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Michael Jungclaus spricht in der Aktuellen Stunde zur S-Bahnkrise

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- Es gilt das gesprochene Wort! -

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste!

Auf der Webseite der S-Bahn ist folgender Satz zu lesen: „In Berlin, am Puls der Zeit, wird Mobilität groß geschrieben: Bis zu 1,3 Millionen Fahrgäste befördert die S-Bahn Berlin an Werktagen. Die rot-gelben Züge gehören zum Stadtbild wie das Brandenburger Tor und der Fernsehturm."

Leider gehören zum Berliner Stadtbild seit einiger Zeit aber auch, in der Kälte vergeblich auf Züge wartende Fahrgäste, überfüllte Wagons und um Ausreden ringende Bahnvertreter. Und so ist es auch nicht verwunderlich, warum einem die Mahnungen, Kommentare und Forderungen aus Berlin und Brandenburg inzwischen so bekannt vorkommen. Bereits im letzten Jahr ist es nicht gelungen, die S-Bahn zu spürbaren und schon gar nicht zu nachhaltigen Verbesserungen zu bewegen.

Die Deutsche Bahn AG hat aus dem S-Bahnchaos offenkundig nichts gelernt. Ihr Auftreten bei diversen Anhörungen und Erörterungsgesprächen in den letzten Wochen war gerade zu empörend. Das bundeseigene Verkehrsunternehmen tut so, als sei es für den desaströsen Zustand ihres Tochterunternehmens S-Bahn nicht verantwortlich und versucht anderen den schwarzen Peter zuzuschieben: Das Wetter ist Schuld, die Zulieferer, Schneeräumfahrzeuge, die Schnee auf Schienen schieben und so weiter . Eigene Fehler werden nicht erkannt, womit das Management der Bahn nun selbst zum Teil des Problems wird. Denn der erste Schritt zur Problemlösung wäre die Erkenntnis des eigenen Versagens. Und die Bahn AG hat versagt. Sie hat in Einklang mit der Bundesregierung die S-Bahn mit völlig überzogenen Renditeforderungen jahrelang geschröpft, um für den geplanten Börsengang attraktiver zu erscheinen. Personal, Werkstätten und Fuhrpark der S-Bahn blieben dabei auf der Strecke. Diese verfehlte Verkehrspolitik müssen nun die S-Bahn-Kunden ausbaden, besonders in den brandenburgischen Kommunen, die zeitweise komplett von der S-Bahn abgeschnitten waren. Eine Antwort auf die Frage, welche Maßnahmen ergriffen werden, um das Problem zu lösen und wann das der Fall sein wird, haben wir trotz zahlreicher Sondersitzungen nicht bekommen. Stattdessen flüchtet das Management in technische Details garniert mit hübschen Bilderchen der nicht-funktionierenden Technik.

Doch auch die Landesregierungen von Brandenburg und Berlin haben bisher noch nicht den richtigen Ton getroffen und agieren nach wie vor wie zahnlose Tiger. Dabei hatten Sie sich sich einen der Zähne selbst gezogen als Sie voreilig ohne Not vertragliche Optionen aufgaben.

Und es gibt wahrlich ein klägliches Bild ab, wenn Minister Vogelsänger mitteilen lässt, es gebe keine kurzfristige Möglichkeit, die Bahn zu einen vertragsgerechten Agieren zu zwingen.

Immerhin sind die Länder Brandenburg und Berlin Auftraggeber der Verkehrsleistungen. Und damit haben Sie ein erhebliches Druckmittel in der Hand, Herr Minister.

Im Vordergrund der Bemühungen der Landesregierung müssen Antworten auf die Frage stehen, wie die S-Bahn-Kunden wieder zügig und verlässlich an ihre Reiseziele gelangen. Eine aktuelle Stunde ist schön und gut, allein die Wirkung unserer Debatte wird sich in Grenzen halten. In dieser Legislaturperiode steht das Thema S-Bahn bereits zum fünften Mal auf der Tagesordnung und das wird auch so weitergehen, wenn die Landesregierung nicht endlich handelt!

Daher fordere ich sie an dieser Stelle nochmals eindringlich auf, den S-Bahnvertrag zu kündigen und den Betrieb im Rahmen einer Auferlegung weiterführen zu lassen.

Gleichzeitig muss die Neuausschreibung von Teilstrecken unverzüglich vorbereitet werden! Selbst das Bahnmanagement sagt, die aktuelle Situation ist nur mit neuen Zügen in den Griff zu bekommen. Diese neuen Züge bekommen wir nur mit neuen Verträgen und neue Verträge nur mit einer neuen Ausschreibung. Ich hoffe, diese Kausalkette erkennt nun auch die Landesregierung und beginnt gemeinsam mit Berlin schnellstmöglich mit der Neuausschreibung der S-Bahn-Leistungen!

Denn nur so werden Sie den Bürgerinnen und Bürgern dieses Chaos in Zukunft ersparen können.

Vielen Dank!