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Marie Luise von Halem spricht zum Bericht zur Umsetzung des Brandenburgischen Standarderprobungsgesetzes

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- Es gilt das gesprochene Wort!-

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste!

Das Standarderprobungsgesetz ist ein Chamäleon. Je nachdem, auf welchen Untergrund man es legt, hat es eine andere Farbe. Ich weiß nicht genau, ob sich beim Chamäleon auch die inneren Stoffwechselprozesse dem Untergrund anpassen. Wahrscheinlich nicht. Beim Standarderprobungsgesetz jedenfalls tun sie das: nicht jeder Bürokratieabbau erzeugt dasselbe Ergebnis.

Drei verschiedene Untergründe seien kurz beleuchtet:

Erstens: Anhebung der Wertgrenzen für beschränkte und freihändige Vergabe.

Die Wertgrenzen für Vergabeverfahren wurden festgelegt, um Korruption zu erschweren. Natürlich sind beschränkte oder gar freihändige Vergaben mit weniger Aufwand verbunden, wer das aber will, sollte zumindest bei begründeter Anhebung der Wertgrenzen Instrumente wie einen Vergabebericht fordern. Sonst besteht das Risiko, dass die Kosten für die Öffentliche Hand und damit für die Steuerzahler eher steigen. Möglicherweise kauft die Kommune zu teuer ein bzw. der nach Gesetzesziel eigentlich gewollte Wettbewerb wird geschwächt, weil möglicherweise immer die gleichen Firmen zum Zuge kommen.

Zweitens: Naturschutz

Hier waren die Wünsche auf Ausnahmegenehmigung häufig problematisch: Kommunen beantragen, Ausgleichsmaßnahmen für den Wegebau erlassen zu bekommen, von Bauverboten an Gewässern abweichen zu dürfen, das Kahlschlagverbot nach § 2 Waldgesetz befristet aufheben zu dürfen, die

Beteiligungspflicht von Naturschutzbeiräten und -verbänden einzuschränken, usw. Diese Ansinnen von Gemeinden wurden zum Glück entweder zurückgezogen oder abgelehnt. Aber die Begehrlichkeiten werden deutlich.

Auch einer der wenigen genehmigten Anträge im Bereich des Naturschutz ist nicht unproblematisch. Der Landkreis Märkisch-Oderland beantragte die Abschaffung der Genehmigungspflicht für Landschaftsrahmenpläne (LRP) – hat aber bis heute keinen solchen vorgelegt. Wir wollen keine weitere Erosion der Standards im Naturschutz, hier macht der vermeintliche Bürokratieabbau wenig Sinn, weil wir Gefahr liefen, die gesellschaftlichen Kosten am Ende zu erhöhen statt zu minimieren.

Drittens, im Bereich des Bildungsministeriums

Eine der häufigsten erprobten Abweichungen – in diesem Fall vom Schulgesetz – betrifft die stimmberechtigte Mitgliedschaft von Schulträgern in Schulkonferenzen. Das Schulgesetz gewährt dem Schulträger nur Gaststatus. Erfolgreiche Modelle wie die Lokalen Bildungslandschaften

zeigen, welche enormen Verbesserungen, technisch, organisatorisch, aber auch pädagogisch, durch bessere Einbindung kommunaler Akteure erreicht werden können. Und dass Einbindung und Engagement durch Übertragung von Verantwortung befördert werden, ist eine Binsenweisheit.

Die Stimmberechtigung der Schulträger sollte schleunigst in das Schulgesetz übernommen werden! (Und, zwischen den Zeilen: Wir gehören nicht zu denen, die die häufige Änderung des Schulgesetzes beklagen: Wer nichts ändert, wird auch nichts verbessern!)

Was lernen wir daraus?

Das Chamäleon hat höchst unterschiedliche Farben. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sehen den Abbau von Beteiligungsrechten sehr viel kritischer als die Stärkung derselben. Wir sollten weiter mit Standarderprobung experimentieren. Aber wir lesen auch, dass im Frühjahr 2011 die TH Wildau

einen Abschlussbericht vorlegen wird, der auch Empfehlungen für das weitere Vorgehen der Landesregierung enthalten wird.

Deshalb – insbesondere an die Adresse der CDU – ja, angesichts des Auslaufens des Standarderprobungsgesetzes sollten wir über eine neue Regelung nachdenken. Aber lassen Sie uns der TH Wildau so viel Wertschätzung entgegen bringen, dass wir den Abschlussbericht abwarten.