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Marie Luise von Halem spricht zur Änderung des Brandenburgischen Hochschulgesetzes

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- Es gilt das gesprochene Wort !


Zwei Studierende einer Talmudschule sind sich uneins, ob man beim Talmud-Lernen wohl rauchen dürfe. Sie gehen zum Rabbi. „Darf man beim Talmud-Lernen rauchen?“ fragt der eine. „Nein!“ entrüstet sich der Rabbi. „Das hast Du falsch gefragt!“ wirft sich der andere Student dazwischen und wendet sich seinerseits an den Rabbi: „Geehrter Rabbi, darf man beim Rauchen Talmud lernen?“ - „Aber ja!“ entscheidet der Rabbi begeistert.

Anrede,

Die Einrichtung einer akademischen Ausbildung von RabbinerInnen und KantorInnen an der Universität Potsdam ist selbstverständlich auch aus unserer Sicht ein großartiger Schritt. Damit tragen wir bei, das Judentum in Deutschland wieder besser zu verankern und in seiner Rolle zu stärken. Laut Wikipedia ist die Zahl jüdischer Gemeindemitglieder in Deutschland von ca. 30.000 im Jahr 1990 auf gut 100.000 im Jahr 2011 gestiegen. Es ist also an der Zeit, akademisch nachzulegen. Und dass das in Potsdam passieren soll, ist ein Glücksfall für uns.


Aber die vorliegende Öffnungsklausel für die Einrichtung bekenntnisgebundener Studiengänge ist noch mehr: Sie legt auch für Brandenburg den Grundstein für paritätischen Umgang mit der Pluralität religiöser Bekenntnisse. Auch islamische theologische Einrichtungen könnten darunter fallen - wenn es auch wohl noch ein bisschen dauern wird, bis in Brandenburg Imame ausgebildet werden.
Trotz dieser Begeisterung sollten wir die Stellungnahme des Parlamentarischen Beratungsdienstes (PBD) nicht auf die leichte Schulter nehmen. Anders als bei der traditionell und in den anderen Bundesländern gewählten Form von Staatsverträgen verbleiben bei der hier bei einer öffentlich-rechtlichen Vereinbarung zwischen Hochschule und Religionsgemeinschaft potentielle Grundrechtskonflikte: mit dem Grundrecht auf gleichen Zugang zu einem öffentlichen Amt sowie dem Grundrecht von Studierenden auf gleichen Zugang zu öffentlichen Bildungseinrichtungen.
Ziemlich bedenklich ist auch die Frage der Finanzierung: Anders als bei Staatsverträgen ist das Bundesland hier nicht zur Finanzierung verpflichtet. Zwar gibt es für 2013 und 2014 eine Aufstockung der Globalzuweisungen, aber, so der PBD (S. 15): „Sollte jedoch der Haushaltsgesetzgeber die Mittel für die Globalzuweisungen nicht anpassen oder gar kürzen, wäre allein die Universität Potsdam gegenüber der Religionsgemeinschaft aus der Vereinbarung verpflichtet, die erforderlichen Lehrstühle für die entsprechenden Studiengänge zu unterhalten.“ - Ein Schelm, wer dabei Böses denkt?


Zudem ist es mir völlig schleierhaft, warum der Antrag des in der Anhörung befragten Kirchenrechtlers Prof. Heinig, in § 7a, in dem es heißt, Erlass und Änderung von Studien-, Prüfungs-, Promotions- und Habilitationsordnungen sowie Berufungen auf Professuren und Juniorprofessuren bedürften nur 'grundsätzlich' der Zustimmung der kooperierenden Kirche oder Religionsgemeinschaft, das Wörtchen 'grundsätzlich' zu streichen, von den Koalitionsfraktionen nicht übernommen wurde. Die von der Kollegin Susanne Melior im Ausschuss vorgebrachte Erläuterung, „grundsätzlich“ könne nur in dem Sinne gemeint sein, dass redaktionelle Änderungen keiner Zustimmung bedürften, alles andere, jede kleine Änderung des Studienganges usw., aber sehr wohl, erscheint mir eine fahrlässig freihändige und selbstgestrickte Interpretation eines Begriffes, der im juristischen Kontext eben sehr wohl Ausnahmen von der Zustimmungspflicht impliziert. Mir wäre wesentlich wohler bei der Streichung des Wörtchens 'grundsätzlich', wie sie im Anhörungsverfahren nicht nur der Staatskirchenrechtler Heinig gefordert hat, sondern auch und unisono die VertreterInnen der evangelischen wie der katholischen Kirche und der Rektor des Abraham Geiger Kollegs.


Aber gut, fangen wir an und erhalten wir uns die Flexibilität, gegebenenfalls auftauchende Probleme im laufenden Verfahren zu lösen. Wenn nebenbei noch ein paar mehr von den berühmten jüdischen Witzen in Brandenburg in Umlauf geraten – umso besser.