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Michael Jungclaus spricht zum Einzelplan 10, Ministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz

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- Es gilt das gesprochene Wort ! -

Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste!

Einen wunderschönen guten Morgen wünsche ich Ihnen zu dieser ungewohnten Stunde. Morgenstund hat Gold im Mund. Diese frühe Zeit passt damit also hervorragend zum Wert den Umweltschutz bei uns einnehmen sollte.

Eine intakte Umwelt ist die Lebensgrundlage für uns und zukünftige Generationen. Ressourcen sind endlich und eine intakte Umwelt ist ein unersetzliches Gut. Vor 30 Jahren war die Forderung nach einem schonenden Umgang mit der Umwelt noch eine Provokation, die von vielen verhöhnt wurde.

Heute ist es in Gesellschaft, Politik und der Wirtschaft anerkannt, dass Umweltschutz auch Wachstum und Arbeitsplätze schafft.

Doch auch wenn sich inzwischen jede Partei in Deutschland zum Schutz von Natur und Umwelt bekennt oder zumindest ihr Programm grünfärbt, gibt es nach wie vor deutliche Defizite bei der Umsetzung umweltpolitischer Ziele.

Brandenburg ist reich an Natur und schönen Landschaften – da werden mir alle in diesem Hause zustimmen. Aus dieser Reichhaltigkeit leitet sich aber auch eine besondere Verantwortung für die Politik in diesem Lande ab. Natur und Umwelt zu schützen und für zukünftige Generationen zu bewahren. Diese Verantwortung muss sich auch im Haushalt widerspiegeln. Hier hätten wir uns daher erheblich deutlichere Akzente gewünscht.

Und dabei geht uns hierbei nicht um Umwelt- und Naturschutz um des Selbstwillens. Es geht um den Erhalt der Lebensgrundlage für unsere Gesellschaft. Nicht nur moralische Gründe verpflichten uns dazu! Umweltschutz ist auch aus rein ökonomischen Gründen zwingend! Bereits vor einigen Jahren hat die vom BMU finanzierte und viel beachtete Studie "Die Ökonomie von Ökosystemen und der Biodiversität" den ökonomischen Mehrwert intakter Ökosysteme sehr deutlich hervorgehoben.

Investitionen in den Erhalt und den Schutz von Ökosystemen und damit verbundenen natürlichen Funktionen ist die kostengünstigste Möglichkeit zur notwendigen Anpassung an die Auswirkungen des Klimawandels oder zur Vorbeugung von Naturkatastrophen. Der Erhalt von Ökosystemen und der darin enthaltenen biologischen Vielfalt, so der Bericht, ist bei Weitem kostengünstiger als die Versuche einmal zerstörte Funktionen wiederherzustellen oder durch technische Lösungen auszugleichen. Beispiele sind hier die Luftreinhaltung durch den Erhalt von Wäldern oder die Gewinnung von sauberem Trinkwasser unter intakten Ökosystemen. Und dieser Ansatz muss bei der Haushaltsplanung wesentlich stärker berücksichtigen werden!

Andere Prioritäten in der Haushaltspolitik setzen Investitionen in den Natur- und Umweltschutz sind Zukunftsinvestitionen. Und wir sollten nicht davor zurückschrecken diese zu tätigen! Wir müssen haushaltspolitisch die richtigen Prioritäten setzen. Beispielsweise indem wir nicht unnötig Gelder ausgeben für eine Veranstaltung wie die Luft- und Raumfahrtausstellung.

Die ILA ist zum großen Teil Leistungsschau der militärischen Luftfahrtindustrie. Wenn in dieser Branche das Bedürfnis nach einer internationalen Luftfahrtmesse besteht, sollte sie diese auch selbst finanzieren. Wir sehen darin keine Zuständigkeit der öffentlichen Hand! Die für die ILA vorgesehenen Gelder könnten sehr viel sinnvoller zum Beispiel in den Vertragsnaturschutz investiert werden. Wir stellen daher hier auch einen entsprechenden Antrag zur Abstimmung.

Naturschutz steht und fällt mit der Umsetzung vor Ort. Deshalb müssen die Landnutzer stärker einbezogen werden. Der Vertragsnaturschutz bildet die Grundlage für eine freiwillige und konstruktive Zusammenarbeit. Die Akzeptanz des Naturschutzes bei den Flächennutzern und die Kooperation mit ihnen ist unabdingbar, um die biologische Vielfalt zu erhalten und ressourcenschonende Bewirtschaftungsmethoden zu etablieren.

Mit einer Aufstockung der Mittel würden wir zusätzliche Anreize für naturverträgliche Land- und Forstnutzungen schaffen. Darüber hinaus sollten wir aber auch verstärkt in die Bereiche investieren, in denen wir Synergieeffekte erzielen können. Beispielsweise beim Moor- und Auenschutz. In diesem Bereich kann mit Landschaftsschutz durch die Schaffung und den Erhalt von Kohlenstoffsenken ein ganz konkreter Beitrag zum Klimaschutz geleistet werden.
Mit Freude habe ich die Ankündigung des Umweltministeriums im Ausschuss vernommen, einen eigenen Haushaltstitel zum Moor- und Auenschutz schaffen zu wollen. Einen entsprechenden Antrag unserseits konnten wir daraufhin folgerichtig zurückziehen.

Vorhandene Mittel nutzen

In der Regel aber lehnt die Regierung unsere Forderungen nach einem umfassenderen Umweltschutz mit Verweis auf knappe Haushaltsmittel ab. Um so dramatischer ist es,wenn die Landesregierung zur Verfügung stehende Mittel nicht nutzt. Ca. 20 Millionen Euro aus dem Konjunkturpaketes II des Bundes, die für den Hochwasserschutz zur Verfügung standen, wurden nicht abgerufen. Eine solche Panne ist dem Ansehen der Politik abträglich und in Zeiten knapper Kassen absolut unverständlich. Das Land muss in der Lage sein, solche Mittel abzurufen.

Es liegt in der Verantwortung der Landesregierung, den Stellenplan im Umweltbereich entsprechend zu gestalten. Denn Hochwasserschutz, das wird auch die Regierung so sehen, ist für Brandenburg von zentraler Bedeutung.

Bessere Umsetzung von Bundes- und EU-Vorgaben

Auch für die gewissenhafte und zielführende Umsetzung von EU- und Bundesvorgaben müssen ausreichend Gelder bereit gestellt werden. Bislang hapert es hier in Brandenburg noch erheblich. Das Ziel der Europäischen Union von 2001, den Rückgang der biologischen Vielfalt bis zum Jahr 2010 signifikant zu reduzieren, kann in Brandenburg leider nicht mehr erreicht werden. Im Gegensatz zu vielen anderen Bundesländern hat es unsere Landesregierung bislang versäumt, eine Landesstrategie zur biologischen Vielfalt mit verbindlichen Zielen und Maßnahmen vorzulegen. Dabei ist es höchste Zeit zu handeln. Bislang ist es nicht gelungen, den Rückgang der Artenvielfalt entscheidend zu verlangsamen. Nur noch etwa ein Viertel der bedrohten Arten finden hier gesicherte Lebensbedingungen vor. Durch Flächenversiegelung und Zerschneidung, industriell betriebene Landwirtschaft, den Braunkohletagebau und durch den Klimawandel bedingt sinkende Grundwasserpegel werden immer mehr natürliche
Lebensräume zerstört.

Die Landesregierung muss daher endlich konkrete Maßnahmen zur Umsetzung der Biodiversitätsstrategie vorlegen. Es ist absolut unverständlich, dass einerseits 9 Millionen Euro für Impfstoffe gegen Schweinegrippe angeschafft werden - von denen dann auch noch nur 15% eingesetzt wurden - andererseits kein einziger Euro für eine landeseigene Biodiversitätsstrategie aufgewendet wird.

Jeder Schüler lernt es im Biologieunterricht: Der wirksamste Schutz gegen Seuchen ist Artenvielfalt. Wir sind jedenfalls gespannt auf die diesbezügliche Plenardebatte zu unserer im April eingereichten Großen Anfrage.
Auch die Implementierung der Vorgaben der Wasserrahmenrichtlinie ist eine wichtige Aufgabe für Brandenburg. Wir fordern die im vergangenen Jahr vorgelegten Bewirtschaftungspläne und Maßnahmen zügig umzusetzen. Ob die im Haushalt eingestellten Mittel für die erforderlichen Maßnahmen ausreichen, um die geforderten Ziele zu erreichen bleibt abzuwarten. Entscheidend ist, ob die für das Jahr 2015 angestrebte Gewässergüte erreicht wird.

Einen weiteren umwelt- wie haushaltspolitischen Skandal wird hoffentlich die Umsetzungsverpflichtung der Wasserrahmenrichtlinie beseitigen: Die Befreiung vom Wassernutzungsentgeld. Bislang zahlt zum Beispiel Vattenfall für über 200 Millionen Kubikmeter Wasser pro Jahr keinen einzigen Cent! Die Richtlinie sieht vor, ab 2010 Wassergebühren auf Grundlage des Verursacherprinzips kostendeckend zu erheben, und zwar unter Berücksichtigung der ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen. Unsere Forderung für den kommenden Haushalt ist, die hoffentlich bis dahin erhobenen Wassernutzungsentgelte zweckgebunden für Maßnahmen der ökologischen Gewässerentwicklung einsetzen zu können. Maßnahmen, die keine extra Haushaltsmittel erfordern

Ein Missstand in der Landesumweltpolitik, der sich auch ohne zusätzliche Finanzmittel beheben lässt, ist die mangelnde Transparenz von Entscheidungen und die fehlende Kooperation mit den relevanten Akteuren. Naturschutz lebt vor allem vom Engagement der ehrenamtlichen NaturschützerInnen. Unter dem Vorwand der Verfahrensbeschleunigung wurden und werden die Rechte der Vereine und Verbände wie auch der Kreis-Naturschutzbeiräte kontinuierlich beschränkt.

Die Landesregierung muss die relevanten Akteure stärker einbeziehen und deren Expertise einholen. Verabschieden Sie sich von der Methode, Strategien in Hinterzimmern zu entwerfen, es braucht mehr Transparenz und Beteiligung!

Leider entspricht aber auch die von der Landesregierung vorgegebene Struktur des Nachhaltigkeitsbeirates nicht unseren Vorstellungen von Kooperation und Integration verschiedener Akteure. Es ist daher nun an den Mitgliedern des Beirates darauf zu achten nicht in ihrem Elfenbeinturm zu verharren, sondern die relevanten Akteure aktiv anzusprechen.

Ich komme zum Schluss. Brandenburg galt einst als Vorreiter des Naturschutzes in Deutschland, als Land, das mit der Bewahrung des heimischen Naturerbes ernst machte, das mit der Verabschiedung eines vorbildlichen Naturschutzgesetzes und dem Aufbau eines Netzes von Großschutzgebieten zum bundesweiten Vorbild eines innovativen Naturschutzes avancierte. Der damalige Umweltminister hat unser Bundesland damals auf einen guten Weg gebracht. Leider ist die Regierung in den vergangenen Jahren von diesem Weg abgekommen. Mit dem Einzug von uns Bündnisgrünen in den Landtag verbinden wir jetzt die Hoffnung, dass dies wieder korrigiert wird und Brandenburg wieder auf einen fortschrittlichen Weg im Umweltschutz geführt wird. Vielen Dank.