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Michael Jungclaus spricht zum Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN "Für freie Ufer und gegen Seenprivatisierung":

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Antrag

- Es gilt das gesprochene Wort ! -

Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste!

Wir befassen uns heute erneut mal wieder mit den Thema Seenprivatisierung bzw. dem freien Zugang zu Seen. Eigentlich wurde ja bereits vor einem halben Jahr zu dem Thema in diesem Hause alles gesagt. Dennoch hat die Koalition für diesen Tagesordnungspunkt längere Redezeiten beantragt. Für zwei Anträge der Opposition wohl bemerkt!

Da war man wohl der Meinung, mehr Zeit für Erklärungen, Entschuldigungen und Ausreden zu benötigen. Denn eigentlich bestand ja im Dezember bei dem Thema weitgehend Einigkeit und die – davon gehe ich aus – besteht wohl inhaltlich auch weiterhin.

Uneinigkeit indes herrscht hinsichtlich des Verfahrens. Und hier besteht wohl tatsächlich Diskussionsbedarf. Obwohl die Landesregierung bereits im Dezember aufgefordert wurde, eine verbindliche Regelung für die öffentliche Zugänglichkeit von Seen zu schaffen, ist bis heute nichts geschehen. Ich darf daran erinnern, der entsprechende Antrag wurde von der Koalition selbst eingebracht.

Wir finden, ein halbes Jahr warten ist genug. Das Thema brennt den Bürgerinnen und Bürgern unter den Nägeln. Inzwischen finden in der Landeshauptstadt regelmäßig Montagsdemos hierzu statt und in Potsdam kam es zu sogar zu tumultartigen Szenen, wo die Stadtverwaltung Barrikaden von Grundstücksbesitzern räumen ließ. Doch die Landesregierung hat es bis heute nicht geschafft, der Aufforderung des Landtags nachzukommen und endlich eine klare gesetzliche Grundlage zu schaffen.

Die Vermutung liegt hier nahe, dass der Landesregierung nicht ausreichend personelle Kapazitäten zur Verfügung stehen, um ihre eigenen Anträge zu bearbeiten. Überfordert die Koalition da etwa ihre eigene Landesregierung? Das klingt nach vertauschten Rollen denn eigentlich ist es doch an der Opposition, die Unfähigkeit der Regierung aufzuzeigen!

Wie auch immer, wir möchten den momentanen Zustand jedenfalls nicht länger hinnehmen und fordern die Landesregierung auf, durch eine unverzügliche Änderung des Brandenburger Naturschutzgesetzes den uneingeschränkten Durch- und Zugang der Öffentlichkeit zu den Gewässern zu gewährleisten!

Den Zugang zu Seen zu verwehren, bedeutet für die Menschen vor Ort einen massiven Verlust an Lebensqualität. Auch für den Tourismus und die Fischerei ist ein freier Zugang zu den Gewässern unverzichtbar. Er ist elementarer Bestandteil der Erholungsvorsorge in Brandenburg. Eingebettet in ihre jeweilige spezifische Landschaft mit den dort lebenden Menschen bilden Seen eine natürliche und kulturelle Einheit. Viele Bürgerinnen und Bürger setzen sich für die Pflege, die Unterhaltung und die weitere touristische Erschließung der Gewässer ein. Damit steigern sie die Attraktivität ihrer Gemeinden und leisten einen Beitrag für die Entwicklung der gesamten Region. Dieses bürgerschaftliche Engagement verdient hohe Anerkennung und sollte nicht durch Privatisierungen konterkariert werden.

Denn Veränderung der Eigentumsverhältnisse, das zeigen Erfahrungen mit privatisierten Gewässern, gefährden die Nutzung der Seen zur Naherholung, zum Naturtourismus sowie ihre ökologische Funktion.

Neben der Forderung für einen freien Zugang gilt es aber auch, auf Eigentumsebene den Hebel anzusetzen. Durch eine Ausdehnung des kommunalen Vorkaufsrechts für Uferstreifen und Seenzugänge zum Beispiel müssen die Kommunen die Möglichkeit bekommen, relevante Grundstücke bis zu einem Uferabstand von 10 Metern für die Allgemeinheit dauerhaft zu sichern. Nur so können die betroffenen Gewässer im Sinne des Gemeinwohls entwickelt werden.

Um den Verkauf und die Privatisierung von Seen zu beenden fordern wir die Landesregierung auf, sich beim Bund stärker dafür einzusetzen, dass Gewässer im Treuhandvermögen des Bundes verbleiben. Auszunehmen von dieser Regelung sind Kommunen, Stiftungen des Natur- und Umweltschutzes sowie Umweltverbände, denen die Gewässer übertragen werden können. Der dauerhafte Schutz, die Pflege und die Entwicklung der Seen nach den Zielvorgaben des Natur- und Gewässerschutzes müssen hierbei jedoch gesichert sein. Denn Seen sind wertvolle Orte der biologischen Vielfalt. Sie sind für die Regulierung des Landschaftswasserhaushalts und als landschaftsbildende Elemente unverzichtbar. Nur durch einen Privatisierungsstopp kann der Schutz dieser Ökosysteme sichergestellt werden. Die Bündnisgrüne Bundestagsfraktion hat bereits einen entsprechenden Gesetzentwurf im Bundestag eingebracht.

Es reicht an dieser Stelle aber nicht aus, nur auf Bundesebene zu verweisen. Auch Gewässer in Landesbesitz müssen vor Privatisierung geschützt werden, und sind den gleichen Regeln wie bundeseigene Flächen zu unterwerfen. Der Umgang mit den ökologisch wertvollen Gewässern darf auch in Zeiten knapper Kassen und Hushaltssperren nicht den finanzpolitischen Interessen des Landes oder der Kommunen unterworfen werden.

Die Dringlichkeit des Themas hat inzwischen auch die CDU erkannt. In Ihrem Antrag fordert die CDU unter anderem die Wiedereinführung des Paragraphen 47 ins Brandenburger Naturschutzgesetz, den sie 2004 selbst abgeschafft hat und die Ermittlung eines Verkehrswertes für Bund-Länder-Übertragungen.

Damit bleibt ihr Antrag leider selbst hinter der Forderung der Koalition zurück.

Meine Partei wird den CDU-Antrag daher ablehnen, da er uns nicht weit genug geht und wir zudem ja den Verbleib in Bundeseigentum fordern – vor dem Hintergrund also auch einen Verkehrswertermittlung für den Verkauf keinen Sinn macht. Denn es ist nicht nachvollziehbar, warum Flurstücke aus dem früheren DDR-Volkseigentum quasi auf Kosten der Steuerzahler wieder zurückgekauft werden müssen.

Im Sinne einer Lösung für die betroffenen Bürgerinnen und Bürger sowie für die einmalige Brandenburger Seen-Landschaft bitte ich Sie, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen unseren Antrag zu unterstützen und die Landesregierung zu einem unverzüglichem Handeln aufzufordern.