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Michael Jungclaus spricht zum Bericht über die Arbeit des Petitionsausschusses

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- Es gilt das gesprochene Wort ! -

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste!

Das Petitionsrecht hat in unserem Land eine lange Geschichte. Aus der einstigen Untertanenbitte wurde im Laufe der Zeit ein Bürgerrecht zum Schutz des Individuums vor staatlicher Willkür. Es ist ein „Jedermanns-Recht“, unabhängig von Staatsbürgerschaft, Volljährigkeit oder Geschäftsbarkeit. Das Petitionsrecht ist also ein hohes Gut mit dem sorgsam umzugehen ist.

Zu DDR-Zeiten war jedem das Instrument der Eingabe geläufig. Auch wenn es vornehmlich nicht der externen Verwaltungskontrolle diente, Eingaben wurden intensiv genutzt um sich beim Staat zu beschweren. Und es entwickelte sich hier geradezu eine Kultur des Eingaben-Schreibens. In 40 Jahren DDR entfiel auf jeden Haushalt im Durchschnitt mindestens eine Eingabe.

Noch heute liegen die neuen Bundesländer beim Einreichen von Petitionen deutlich vor den Alt-Bundesländern. Auch viele Brandenburgerinnen und Brandenburger nutzen die Möglichkeit der Petition, wenn sie sich ungerecht behandelt fühlen. Und das ist auch gut so!

Auch die im Dezember 2010 neu in der Landesverfassung verankerten Änderungen des Petitionsrechts haben sich eindeutig bewährt. Massen- und Sammelpetitionen, wurden bereits mehrfach genutzt und der Ausschuss hat des öfteren von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, Petitionen an den Bundesausschuss zu überweisen, wenn er die Zuständigkeit für bestimmte Sachverhalte nicht beim Land sah.

Bei Petitionen geht es ja nun um Auswirkungen von politischen Entscheidungen, Gesetzen und Verwaltungsvorschriften auf das Leben der Brandenburgerinnen und Brandenburger. Im Petitionsausschuss setzen wir uns daher - über die fachpolitische Zuständigkeit hinaus – immer mit den ganz konkreten Lebensumständen einzelner Bürgerinnen und Bürger unseres Landes auseinandersetzen.

Und dies kann mitunter auch sehr emotional sein, mit Höhen und Tiefen.

Da sind zunächst einmal Anliegen die sich auf den ersten Blick sofort gut nachvollziehen lassen und bei denen das Handeln des Petitionsausschuss auch ein für die Petenten zufriedenstellenden Ergebnis zur Folge hat – oft nur ein kleiner Schritt für die betreffende Verwaltung aber eine große Erleichterung für die Betroffenen. Sicherlich die angenehmste Variante – für die Petenten wie auch für uns Abgeordnete sowie die Mitarbeiter des Ausschusses. Denen auch ich an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich für Ihre Unterstützung danken möchte.

Und dann gibt es natürlich auch die Fälle, bei denen wir trotz voller Inanspruchnahme unseres persönlichen Einfühlungsvermögen und Rechtsverständnis nicht in der Lage sind, Ungerechtigkeit oder Missstand auszumachen. Unter Schilderung der Rechts- und Sachlage wird dies dem Petenten respektvoll mitgeteilt und die Petition damit abgeschlossen.

Aber es gibt dann eben leider auch die, ich sage mal „harten Fälle“. Die Fälle, wo der gesunde Menschenverstand, das Gerechtigkeitsempfinden oder einfach nur das Bauchgefühl sagt, der Petent ist hier absolut im Recht – eine nähere Befassung mit der Thematik, die juristische Bewertung oder die Stellungnahme des Ministeriums aber im Ergebnis dazu führt, dass unter Anerkennung der gültigen Rechtslage eine abschlägige Antwort erteilt werden muss.

Ob nun Schildbürger-ähnliche Vorgängen in Verwaltungen oder unzumutbare Belastungen im Lebensumfeld der Petenten bis hin zu Punkten wie nicht nachvollziehbare Eingruppierung in Pflegestufen bei denen jenseits jeglicher Realität minutengenau der vermeintlich ausreichende Zeitbedarf bei Toilettengang und Körperpflege vorgerechnet wird. Ein Fall der mir aus der letzten Sitzung noch sehr gut in Erinnerung ist. Alles natürlich treu nach Recht und Gesetz. Aber Recht ist eben oftmals nicht gleich Gerechtigkeit.

Bei diesen Petitionen bleibt immer ein schaler Beigeschmack. Oft viele Tage lang. Aber gerade dies sind eben auch die Fälle die eine Arbeit im Petitionsausschuss so interessant und wertvoll machen. Sie bringen einen dazu, jenseits von Parteiprogramm, fachpolitischer Zuständigkeit oder Tagesgeschäft Zustände in unserer Gesellschaft noch kritischer zu überdenken und dies in das eigene politische Denken und Handeln einfließen zu lassen. Das ist schließlich immer die Voraussetzung für Veränderungen.

Deshalb möchte ich, auch wenn nicht jede Petition erfolgreich ist, zum Abschluss meines Beitrags die Brandenburgerinnen und Brandenburger ausdrücklich ermutigen, weiterhin so umfangreich von ihrem Petitionsrecht Gebrauch zu machen. Es ist im wahrsten Sinne des Wortes ihr gutes Recht und es ist gelebte Demokratie!



Vielen Dank!