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Marie Luise von Halem spricht zum Antrag der CDU "Transparenz der Lobbyarbeit - Ein öffentlich einsehbares Lobbyregister für Brandenburg!"

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- Es gilt das gesprochene Wort !

Anrede,
Zitat Antrag CDU: „In dieses Register sollen sich alle Verbände, Vereinigungen und sonstige Interessenvertreter eintragen, die ihre Interessen an den Landtag oder die Landesregierung herantragen." Dieser Satz – gut gemeint – offenbart, wie sehr wir bei diesem Thema am Anfang der Debatte stehen.

Wenn mich der Leiter des kleinen Theaters bei mir um die Ecke in Potsdam fragt – natürlich in Vertretung eigenen Interesses! -, nach welchem Konzept kulturelle Bildung im Land gefördert werde (Antwort: gar kein Konzept!), darf er das dann künftig erst tun, wenn er sich vorher in das offizielle Lobbyregister eingetragen hat? Oder greift die Regelung erst, wenn jemand den ganzen Landtag mit Weihnachtskarten beglückt?

Ich gebe zu, so sehr viel konkreter als der CDU-Antrag ist der Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen, dem wir uns angeschlossen haben, auch nicht. Aber er lässt uns drei statt nur einem Quartal Zeit, orientiert sich nicht an dem freiwilligen Register des Deutschen Bundestages und legt die Debatte in die Federführung des Hauptausschusses und nicht der Landesregierung. Aber danke an die CDU für den Vorstoß, die Debatte verspricht Spannung.

Wer sind eigentlich Lobbyisten? Sicher ist: Sie sind immer dann besonders anrüchig, wenn sie die politischen Konkurrenten beraten.

Dabei sind wir alle nicht nur darauf angewiesen, uns zu den jeweils aktuellen Themen auch die Meinungen der InteressenvertreterInnen anzuhören, nein, wir sollten schleunigst unsere Mandate abgeben, wenn wir uns für unterschiedliche und auch extreme Perspektiven nicht mehr interessierten. Zur Demokratie gehört aber auch, den Bürgerinnen und Bürgern das Verfahren transparent zu machen.

Was wir heute beschließen, ist nichts als eine leere Hülle mit guter Absicht. Es liegt an uns, sie zu füllen und ich tue das lieber auf der Basis unseres Entschließungsantrages.

Was ist uns dabei wichtig?

Wir müssen den Begriff 'Lobbyist' klären. Wer soll registriert werden? Wie definieren wir die Mindestgrenze zeitlichen und finanziellen Aufwands, der zur Einflussnahme auf Legislative und Exekutive betrieben wird? - Einzelgespräche mit Abgeordneten sollten natürlich nicht darunter fallen.

Wie beziehen wir die Exekutive mit ein? - Grundsätzlich gehen wir davon aus, dass der in den Ministerien Brandenburgs gesammelte Sach- und Fachverstand ausreicht, um Gesetzentwürfe zu erarbeiten. Sollte es in Ausnahmefällen doch dazu kommen, dass Gesetzentwürfe oder Teile derselben von externen Dritten erarbeitet wurden, so gebietet es das Gebot der Transparenz, diese Beratungsleistungen (mitsamt den ggf. geflossenen Honoraren) kenntlich zu machen. Nur so werden mögliche Interessenskonflikte bzw. Einflussnahmen Dritter für Parlament sowie Außenstehende erkennbar und bewertbar.

Welche Informationen nehmen wir auf: Einzelpersonen bzw. Entsende-organisationen, sowie Mitgliederstrukturen, Gesamtbudget und auch Hauptfinanzierungsquellen der Institutionen, die die Einflussnahme betreiben? Wie gehen wir mit der Schweigepflicht bei interessenvertretenden Rechtsanwälten um?

Und last not least: Wir wollen kein Freiwilligenregister. Aber was soll eine registrierte Lobbyistin im Landtag dürfen, was soll einem nicht registrierten verwehrt wird? Oder wollen wir Sanktionen?

Fragen über Fragen. Wir haben die Organisation Lobbycontrol für uns arbeiten lassen, ausgebeutet, ohne Honorar. Ergebnis: Mangels bundesweiter Erfahrung lassen sich diese Fragen auch nicht zackig klären. Es gibt noch kein Lobbyregister auf Landesebene, wir wären die Ersten.