maßnahme in den Landesstraßenbedarfsplan – gemeldet wurde. Darüber hinaus handelt es sich hierbei noch nicht mal um eine tatsächliche Ortsumfahrung, da ein Drittel der Trasse durch das Stadtgebiet verlaufen soll.

Als Begründung für das Festhalten an der Maßnahme führt die Landesregierung nun den „fortgeschrittenen Planungsstand" an. Mit Verlaub, das ist eine ziemlich schwache Argumentation angesichts der Tatsache, dass Sie hier unter Umständen gesetzwidrig handeln, Herr Vogelsänger!

Auch die Aufnahme neuer Vorhaben ist angesichts knapper Kassen und einer ohnehin schon sehr hohen Umweltbelastung durch den Bau des BBI inklusive der erforderlichen Verkehrsanbindung besonders kritisch zu betrachten.

Das erklärte Ziel der Landesregierung, die Erreichbarkeit aller Landesteile sicherzustellen, ist für die Autofahrer schon längst erreicht. Der Bedarf an Straßen ist bis auf extreme Ausnahmen gedeckt. Deshalb halten wir es für unverantwortlich in Zeiten knapper Kassen Neubauvorhaben voranzutreiben. Im Bereich des Straßenverkehrs muss die Priorität eindeutig auf Instandhaltung gelegt werden. Die knappen Finanzmittel, die unserem Land zur Verfügung stehen, können sehr viel sinnvoller verwendet werden als sie in neue Betontrassen durch bevölkerungsarme Landstriche zu investieren.

Unser Änderungsantrag ist der Versuch, die gröbsten Versäumnisse der Landesregierung aufzufangen. Wir brauchen ein integriertes Verkehrswegekonzept und keine Verkehrswegeausbaupolitik!

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