Zum Inhalt springen

Marie Luise von Halem spricht zum Änderungsentwurf der FDP zum Brandenburgischen Schulgesetz

>>> Redemanuskript als pdf

Es gilt das gesprochene Wort !

In § 106 Absatz (2) des Brandenburgischen Schulgesetzes wird den Gemeinden und Gemeindeverbänden übertragen, ihr gesamtes Gebiet Schulbezirken zuzuordnen. Diese können sich überschneiden oder deckungsgleich sein. Wenn sie sich überschneiden, ist auch zu regeln, welche öffentliche Stelle für Schulpflichtige aus dem Überschneidungsgebiet die zuständige Schule bestimmt. Diese Kompetenz möchte die FDP den Kommunen nehmen und gleichzeitig den Schulen ermöglichen, im Rahmen der vom Schulträger festgelegten Aufnahmekapazität über die Aufnahme von Kindern relativ frei zu entscheiden.

Kommunen haben demokratisch verfasste Mitbestimmungsgremien und es spricht aus unserer Sicht vieles dafür, die Entscheidung über Schulbezirke bei ihnen zu belassen. Zumal es ihnen de facto nach dem Schulgesetz ja heute schon frei steht, die Schulbezirke aufzulösen. Falkensee macht damit gute Erfahrungen, andere Orte eher nicht.

Was bedeutet es, wenn die Schulbezirke wegfallen?

  1. Auch mit der Schulbezirksregelung kann auf Antrag aus gewichtigem Grund eine andere Schule als im Schulbezirk aufgesucht werden. Solche Genehmigung einer solchen Ausnahme wissen meist nur Eltern aus bildungsnahen Familien durchzusetzen. Dahinter verbirgt sich ein Stück Ungerechtigkeit. Der Wegfall der Schulbezirke würde aber diese unnötige Genehmigungsbürokratie abgebauen.
  2. Es gibt Grundschulen, die ein spezielles Profil entwickelt haben. In solchen Fällen ist es nur konsequent, dass auch Kinder aus dem gesamten Stadtgebiet solche Schulen besuchen dürfen.
  3. Es mag Problembezirke in einzelnen Orten geben, bei denen der Wegfall der Zuordnung durch Schulbezirke zu einer rapiden Restschul-Entwicklung führen könnte, weil engagierte Eltern ihre Kinder lieber quer durch die Stadt transportieren als sie in eine vielleicht schwierige Schule in der nächsten Straße zu geben. Das ist ein schwerwiegendes Argument, dem allerdings auch entgegen gehalten werden muss, dass es nicht Aufgabe der Kinder engagierter Eltern ist, eine Rütliisierung der Schule zu vermeiden.
  4. Ein verantwortungsbewusster Wettbewerb unter den Schulen kann dem Wohl der Schülerinnen und Schüler durchaus dienlich sein.
  5. Schulbezirke erleichtern den Kommunen Planbarkeit und Kontinuität bei Lehrerzuweisungen, Klassenstärken und nicht zuletzt – ein wichtiger Kostenfaktor! – der Gebäudebewirtschaftung.
  6. Mit Schulbezirken bleibt das Prinzip der kurzen Wege für kurze Beine erhalten: Aus grundschulpädagogischer Sicht ist die Fußläufigkeit zur Schule ein unverzichtbares Element bei der Entwicklung der Selbständigkeit von Kindern und Verankerung von Schule als Treffpunkt im Stadtteil.

Was folgern wir daraus?

Wir sind gerade dabei, eine weitere Enquete-Kommission einzurichten, die angesichts der rasanten demografischen Entwicklung Vorschläge machen und Lösungen finden soll, wie die Aufgaben des Staates zwischen den verschiedenen Verwaltungsebenen verteilt und wie dieselben in den nächsten Jahrzehnten strukturiert werden sollen. In diesem Zusammenhang ist es für uns Bündnisgrüne besonders wichtig, gerade den Kommunen möglichst viele Handlungsspielräume zu lassen, damit die Menschen vor Ort über die richtigen Lösungen für ihre spezielle Situation entscheiden können. Die Entscheidung über Schulbezirke kann in einem Ort schwerwiegende Folgen haben, positive wie negative. Im besten Fall blühen regionale Bildungslandschaften. Das funktioniert aber nur, wenn die Entscheidung darüber bei den Kommunen bleibt. In unserem Verständnis ist das eine liberale Lösung im besten Sinne.