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Marie Luise von Halem spricht zum Antrag "Landtag stärker und rechtzeitig in Verhandlungen zu Staatsverträgen einbeziehen"

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- Es gilt das gesprochene Wort !

Anrede,
Wir haben hier im Landtag schon lange keine Grundsatzdebatte zu Oppositionsrechten mehr geführt. Ich war gespannt auf die Haltung der Koalitionsfraktionen.

Hier - vielen Dank übrigens an die FDP! - geht es um eine Stärkung von Oppositionsrechten. Staatsverträge werden von den Landesregierungen verhandelt, die die Regierung tragenden Parteien haben zumindest die Möglichkeit, frühzeitige Information einzufordern. Die Opposition nicht. Da geht es wirklich um 'Vogel friss oder stirb', wie das in der Einleitung zum vorliegenden Antrag gut beschrieben ist.

Es wird niemand wundern, dass wir das Anliegen der FDP unterstützen. In der konkreten Umsetzung würden wir aber gerne noch weiter gehen: Es reicht nicht aus, dass Abgeordnete an Anhörungen der Staatskanzlei teilnehmen können. Und warum eigentlich nur Abgeordnete? Die Erfahrung mit der Öffentlichkeit in unseren Ausschüssen, vor der im Vorfeld so viel Angst geäußert wurde, zeigt doch deutlich, dass die jeweils interessierte Öffentlichkeit durchaus kein Bedrohungsfaktor ist!

Aus unserer Sicht muss die Einbindung sehr viel früher erfolgen, Abgeordnete sollten langfristig über die Planungsstände zur Erarbeitung neuer Staatsverträge informiert werden, um sich rechtzeitig kundig machen zu können. Und vor der förmlichen Billigung eines Staatsvertrages durch die Landesregierung sollte nicht nur der Hauptausschuss debattieren können, sondern je nach inhaltlicher Brisanz auch die Fachausschüsse.

Entscheidend ist aus unserer Sicht die Forderung, geeignete Verfahren auf den nächsten Ministerpräsidentenkonferenzen zu diskutieren. Die Frage nach den geeigneten Zeitabläufen und dem Grad der Öffentlichkeit ist sicher einerseits dort und im Hauptausschuss am besten aufgehoben.

Eine Sonderrolle kommt aus unserer Sicht den Staatsverträgen zwischen Berlin und Brandenburg zu. Dort wird Vieles geregelt, was eng an die Kompetenzen des Landtages reicht, wie z.B. ganz aktuell die Akademie der Wissenschaften, darüber hinaus die gemeinsame bzw. gegenseitige Nutzung von Bildungseinrichtungen, die Einrichtung von Ausbildungs- und Studiengängen, die Landesplanung, Regionalverkehr und Flughäfen, Behörden und Gerichte, Versicherungen, Parkanlagen und Gedenkstätten, Kirchen, Rundfunkanstalten und sogar einen Landwirtschaftsstaatsvertrag gibt es zwischen Berlin und Brandenburg.

Und bei all diesen Themen beschränkt sich das Mitspracherecht des Parlaments ausschließlich auf das Zustimmungsgesetz zum jeweiligen Staatsvertrag. Der Rest wird von den Staatskanzleien verhandelt.

Das treibt dann manchmal merkwürdige Blüten, wie z.B. beim vorliegenden Staatsvertrag zur Errichtung der neuen Berliner JVA Heidering auf Brandenburger Boden. In Brandenburg sind gut 500 Haftplätze unbelegt, Berlin baut neu, man konnte sich nicht einigen. Kosten entstünden für Brandenburg nicht, ist zu lesen. Das ist wohl richtig, aber es ist auch eine Riesenchance vertan worden, Geld einzusparen, das anderswo sinnvoller einzusetzen wäre.

Natürlich glaube ich, dass die vernünftigste Lösung für solch kurzsichtige Länderegoismen die Länderfusion wäre. Natürlich kann ich auch nicht garantieren, dass eine frühzeitige Einbindung der Parlamente eine solche Bauchlandung verhindert hätte. Aber sie wäre deutlich demokratischer gewesen.