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Marie Luise von Halem spricht zum Regierungskonzept "Hochschulentwicklungsplanung des Landes Brandenburg bis 2025"

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- Es gilt das gesprochene Wort! -

Anrede!

Natürlich ist es sinnvoll, jetzt im neuen Jahrtausend mal wieder eine Hochschulentwicklungsplanung als Basis für die Hochschulverträge vorzulegen. Zu begrüßen ist auch, dass das Land damit das alte Mittelverteilungsmodell vorerst auf's Eis legt.

Trotzdem ist diese Hochschulplanung in vielen Teilen sehr vage, sie ist euphemistisch und lässt nicht erkennen, dass das Land gewillt ist, die schlechte Ausstattung der Brandenburger Hochschulen auf die Dauer zu verbessern.

Die schlechte Ausstattung kennen wir seit langem, wir wissen, dass Brandenburg bei den Ausgaben pro Kopf Studierendem die rote Laterne trägt – und die schlechte Ausstattung wird nochmal ganz besonders deutlich bei der Zahl des Personals (Abb. 4, S. 19) – Brandenburg liegt weit abgeschlagen auf dem letzten Platz im Ländervergleich, mit 3,6 Personen je Tausend EinwohnerInnen. Sachsen-Anhalt hat 7,3, Mecklenburg-Vorpommern 8,2, selbst Schleswig-Holstein 5,4 Personen!

Den Hochschulen „Eine Anpassung des Budgets zum Ausgleich von Kostensteigerungen und bei der Übernahme neuer Aufgaben … nach Maßgabe der jeweiligen Landeshaushalte in Aussicht [zu stellen]“ (S. 6) verkennt einerseits den finanziellen Mehrbedarf, den die Hochschulstrukturkommission schon jetzt – also ohne künftige Kostensteigerung und neue Aufgaben! - konstatiert und andererseits suggeriert die Formulierung, die Landesregierung habe keinerlei Einfluss auf die jeweiligen Landeshaushalte.

Merkwürdig ist auch, dass die Entflechtungsmittel „vollständig und zweckgebunden“ eingesetzt werden sollen, die Hochschulpaktmittel nur „vereinbarungsgemäß und zweckgebunden“. Das erinnert doch an 2011, wo die Hochschulpaktmittel erst im Haushalt versickerten, und dann plötzlich die Rücklagen für den Hochschulbau gekürzt werden mussten, damit die Hochschulpaktmittel an die Hochschulen weiter gereicht werden konnten! Da ist das Thema 'Ausgleich für die Globale Minderausgabe“ noch gar nicht angesprochen!

Das Ziel der Landesregierung, Chancengerechtigkeit und Durchlässigkeit zu forcieren, teilen wir. Dazu gehören erleichterte Bedingungen für Studierende mit Behinderungen genauso wie Familienfreundlichkeit. Und Frauenförderung: Wir wissen, dass die Gläserne Decke mittlerweile zwischen Promotion und Habilitation hängt. Aber bei all diesen Themen ist nur von 'Weiterentwicklung' die Rede, 'Darauf-Hin-Wirken-Wollen' und dergleichen blumige Formulierungen. Als wenn nicht all diese Defizite seit langem bekannt wären! Als wenn es nicht höchste Zeit wäre, sie mal mit konkreten Zielvorgaben zu unterfüttern!

In den Einzelplänen der Anlage setzt sich der Trend zur blumigen Formulierung und zur vagen Andeutung gnadenlos fort. Als Beispiel die "Entwicklungsperspektive" der BTU Cottbus-Senftenberg (S.53, paginiert 166): "Die Profilierung in den ingenieurwissenschaftlichen Schwerpunktthemen macht die BTU zu einer spezialisierten Forschungs- und Ausbildungseinrichtung, die wettbewerbsfähig gegenüber größeren Universitäten ist." Durch welche (konkreten) Maßnahmen? In welchen Forschungsfeldern? Mit welchen angestrebten Partnern? Mit welcher Ausstrahlung in die Region (z.B direkte Arbeitsplätze, Drittmittel, Ausgründung etc pp.)? Mit welchen Synergieeffekten zwischen FH- und Uniforschung? - Das Papier gibt keine Antworten.

Und noch ein konkretes Beispiel: Die Uni Potsdam ist auf Grund fehlender personeller und räumlicher Ressourcen kaum noch in der Lage, anwendungsbezogene Forschung und Entwicklung zu machen. Das neue "Drittmittelgebäude" in Golm ist schon voll, die mathematisch-naturwissenschaftliche Fakultät der UP könnte doppelt so viele Projekte machen, wenn die Räumlichkeiten vorhanden wären.

Leistungsfähige Technologietransfereinrichtungen gibt es nicht. Personal wird nur befristet eingestellt - Konsequenzen sind hohe Fluktuationsraten und teilweise unprofessionelles Personal. Die Patentverwertungsagentur Brainshell kann wegen fehlender Ressourcen lediglich die Patente verwalten, gezielte Vermarktung oder Entwicklung von innovativen Projekten ist kaum möglich. Von den sog. Innovationsclustern hat man in der Transferstelle der UP noch keine Unterstützung bekommen.

Die Zusammenarbeit von ILB und ZAB knirscht, der bürokratische Aufwand bei der Beantragung von Fördermitteln für größere Projekte schreckt in der Regel sowohl die kleinen Unternehmen als auch die Forscher ab. Hilfe bei der Antragstellung kann die Uni aus o.g. Gründen kaum geben.

Eine schon vor Jahren angekündigte Strukturreform des Transfersystems wurde bislang nicht umgesetzt. Die von der Landesregierung in der Entwicklungsplanung genannten Ziele sind seit Jahren bekannt und werden nicht umgesetzt!

Und zum Schluss sei noch erwähnt: Dass Berlin in Brandenburgs Mitte liegt, fällt beim Lesen der Hochschulplanung gar nicht auf. Dass wir erheblich von einer besseren Abstimmung mit Berlin profitieren könnten, ist offensichtlich weder eine Erwähnung wert noch ein erstrebenswertes Ziel. Da wird weder über den Tellerrand geguckt, noch in des Tellers Mitte. Dass das zukunftsweisend ist, darf bezweifelt werden.