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Michael Jungclaus spricht zum Antrag der Fraktionen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und LINKE „Die Gefahren der Atomkraft machen nicht an Ländergrenzen halt“

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Entschließungsantrag von SPD-Fraktion, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN „Die Gefahren der Atomkraft machen nicht an Ländergrenzen halt“, Drucksache 5/1101

- Es gilt das gesprochene Wort ! -

Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste!

Bei ihrem kurzfristig eingereichten Antrag für das Festhalten am Atomausstieg hat sich die Koalition letzte Woche sicherlich gedacht: „Da haben sich mehr als 120.000 Menschen aus ganz Deutschland sich zu einer Menschenkette aneinander gereiht und gemeinsam gegen Atomkraft demonstriert haben. Das müssen wir unbedingt aufgreifen.“

Zunächst haben Sie in der Sache natürlich Recht. Längere Laufzeiten für AKWs sind in umweltpolitischer wie ökonomischer Hinsicht eine völlig falsche Weichenstellung. Und deshalb werden wir selbstverständlich dem vorliegenden Antrag der Koalition zustimmen. Da sie uns nicht die Möglichkeit gaben, uns in der Phase der Antragsstellung einzubringen, haben wir einen Entschließungsantrag zur europäischen Dimension initiiert dem sich die Koalition dann wiederum erfreulicherweise anschließen konnte. Dieses Prozedere hätte sie allerdings verkürzen können. Unsere Positionen zum Atomausstieg war Ihnen bei Entwerfen Ihres Antrags ja sicherlich bekannt.

Doch warum dieser Entschließungsantrag: Spätestens seit Tschernobyl ist uns allen klar: Die Risiken von AKWs sind nicht national. Deshalb ist die Entscheidung der polnischen Regierung statt an unserer Landesgrenze in der Nähe von Danzig ein AKW zu bauen, noch lange kein Erfolg. Die der Presse zu entnehmende Erleichterung des Ministerpräsidenten teile ich jedenfalls nicht. Oder glauben Sie tatsächlich, dass es im Falle eines Unfalls einen Unterschied macht ob sie 150 oder 350 km entfernt wohnen.

Gerade bei den Risiken der Kernkraft ist eine grenzüberschreitende Politik unverzichtbar.

Die Landesregierung muss demnach alle Möglichkeiten ausschöpfen, um den Einstieg Polens in die Atomenergie zu verhindern.

Herr Ministerpräsident, Sie verweisen gerne auf Ihre hervorragenden Kontakte zu Polen. Nutzen Sie diese und unterstützen Sie unser Nachbarland bei der Entwicklung einer nachhaltigen Energiestrategie! Wir können es der Landesregierung auch nicht ersparen, sie erneut auf ihre eigene Verantwortung für eine zukunftsfähige und nachhaltige Energiepolitik hinzuweisen. Denn die meisten Passagen ihres Antrages sind eins zu eins auf dieBraunkohleverstromung übertragbar. Für neue Kohlekraftwerke ist ebenso wenig Platz in einem zukunftsfähigen Energiesystem wie für Atomkraft.

Daran ändert auch die Aussicht auf CCS nichts – Im Gegenteil. Das Interessante dabei: Während die Koalition die Atomenergie unter anderem mit Verweis auf die Endlagerproblematik ablehnt, schafft sie mit CCS das nächste Endlagerproblem. Denn diese Technologie ist ebenfalls hoch riskant.

Niemand wird Ihnen je garantieren, dass das Klimagas nicht wieder aus seinem unterirdischen Endlager austritt.Und der Skandal um das Atomlager Asse oder jetzt die aktuelle Ölkatastrophe im Golf von Mexiko zeigen uns leider äußerst eindrucksvoll: Man wird manche Risiken nie hundertprozentig beherrschen und deshalb ist es grob fahrlässig Experimente mit CCS in bewohnten Gebiet zu genehmigen.

Unser Rat an die Landesregierung: Lernen Sie aus den Fehlern, die in der Vergangenheit in der Atompolitik gemacht wurden. Nehmen Sie Abstand von der CCS-Technologie! Ansonsten laufen Sie Gefahr, in einigen Jahren einen ähnlichen Antrag wie den vorliegenden, dann für den Ausstieg aus der CO2-Verpressung stellen zu müssen.

Und auch das in Ihrem Antrag aufgeführte Arbeitsplatz-Argument trifft auf die Braunkohleverstromung zu. Bereits jetzt arbeiten weitaus mehr Brandenburgerinnen und Brandenburger im Bereich der Erneuerbaren Energien als in der Förderung und Verstromung der Braunkohle. Deshalb ist es unserer Ansicht nach nicht ausreichend, sich bei der Bundesregierung für das Festhalten am Atomausstieg einzusetzen.

Es gibt zahlreiche energiepolitische Maßnahmen, die Sie selbst als Landesregierung dringend umsetzen können – und müssen.Mit Ihrer auf Großkraftwerke ausgerichteten und den Interessen von Vattenfall verpflichteten Energiepolitik blockieren Sie aber den notwendigen Strukturwandel in der Energieerzeugung.

Eine nachhaltige Energiepolitik in Brandenburg kann daher nur heißen: Raus aus Atom UND Braunkohle, rein in die Erneuerbaren!Und das liegt in der Verantwortung der Landesregierung!Auch gut gemeinte Aufforderungen an die Bundesregierung können davon nicht ablenken.

Vielen Dank