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Michael Jungclaus spricht zum Entschließungsantrag unserer Fraktion "Konzessionsverträge in Brandenburg"

>>> Redemanuskript als pdf

>>> der Entschließungsantrag unserer Fraktion als pdf

>>> die Große Anfrage unserer Fraktion und die Antwort der Landesregierung als pdf

- Es gilt das gesprochene Wort ! -

Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste!

Im letzten Jahr hat unsere Fraktion eine Große Anfrage an die Landesregierung gerichtet, um Informationen über das Auslaufen von Konzessionsverträgen in Brandenburg zu erhalten. Leider waren die Auskünfte nicht sehr ergiebig.

Bislang gibt es in Brandenburg keine systematische Erfassung über die laufenden Verträge und deren Auslaufen, den Neuabschluss oder die Verlängerung. Eigentlich müssten jedoch dem Wirtschaftsministerium Angaben darüber vorliegen, da dieses als Genehmigungsbehörde nach dem Energiewirtschaftsgesetz dazu verpflichtet ist, Anträge auf den Betrieb eines Energieversorgungsnetzes zu genehmigen.

Die Landesregierung sollte sich ein Beispiel an anderen Bundesländern wie Baden-Württemberg, NRW oder Sachsen-Anhalt nehmen. Dort sind entsprechende Listen mit der Übersicht über Auslaufdaten der Strom- und Gaskonzessionsverträge vorhanden und sogar veröffentlicht.

Wie in der aktuellen Stunde des letzten Plenums auch von Ihnen bekräftigt, ist das Vorantreiben der „Energiewende" in Brandenburg eine zentrale landespolitische Aufgabe. Für uns heißt das: Atomenergie und die so genannten „Brückentechnologien", basierend auf der Nutzung fossiler Brennstoffe, müssen schnellstmöglich durch Erneuerbare Energien und die dezentrale Energieerzeugung ersetzt werden !

Die Neuregelung der Konzessionsverträge kann dabei einen wichtigen Baustein bilden, daher sollte das Land die Kommunen bei dieser Herausforderung unterstützen.

Diese Unterstützung muss vor allem folgende Punkte beinhalten:

  1. Ein klares Bekenntnis in der Energiestrategie 2020 zu den Kommunen als wichtige Akteure für die Erreichung der Klimaschutzziele und die erfolgreiche Umsetzung der Energiewende
  2. Die Bereitstellung von Informationsmaterialien und die Durchführung von Veranstaltungen sowie die Benennung von Ansprechpartnern.
  3. Sich auf Bundesebene für eine Klarstellung zu Netzübernahmen im Energiewirtschaftsgesetz einzusetzen, um die Handlungsfähigkeit der Kommunen zu verbessern.

In den nächsten Jahren werden viele Konzessionsverträge in Brandenburg auslaufen. Da diese Verträge in der Regel die maximale gesetzliche Laufzeit von 20 Jahren haben ist es jetzt eine seltene Chance für die Kommunen, wichtige Weichenstellungen für eine nachhaltige Energieversorgung vorzunehmen.

Beim Auslaufen des Konzessionsvertrags bieten sich den Kommunen drei Möglichkeiten: den bestehenden Vertrag zu fairen Bedingungen zu verlängern, einen neuen Netzbetreiber zu verpflichten oder als Kommune mit oder ohne strategischen Partnern die Energieversorgung in die eigene Hand zu nehmen.

In allen drei Fällen ermöglicht die Neuregelung der kommunalen Energieversorgung eine Verknüpfung mit dem Ausbau Erneuerbarer Energien und dezentraler Erzeugungsstrukturen. Sie kann somit einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz und zur Stärkung regionaler Wirtschaftskreisläufe leisten.

Den größtmöglichen Einfluss auf die Energiepolitik vor Ort können die Kommunen bei der 3. Variante nehmen. Die Rekommunalisierung versetzt sie in die Lage, Eigenstromversorgung und erneuerbare Energien auszubauen, effiziente Kraftwärmekopplung und eine klimafreundliche Nahwärmeversorgung zu fördern. Sie können das Angebot von Ökostrom steuern und die Beratung für Energieeinsparung vorantreiben. Das verstehen wir unter Daseinsvorsorge und Verbraucherschutz!

Dazu gibt es viele positive Nebeneffekte: So entstehen Arbeitsplätze in der Region, die sonst in Konzernzentralen fern vom Verbraucher verortet sind. Die Gewinne aus dem Netzbetrieb, dem Vertrieb und der Stromerzeugung bleiben vor Ort und können somit für den weiteren Ausbau der örtlichen Energieversorgung verwendet werden, anstatt sie beispielsweise über Vattenfall dem schwedischen Staat zu zuspielen.

Das Beispiel Prenzlau, die 20.000 Einwohner Stadt in der Uckermark, zeigt wie dort in Zusammenarbeit mit den Stadtwerken, ein Energiekonzept verfolgt wird, das bereits seit einigen Jahren mehr Strom aus Erneuerbaren Energien erzeugt als die Stadt selbst verbraucht. Auch für die technologische Weiterentwicklung von Erneuerbaren Energien und deren Speicherung wird Pionierarbeit geleistet. Die Vorreiterrolle der Stadt hat dort zu diversen Unternehmensansiedlungen im Erneuerbaren Energien-Sektor geführt.

Wir reden beim Thema Konzessionsverträgen also auch von Wirtschaftskompetenz – und zwar jenseits von Nagelstudios und Kosmetiksalons.

Aber auch die Kommunen, die den Weg des Rückkaufs der Netze nicht oder noch nicht gehen wollen, benötigen dringend die Stärkung ihrer Verhandlungsposition gegenüber den Netzbetreibern. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben übrigens hierzu extra einen Musterkonzessionvertrag erarbeiten lassen, der dabei hilft die kommunalen Interessen zu vertreten.

Mein Fazit:

Damit die Absichtserklärung von Parlament und Landesregierung zum Betreiben einer zügigen „Energiewende" bei den Bürgerinnen und Bürgern nicht nur als leere Worte ankommen, sollten wir sie intensiv dabei unterstützen, mehr Eigenverantwortung für ihre Energieversorgung übernehmen zu können.

Wenn die Menschen in den Kommunen auch von dem Mehrwert in finanzieller sowie qualitativer Hinsicht profitieren, dann wird eine nachhaltige Energiepolitik attraktiv.

Die Kommunen werden gestärkt daraus hervorgehen und einen wesentlichen Teil der Daseinsvorsorge in Eigenregie übernehmen.

Klimaschutz, liebe Kolleginnen und Kollegen passiert in erster Linie vor Ort und darum bitte ich Sie um Zustimmung zu unserem Entschließungsantrag. Vielen Dank.